Appen/Kiel. Madsen überbringt die Kunde persönlich. Ortsdurchfahrt in Appen wird deutlich früher erneuert. Ein Amt leistet dabei wichtige Hilfe.
Jetzt soll alles doch schneller gehen als gedacht - der Minister persönlich macht’s möglich. Die Hauptstraße in Appen (Landesstraße 106), in der wegen der vielen Schlaglöcher seit einem Jahr nur Tempo 30 gilt, wird nun doch vorzeitig saniert. Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen eilte am Freitagnachmittag höchstselbst in den Kreis Pinneberg, um die frohe Botschaft für die Gemeinde und alle Pendler aus Uetersen und den Marschgemeinden, die diese viel befahrene Straße nutzen, zu verkünden.
„Ich freue mich riesig“, sagte ein strahlender Bürgermeister Hans-Peter Lütje, der die Gäste aus Kiel extra in einer Gaststätte in Appen empfing, wo es Erfrischungsgetränke und kleine Snacks für sie gab. „Das ist heute ein denkwürdiger Tag für Appen.“ Seit Jahren ärgere sich die Gemeinde mit dieser „Hubbelpiste“ herum, sagte er. Manche reden sogar von einer „Horrorstraße“, auf der schon etliche Reifen kaputt gegangen waren.
Die Sanierung der L106 sollte nach den Plänen des LBV erst nach 2027 erfolgen
Ursprünglich hätte die kaputte Landesstraße bereits 2018 saniert werden sollen. Doch dieser Termin wurde immer wieder verschoben. Frühestens 2028 wäre sie nach den bisherigen Plänen des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr (LBV) erneuert worden, wie es Anfang des Jahres hieß.
Dieses lange Zeitfenster wollte und konnte Amtsdirektor Frank Wulff vom Amt Geest und Marsch Südholstein seinen zehn Gemeinden nicht mehr zumuten. Kurzerhand eilte er im Februar nach Kiel und holte mit einem ungewöhnlichen Vorschlag die Kuh vom Eis. So werde nun das Amt die gesamte Vorplanung für die Straßensanierung, die Absprachen mit dem Ingenieurbüro und die fachliche Begleitung für das Ministerium übernehmen, erklärte Wulff. „Das ist zwar eine Kraftanstrengung für unser Amt. Aber davon profitieren schließlich alle Gemeinden.“
LBV-Direktor hält in diesem Schulterschluss der Behörden für zukunftsweidend
LBV-Direktor Frank Quirmbach lobte diese Kooperation zwischen der kommunalen und Landesverwaltung als beispielhaft und zukunftsgerichtet. Angesichts des immer stärker werdenden Fachkräftemangels müssten künftig alle Verwaltungsebenen noch enger zusammenarbeiten. „Wir müssen den gesamten Sachverstand in Schleswig-Holstein bündeln und mobilisieren, um unsere Infrastruktur zu erhalten“, sagte LBV-Chef Quirmbach. „Das ist hier jetzt ein ganz tolles Projekt, und die L106 ist wirklich in einem ganz schlechten Zustand.“
Verkehrsminister Madsen griff diesen Punkt auf. Eine stärkere Zusammenarbeit wie diese für die L106, wie er sie nun auch mit der Gemeinde am Freitag per Unterschrift und Siegel vertraglich geregelt hat, sorge für neue Synergien. „Niemand mag gerne Schlaglöcher“, sagte Madsen, dem Bürgermeister Lütje zuvor in einer Holperfahrt durchs Dorf die Straßenschäden zeigte und spüren ließ.
Insgesamt investiert das Land in diesem Jahr 80 Millionen Euro in Straßenbau
Aber der viele Regen im Herbst und die ständigen Temperaturschwankungen im Winter hätten praktisch überall im Land zu weiteren Rissen und Aufbrüchen im Asphalt geführt, die hier in Appen sogar allerhand Fahrzeugschäden verursachten (wir berichteten), sagte Madsen. Landesweit würden in diesem Jahr für rund 80 Millionen Euro kaputte Straßen und Radwege saniert werden, sagte er.
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Bürgermeister Lütje dankte auch dem Moorreger Landtagsabgeordneten Martin Balasus, der das Gespräch in Kiel vermittelt und dem Verkehrsminister mit diesem Problem in seinem Wahlkreis oft konfrontiert habe. „Mein Brief ans Ministerium reichte dafür nicht aus.“ Er habe nur „die richtigen Leute zusammengebracht, die jetzt gemeinsam diese kreative Lösung gefunden haben“, relativierte der Abgeordnete selbst seinen Beitrag für diese plötzliche Wendung im Schlaglochpisten-Poker zwischen den Instanzen. „Es ist ein Paradebeispiel dafür, wie Behörden gut zusammenarbeiten können zum Wohle der Bürger.“
Die Appener Ortsdurchfahrt wird in fünf Bauabschnitten 2025/26 saniert
Geplant ist nun, die L 106 auf den maroden 1,7 Kilometern in Appen in fünf Bauabschnitten Stück für Stück komplett zu erneuern, wie Projektleiter Ralf Müller vom Ingenieurbüro dänekamp und partner aus Halstenbek auf Nachfrage des Abendblatts erklärte. Baubeginn soll möglichst im Frühjahr nächsten Jahres sein. Die Fertigstellung dürfte voraussichtlich erst Ende 2026 sein. Die Baukosten werden wohl sechs Millionen Euro betragen, sagte Ingenieurbüro-Chef Wolfgang Nolte.
Damit nicht genug. Auch die Gemeinde Appen gehe bei diesem Straßensanierungsprojekt in Vorleistung, betonte Bürgermeister Lütje. Der Gemeinderat habe erst wenige Tage zuvor einmütig beschlossen, den völlig maroden Geh- und Radweg entlang der L 106 auf eigene Kosten zu sanieren. Dafür werde die Gemeinde mehr als eine Million Euro ausgeben, sagte Lütje.