Schenefeld. Neben dem Stadtzentrum in Schenefeld plante ein Investor 2015 Großes. Getan hat sich: nichts. Doch jetzt gibt es diese neuen Pläne.
Kommt endlich Bewegung in ein fast schon totgeglaubtes Millionenprojekt? Seit fast zehn Jahren ringen Schenefeld und die Lukas Bauprojekt GmbH aus Hamburg um die Bebauung eines 10.000 Quadratmeter großen Grundstücks direkt neben dem Stadtzentrum. Jetzt konnte eine Annäherung in mehreren strittigen Punkten erzielt werden.
Vorige Woche trafen sich die Verantwortlichen der Baufirma mit der Verwaltungsspitze im Rathaus. Zuvor hatten die Firmenchefs auch in Gesprächen mit den Fraktionen ihre erneut geänderten Pläne vorgestellt. Am 25. April wird das Vorhaben, das unter dem Namen B-Plan 35 Stadtkern Nord (6. Änderung) läuft, von dem Investor erneut im Ausschuss für Stadtentwicklung vorgestellt.
Lukas Bauprojekt GmbH hat das Areal im Dezember 2015 erworben
Im Dezember 2015 hatte die Hamburger Baufirma den Kaufvertrag über die Fläche direkt neben dem Einkaufszentrum unterzeichnet, die einst als Erweiterungsfläche des Stadtzentrums im Gespräch und in Schenefeld in Anlehnung an den Alteigentümer als Altmann-Areal bekannt war. Bebaut ist sie mit einem Bürokomplex und einer großen Gewerbehalle.
Der Altbestand hatte schon zum Zeitpunkt des Eigentümerwechsels bessere Zeiten gesehen. Fast zehn Jahre später „ist das ein Schandfleck“, räumt Schenefelds Bürgermeisterin Christiane Küchenhof umunwunden ein. Alle Gebäude stehen seit Jahren her, verfallen und gammeln vor sich hin. Zuletzt sollen dort Obdachlose gehaust haben. Es kam zu Brandstiftungen. Immerhin sichert ein Bauzaun den Lost Places in exponierter Lage neben Einkaufszentrum und der Polizei- sowie Feuerwache ab.
Bereits im Juni 2016 stellte der Investor erste Pläne im zuständigen Ausschuss vor
Höchste Zeit also, dass sich dort etwas tut. Bereits im Januar 2016 stellte Lukas Bau der Schenefelder Politik erste Pläne vor. 100 neue Wohnungen, aufgeteilt auf fünf Gebäude mit einer Höhe von vier Etagen plus Staffelgeschoss sowie parallel zur Straße ein Gewerbekomplex mit 3300 Quadratmeter Fläche: Bei diesen Dimensionen waren nicht alle Fraktionen hellauf begeistert.
Folgerichtig stimmte einen Monat später die CDU gegen das Vorhaben, das nun 109 Wohneinheiten in vier Gebäuden sowie den Gewerbebau vorsah. Die anderen Fraktionen trugen die Pläne mit. Umgesetzt wurden sie nie. Bis heute existiert kein städtebaulicher Vertrag mit dem Bauunternehmen.
Wohnungen Schenefeld: Seit 2016 liegt die Fläche am Kiebitzweg im städtischen Sanierungsgebiet
2020 hatte die Stadt nach langer Vorarbeit den Rahmenplan für den neuen Stadtkern beschlossen, bereits im Dezember 2016 war ein 20 Hektar großes Areal als Sanierungsgebiet ausgewiesen worden. Auch die Fläche angrenzend an das Stadtzentrum liegt im Sanierungsgebiet, sodass die Stadt mehr Macht bei der Umsetzung ihrer Wünsche hat. Darauf soll der Investor sehr verschnupft reagiert haben.
2021 haben die Söhne des verstorbenen Firmengründers Wolfram Lukas einem Kompromissvorschlag des Planungsbüros AGN Leusmann zugestimmt, wie die Fläche Kiebitzweg 16–20 künftig bebaut werden könnte. Im Rahmenplan ist eine Bruttogeschossfläche von 9600 Quadratmetern als Bauvolumen vorgesehen. Der Stadtentwicklungsausschuss gestand dem Bauträger 11.250 Quadratmeter Bruttogeschossfläche zu. Doch auch dieser Schritt brachte das Projekt nicht voran.
