Quickborn/Kreis Pinneberg. Solardächer, Photovoltaik, energetische Sanierung: Das sind die Klimaschutz-Konzepte in den Kommunen im großen Überblick.
Der Schutz des Klimas und die Anpassung an den Klimawandel sind nicht nur die wohl größten Herausforderungen unserer Zeit, sie müssen auch lokal angegangen werden. Das haben die Kommunen im Kreis Pinneberg längst erkannt. Viele haben bereits einen Klimaschutzbeauftragten eingestellt und lassen Konzepte erarbeiten, welche Maßnahmen sie dafür umsetzen sollten.
Die Bandbreite ist groß. Sie reicht von Solarstromanlagen über Nah- und Fernwärmenetze für die kommunale Wärmeversorgung und Fuhrparks mit E-Bikes und Elektrofahrzeugen bis hin zur energetischen Sanierung von öffentlichen Gebäuden.
In Quickborn lud jetzt die Klimaschutz-Managerin Katinka Mustelin zur ersten öffentlichen Veranstaltung zur Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes ein. Etwa 40 Bürgerinnen und Bürger erfuhren dort von Mitarbeiterinnen der Bremer Energie-Effizienz-Agentur beks, was die größten Stellschrauben wären, um den CO2-Ausstoß in der Stadt nachhaltig zu reduzieren: nämlich beim Autoverkehr und in den privaten Haushalten, die jeweils rund 40 Prozent der gesamten Energie von 524 Gigawattstunden (GWh) erzeugten.
Sieben Tonnen CO-2 je Bürger werden im Kreis Pinneberg im Jahr ausgestoßen
Auf diese Weise würden allein in Quickborn im Jahr rund 158.000 Tonnen des Klimakiller-Gases CO2 in die Atmosphäre abgegeben – sieben Tonnen CO2 pro Kopf. Kreisweit sind es jährlich 2,2 Millionen Tonnen ausgestoßene Treibhausgase, die zu 52 Prozent beim Heizen und der Wärmeerzeugung anfallen, zu 23 Prozent im Straßenverkehr und zu 25 Prozent bei der Stromerzeugung entstehen. Ebenfalls etwa sieben Tonnen CO2 im Jahr pro Bewohner.
„Wir brauchen nichts weniger als einen städtebaulichen Masterplan“, gibt Quickborns Bürgermeister Thomas Beckmann das erklärte Ziel vor. Bis Ende Juli soll die Bevölkerung dazu eigene Vorschläge einbringen und sich an mehreren Workshops beteiligen, die dann in das Klimaschutzkonzept einfließen sollen, das bis Ende Juni 2025 erarbeitet wird. Denn Beckmann weiß: „Klimaschutz funktioniert nur, wenn wir alle an einem Strang ziehen.“
Verzicht auf Urlaubsflüge und Autofahrten sind erste gute Beispiele
Und einige tun bereits etwas für ein besseres Klima, wie Nele Rumler von der Energie-Effizienzagentur beks mit einem kleinen Spiel in Erfahrung brachte. Die Zuhörer sollten sich in einer Reihe so aufstellen, ob sie ihr persönliches Verhalten schon viel oder noch eher wenig dem Klimaschutz untergeordnet haben. An die Spitze stellte sich dabei Tamara Katlun, die einen Unverpackt-Laden in Quickborn betreibt und nach eigenem Bekunden fast gänzlich auf Urlaubsflüge verzichtet, kaum noch das Auto nutzt, dafür aber viel Fahrrad fährt.
Viel Potenzial zur Einsparung von CO2 steckt nach der Analyse der Bremer Energie-Effizienz-Agentur in der energetischen Sanierung der Fassaden in den Privathaushalten sowie deren Umstellung von der Gasheizung auf Solarthermie-Anlagen oder Wärmepumpen sowie Solarstrom auf den Hausdächern. Um das vorgegebene Ziel der Bundesregierung zu erreichen, bis 2045 klimaneutral zu werden, müsste die gesamte Energieerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen stammen, die jetzt erst zu 13 Prozent aus regenerativen Quellen stammt.
Das planen andere Kommunen im Kreis:
In Uetersen ist ähnlich wie in Quickborn zurzeit der Klimaschutzbeauftragte Mario Neukirch dabei, ein integriertes Klimaschutzkonzept zu entwerfen, das ebenfalls vom Bund gefördert wird. Es soll bis Ende August vorliegen, kündigt Bürgermeister Dirk Woschei an. In Uetersen seien bereits seit 2010 umfangreiche energetische Sanierungsmaßnahmen an kommunalen Gebäuden realisiert worden.
