Kreis Pinneberg. Freud und Leid beim Naturschutzbund. Mehr Paare auf den Horsten, aber auch viele Todfunde. Darum lassen die Vögel so jung ihr Leben.
Für viele von uns sind sie Glücksbringer. Bereits die alten Ägypter haben diesen Vogel verehrt. Die Rede ist vom Weißstorch. Und der scheint den Kreis Pinneberg besonders lieb gewonnen zu haben. Denn Jahr für Jahr entscheiden sich mehr dieser Tiere, in unserer Region eine Familie zu gründen.
Viele Tiere kamen in diesem Jahr auch deutlich früher als sonst. „Zwei Wochen eher“, so berichtet Elke Lohse aus Bullenkuhlen, seien zahlreiche Tiere aufgetaucht. Sie betreut mit ihrem Mann Jürgen die Horste im nördlichen Bereich des Kreises Pinneberg. Statt zwölf sind dieses Jahr 19 Horste mit zwei erwachsenen Störchen besetzt.
Kreis Pinneberg: Im Vorjahr nisteten 33 Storchenpaare
Damit setzt sich der positive Trend aus den vergangenen Jahren fort: 2021 wurden im Kreis Pinneberg 23 Pärchen mit 38 Jungen von den Betreuern des Naturschutzbundes gezählt. Im vorigen Jahr registrierten sie 33 Paare mit 68 Jungstörchen.
Allerdings steigt zumindest im südlichen Teil des Landkreises die Zahl der toten Jungvögel. Dort hat Klaus Fritz bereits elf Todfunde registriert. „Dabei ging es so gut los“, berichtet der Rentner aus Wedel. 30 Jungvögel waren ihm bereits gemeldet worden. Aktuell stehen 23 lebendige und elf tote Jungtiere auf der Liste.
In Hetlingen wird erneut ein Jungstorch per Hand aufgepäppelt
Ein Jungvogel hätte in der Natur nicht überlebt. Doch die Familie in Hetlingen hat sich des schwachen Jungtiers angenommen und zieht es per Hand auf. Im vorigen Jahr lief es ähnlich. Dort hatte das Alttier den Ausgestoßenen auf dem Feld erst akzeptiert und später vergrämt, sodass die Familie den jungen Vogel ins Storchendorf Bergenhusen in weitere Obhut abgeben musste. Das könnte auch dieses Jahr passieren.
Warum es dieses Jahr viele Todfunde gibt, darüber kann Marco Sommerfeld, hauptamtlicher Leiter der Vogelschutzstation am Fährmannssand in Wedel, nur spekulieren. Die Gesamtzahl der Amphibien, einer Hauptnahrung der Störche, sei durch die vorangegangenen trockenen Jahre gesunken. Grasfrösche gebe es nach seiner Beobachtung genug. Aber die Erdkröte sei zumindest am Fährmannssand selten geworden.
In Haselau geht es nur drei von ursprünglich fünf Jungtieren gut
Derweil mussten Gaby und Rolf Thomsen, die auf ihrem Grundstück in Haselau mit Robert und Rosalie das regional am meisten beobachtete Storchenpaar umsorgen, bereits zufüttern. Ein Jungtier von Fünfen ist gestorben, ein zweites schwaches Tier wird im Nest noch geduldet. Um über die Not hinaus zu helfen, haben Thomsens in den vergangenen Tagen die Storchenfamilie mit Fischspenden zusätzlich gestärkt.
Auch die Haselauer Storchenfamilie hat bereits ein Jungtier mit viel eigenem Aufwand großgezogen. Deshalb steht sogar ein zweites Nest auf dem Grundstück. Doch bislang duldeten Robert und Rosalie mit der Ausnahme des eigenen Nachwuchses dort noch kein zweites Paar.
Nabu-Experte: Nässe schadet Jungtieren besonders stark
Für Nabu-Profi Sommerfeld ist nicht der Nahrungsmangel der wichtigste Grund dafür, dass Jungtiere verstoßen oder sogar von den Eltern aufgefressen werden. „Wenn es zu lange regnet, verklammen die Jungstörche“, erklärt der Wedeler Vogelschutz-Stationsleiter.
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Je mehr Jungstörche unterwegs sind, desto eher werden sie auch für Greifvögel interessant. Gebietsbetreuerin Elke Lohse, als Waldkita-Erzieherin mit der Natur sehr vertraut, beobachtete, wie sich ein Seeadler einen Jungstorch schnappte. Die anderen retteten sich dann in die Luft, verließen aber den Horst. Der Adler tauchte dann noch mehrmals an diesem Nest auf.
Ein Storchenhorst als Geburtstagsgeschenk in Bullenkuhlen
Elke Lohse liebt die Störche seit vielen Jahren. Deshalb hatte sie sich schon lange ein Nest auf ihrem eigenen Grundstück gewünscht. Vor vier Jahren war es denn so weit. Die Familie schenkte ihr den Horst zum Geburtstag. Bereits ein Jahr später überzeugte der Wedeler Klaus Fritz den Neuling in der Gruppe, sich gemeinsam mit ihm um die Tiere zu kümmern.
Die aufgeteilte Arbeit funktioniert gut. So hatte auch Fritz vor 22 Jahren begonnen. Aus der Kooperation mit Jürgen Prahl wurde drei Jahre später ein Solo, das Klaus Fitz über anderthalb Jahrzehnte trug. Doch mit dem wachsenden Bestand der Störche im Kreis Pinneberg wuchs auch der Aufwand.
„Allein schaffe ich das nicht mehr“, sagt der heute 81-Jährige. Gemeinsam mit dem Ehepaar Lohse aus Bullenkuhlen läuft nun alles gut. Und der Bestand wächst und wächst wie das Netzwerk der Nabu-Betreuer.