Bürgermeisterin spricht von einem „vielversprechenden Gespräch“
Jetzt wollen beide Seiten einen neuen Anlauf wagen, sodass endlich auch ein Durchführungsvertrag zustande kommen könnte. Laut Spöttern ist das der sechste oder siebte Versuch. „Jetzt scheint die Sache in Bewegung zu kommen“, sagt indes die Bürgermeisterin. Und Christiane Küchenhof sagt weiter: „Ich habe ein sehr gutes Gefühl.“ Das Gespräch mit den Firmenchefs sei „vielversprechend“ gewesen.
Dennoch hätten die Söhne des Firmengründers „ein paar Hausaufgaben“ mitbekommen. „Es sind noch ein paar Punkte offen“, so die Bürgermeisterin. Ein Punkt ist die Dauer des Belegungsrechtes, das sich die Stadt für einen Teil des Wohnungsbestandes sichern will. Sie strebt eine Dauer von 20 Jahren an.
Entstehen soll ein Anteil zwischen 20 und 30 Prozent als sozialer Wohnungsbau. Aktuell sind die Fördermittel des Landes für derartige Projekte jedoch aufgebraucht. Sollten sie nicht aufgestockt werden, könnte preisgedämpfter Wohnraum geschaffen werden. In diesem Fall fordert der Investor die Festsetzung eine kostendeckenden Nettokaltmiete.
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Die Stadt wiederum möchte an dieser Stelle des Kiebitzweges den kombinierten Geh- und Radweg teilen und den neuen Gehweg über das Lukas-Grundstück führen. In diesem Fall müsste ein Wegerecht zugunsten der Stadt eingetragen werden. Diesem Punkt soll der Investor offen gegenüberstehen.
Wie viele Wohneinheiten auf der 10.000 Quadratmeter großen Fläche letztlich entstehen werden, bleibt zunächst offen. Es dürften jedoch deutlich mehr als die einstmals zugestandenen 109 Wohnungen werden. Denn der Investor hat der Stadt mitgeteilt, auf den parallel zur Straßen liegenden, 3300 Quadratmeter großen Gewerbebau verzichten zu wollen.
Hauptmieter ProDerm hat sich schon vor Jahren aus dem Projekt verabschiedet
Das ist auch wenig verwunderlich, denn der lange Zeit eingeplante Hauptmieter der Flächen hat sich längst von dem Projekt verabschiedet. Es handelte sich um die Firma ProDerm, die lange Zeit als letzter Mieter in dem maroden Gewerbekomplex am Kiebitzweg ausgeharrt hatte. Letztlich bezog das Institut für Angewandte Dermatologische Forschung neue Räume im benachbarten Stadtzentrum. Die Übergangslösung wurde inzwischen zur Dauerlösung.
Laut Lukas Bau sind die geplanten Gewerbeeinheiten derzeit nicht vermietbar, weil in diesem Segment auf dem Markt ein Überangebot herrscht. Daher soll auf dieser Fläche ebenfalls Wohnraum entstehen, sodass die Zahl der Einheiten deutlich höher ausfallen wird als bisher geplant. Die Politik ist offenbar bereit, diesen Weg mitzugehen.
Für das Großprojekt am Kiebitzweg ist ein Stellplatzschlüssel von 0,7 im Gespräch
Auch ein Stellplatzschlüssel wurde bereits besprochen. Angesichts der Lage und der ÖPNV-Anbindung hält die Stadt eine Quote von 0,7 Stellplätzen pro Wohneinheit für vertretbar. Ein erster Härtetest, ob die neue Einigkeit zwischen Investor, Politik und Stadtverwaltung hält, wird die Ausschusssitzung am 25. April (19 Uhr, Sitzungssaal im Rathaus) ergeben. Gibt der Ausschuss für Stadtentwicklung grünes Licht, könnten die ins Stocken geratenen Planungen tatsächlich wieder Fahrt aufnehmen.