Uetersen setzt auf Gebäudesanierung und energiesparende Beleuchtung
„Zwei große Heizungen sind ausgetauscht und durch effizientere Systeme ersetzt worden“, erklärt Woschei. 70 Prozent der Straßenbeleuchtung sei auf energieeffiziente LED-Technik umgestellt worden. Das gleiche gelte für fast alle Ampelanlagen im Stadtgebiet. Zudem werde an der Erstellung eines kommunalen Wärme- und Kälteplans gearbeitet, dessen Ergebnisse zur Verbesserung des Klimaschutzkonzepts beitragen sollen. Und es werde untersucht, welche öffentlichen Gebäude für Fotovoltaik und energetische Sanierungen in Frage kämen.
In der Stadt Schenefeld nehme der Klimaschutz einen „sehr hohen Stellenwert“ ein, betont Bürgermeisterin Christiane Küchenhof. Schenefeld habe bereits im März ein Klimaschutzkonzept erarbeitet, das 42 einzelne Maßnahmen umfasse, wie die Klimaschutz-Managerin Lara Brozio berichtet, deren Stelle gerade um weitere drei Jahre verlängert wurde. „Mit der Maßnahmenumsetzung haben wir bereits begonnen. In diesem Jahr haben wir den Bau von Fotovoltaikanlagen auf zwei Schuldächern in Auftrag gegeben, und der Bauhof erhält ein neues E-Fahrzeug.“
Schenefeld plant Solarstromanlagen auf den Schulen und E-Auto-Fuhrpark
Auch das Thema klimafreundliche Mobilität der städtischen Angestellten gehöre dazu. So biete die Stadt Schenefeld ihren Beschäftigten ein vergünstigtes Deutschlandticket als Jobticket sowie kostenlose Dienstfahrräder an. Zudem soll auch in Schenefeld ein kommunaler Wärmeplan erarbeitet werden.
Auch in der Kreisstadt Pinneberg wird ein kommunaler Wärmeplan entworfen, der sich im Wesentlichen auf den Ausbau der Fernwärmenetze konzentrieren werde, die bereits einen Versorgungsgrad von 30 Prozent in der Stadt hat, wie Bürgermeister Thomas Voerste erklärt. „Wir haben uns in der Stadt Pinneberg das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2035 Klimaneutralität zu erreichen.“
In Pinneberg wird zurzeit ein Wärmekonzept mit den Bürgern erarbeitet
Konkret soll das gelingen, indem zunächst wie in Quickborn eine Bestandsanalyse erarbeitet wird, die den aktuellen Energieverbrauch und die Emissionsdaten der Stadt Pinneberg erfasst. Dazu gehöre auch die Analyse der vorhandenen Wärmeversorgung in privaten und öffentlichen Gebäuden. Dann sollen die Potenziale für erneuerbare Energien wie Abwärme, Umweltwärme, Biomasse oder Geothermie untersucht werden. Dabei werden Ausschlusskriterien sowie technische und wirtschaftliche Umsetzbarkeiten berücksichtigt.
Anhand dieser Ergebnisse sollen dann die Ziele und Strategien zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen im Wärmesektor festgelegt werden, die nach und nach umgesetzt werden sollen. Dazu zählen Gebäudesanierungen, der Ausbau des Wärmenetzes und die Förderung von erneuerbaren Heiztechnologien. Diese Maßnahmen sollen in einem Zeitplan festgelegt und schrittweise umgesetzt werden.
In der Stadt Wedel wird ebenfalls ein kommunaler Wärmeplan erarbeitet, der möglichst bis Oktober verabschiedet werden soll, kündigt Stadtsprecher Sven Kamin an. „Die Planungen hierzu laufen auf Hochtouren.“ In Wedel sei der Wärmesektor für mehr als 70 Prozent aller energieverbrauchs-bedingten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Daraus folge, dass hierin das mit Abstand größte Potenzial für den Klimaschutz in Wedel liege. Dies könnte durch den Ausbau von Fernwärmenetzen, die Erschließung regenerativer Energiequellen und die Reduktion von Wärmebedarfen durch Gebäudesanierungs-Projekte geschehen.
Wedel will jedes zweite öffentliche Gebäude mit Fotovoltaik ausrüsten
Ein Drittel der kommunalen Dächer in Wedel sei bereits mit Solarenergieanlagen ausgerüstet, erklärt Kamin weiter. „Unser Ziel ist es, bis 2028 den Anteil auf 50 Prozent zu erhöhen.“ So sei bereits auf dem frisch sanierten Dach der Altstadtschule der Bau einer Solaranlage in Planung. Weitere Dächer sind für die nächsten Jahre avisiert. Das Mobilitätskonzept sehe den Ausbau des Radverkehrsnetzes vor. Und die Straßenbeleuchtung solle weiter auf energiesparende LED-Technik umgerüstet werden. Federführend ist auch in Wedel der Klimaschutzmanager Peter Germann.
Und die Stadt Wedel arbeite aktuell daran, die vorhandenen Moorböden auf Revitalisierungs-Potenziale zu überprüfen, erklärt der Stadtsprecher Kamin. „Hierfür wurde ein externes Büro beauftragt, um Bodenproben zu entnehmen. Dies ist ein erster Schritt, um langfristig natürliche Emissionen aus degradierten und zum Teil entwässerten Moorböden zu minimieren und im Optimalfall sogar diese Flächen langfristig zu CO2-Senken zu entwickeln.“
Die Stadt Barmstedt habe bereits ein Energie- und Klimaschutzleitbild beschlossen, wie Stadtsprecher Marcel Holz erklärt. Auch dort werde nun unter Leitung des Klimaschutz-Managers Till Hermanns bis Ende Juni 2025 unter Beteiligung der Öffentlichkeit ein vom Bund gefördertes Klimaschutzkonzept erstellt. Dazu haben die Bürgerinnen und Bürger noch bis zum 28. Juni die Möglichkeit, an einer Umfrage teilzunehmen.
Barmstedt will auch bis Juni 2025 ein Klimaschutz-Konzept erstellen
Erste konkrete Maßnahmen in Barmstedt sind die Errichtung einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach des Rathauses im Rahmen der erforderlichen Dachsanierung. Zudem werden die Heizungsanlagen am Schul-Campus Heederbrook unter Berücksichtigung des Klimaschutzes erneuert.
„Klimaschutz ist eines der zentralen Themen für die Zukunft der Stadt Barmstedt“, erklärt Stadtsprecher Holz. „Zum einen aufgrund der Notwendigkeit, gesetzliche Vorgaben von Land und Bund umzusetzen, zum anderen aufgrund des eigenen Interesses der Stadt an einer lebenswerten Umwelt.“
In Tornesch fehlt es an politischer Unterstützung für denn Klimaschutz
Nur in Tornesch gibt es noch keinen Klimaschutzbeauftragten, wie Bürgermeisterin Sabine Kählert bedauert. Ihr Wunsch an die Politik, Haushaltsmittel für eine solche Planstelle bereitzustellen, sei bislang immer abgelehnt worden, „so dass mir keine zusätzlichen Personalressourcen für Maßnahmen des Klimaschutzes zur Verfügung stehen.“ Darum sei es bisher nur möglich gewesen, einzelne Projekte des Klimaschutzes in begrenztem Umfang zu planen und umzusetzen.
Dazu zähle die Beteiligung am Trassenbündnis zum Einrichten der „Veloroute Plus“ oder die Einrichtung einer Fahrradroute vom Gewerbegebiet „Oha II“ bis nach Uetersen. Fördermittel für einen kommunalen Wärmeplan seien beantragt, so Sabine Kählert. „Ein ganzheitliches Klimaschutzkonzept liegt nicht vor und kann unter den aktuellen Gegebenheiten auch nicht zeitnah erstellt werden.“
Der Kreis Pinneberg will die Klimaschutzmaßnahmen der Kommunen unterstützen
Der Pinneberger Kreistag hat im März ein Klimaschutzkonzept beschlossen. Darin habe die Kreispolitik die Kreisverwaltung beauftragt, 26 verschiedene Maßnahmen vorzubereiten und umzusetzen, teilt Kreissprecherin Katja Wohlers mit. So hat der Kreis ein Solarkataster erstellen lassen, das auf einer interaktiven Karte im Internet aufzeige, welche Dächer sich im Kreisgebiet besonders gut für Fotovoltaik, Solarthermie und Dachbegrünung eigneten. (https://mein-dach-kann-mehr.de/kreis-pinneberg/).
Bei der kommunalen Wärmeplanung unterstütze der Kreis Pinneberg die kreisangehörigen Kommunen in beratender Funktion und fördere den interkommunalen Austausch in Netzwerk- und Informationsveranstaltungen, erklärt die Kreissprecherin weiter. Außerdem werde eine Ausschreibung vorbereitet, um grundlegende Datenanalysen zum benötigten Wärmebedarf, der Flächenverfügbarkeit und Wärmepotenziale in den Städten, Gemeinden und Ämtern erheben zu können, um die Wärmeplanungen in den Kommunen mit den notwendigen Daten zu versorgen.
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Drei Viertel der Städte und Gemeinden und . Ämter würden beim Klimaschutz die Unterstützung des Kreises erwarten. Dazu wurde beim Bund jetzt ein Förderantrag für die Klimaschutzkoordination gestellt, so Katja Wohlers weiter. „Die Koordinationsstelle beim Kreis soll Klimaschutzmaßnahmen mit den Kommunen initiieren und begleiten, beispielsweise im Bereich der kommunalen Wärmeplanung, dem Ausbau der erneuerbaren Energien und der Steigerung der Energieeffizienz. Dies soll insbesondere Gemeinden unterstützen, die noch kein eigenes Klimaschutzmanagement haben.“