Ellerbek. Der beliebten Bio-Fleischerei wurde von jungem Paar neues Leben eingehaucht. Sie liefert auf Hamburgs Märkte – und an die Osterstraße.

  • Neue Inhaber führen die Bio-Fleischerei Fricke.
  • Zu den bekannten Abnehmern gehören Strandpauli oder das Miniatur Wunderland.
  • Warum auch das Netz beim Vertreib der Ware aus dem Kreis Pinneberg eine Rolle spielt.

Es war ein wahres Fleischersterben: Viele Schlachter im Kreis Pinneberg mussten im vergangenen Jahr schließen: Dörling gab nach 115 Jahren die letzte eigenständige Fleischerei in Tornesch auf. Die Geschwister Kilb schlossen ebenfalls zum Jahresende die letzte freie Schlachterei in Uetersen. Andere hatten zuvor schon dicht gemacht: darunter Claußen in Quickborn sowie die Filiale von Peter Raabe in Moorrege. Häufig konnte keine Nachfolge gefunden werden.

Doch es gibt auch positive Beispiele. In Ellerbek in der Bio-Fleischerei Fricke läuft das Geschäft. Seit etwa eineinhalb liegt es nun schon in jungen Händen: Das Ehepaar Sina (29) und Jan Krüger (34) aus Barmstedt haben den Traditionsbetrieb übernommen und es mit einigen Innovationen verjüngt und modernisiert.

Miniatur Wunderland Hamburg: Burger in Bio-Qualität kommen aus Ellerbek

„Man kann uns jetzt auf den sozialen Kanälen folgen“, sagt Sina Krüger. Sie dreht kurze Filme, stellt darin Mitarbeiter, Partner und Höfe vor. Es geht nicht nur darum, die Produkte einer jüngeren Kundschaft schmackhaft zu machen, sondern aufzuklären und Vertrauen zu schaffen. „Die Kunden möchten wissen, woher das Fleisch kommt“, sagt Sina Krüger.

Sönke Mannke ist schon mehr als 20 Jahre in der Bio-Fleischerei Fricke angestellt. Morgens steht er auf dem Wochenmarkt in Flottbek, nachmittags in Ottensen.
Sönke Mannke ist schon mehr als 20 Jahre in der Bio-Fleischerei Fricke angestellt. Morgens steht er auf dem Wochenmarkt in Flottbek, nachmittags in Ottensen. © Anne Dewitz | Anne Dewitz

Einen Film hat sie im Miniaturwunderland in Hamburg gedreht. „Das Fleisch für die Burger dort kommt von uns“, sagt die zweifache Mutter. Zu den Kunden zählen auch der trendige Beachclub Strandpauli in Hamburg oder deutschlandweit die Stadtsalat-Filialen. „Im Großhandel beliefern wir Kitas, Schulen, Hofläden, Restaurants.“ Der Lieferservice Flaschenpost gehört ebenso zum Kundenstamm wie die Bio-Supermärkte von Erdkorn in Hamburg.

Haltung nach Bioland-Richtlinien hat seinen Preis

Die Haltung nach strengen Bioland-Richtlinien sei natürlich kostenintensiver, so die junge Frau. Es könnten nicht so viele Tiere auf einmal gehalten werden. Um wirtschaftlich zu sein, müssten die Bio-Bauern höhere Preise für ihre Produkte verlangen.

Die Bio-Fleischerei Fricke gibt es mittlerweile seit 35 Jahren. Gegründet wurde der Betrieb 1989 vom Ehepaar Heiner und Brigitte Fricke aus Halstenbek. Sie standen damals noch unter dem globalen Schock der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl und hatten das Gefühl, etwas ändern zu müssen, wollten bewusster mit Natur und Ressourcen umgehen. Die erste Produktionsstätte eröffneten sie in Hamburg-Eidelstedt. 1990 traten sie dem Biolandverband bei.

Bio-Fleischerei Fricke auf 24 Wochenmärkten in Hamburg

Seit April 2015 führte Klaus Meyer-Janssen die Bio-Fleischerei fort. Er zog sich nun aus Altersgründen zurück und übergab das Geschäft an Jan Krüger. „Er kennt den Betrieb besser als sein Wohnzimmer“, sagt Sina Krüger und lacht. Jan Krüger hatte 2011 als Fleischermeister in dem Betrieb angefangen, war 2017 vom Produktionsleiter zum Betriebsleiter aufgestiegen und hat 2021 das Studium zum Betriebswirt im Handwerk abgeschlossen. Seit November 2022 ist er Inhaber und Geschäftsführer.

Beliebt sind auch die Produkte im Glas.
Beliebt sind auch die Produkte im Glas. © Anne Dewitz | Anne Dewitz

Neben dem Großhandel gibt es die Direktvermarktung. Mit vier Verkaufswagen stehen sie auf insgesamt 29 Öko- und Wochenmärkten im Großraum Hamburg, vormittags beispielsweise in Flottbek, nachmittags in Ottensen. Im Kreis Pinneberg ist Frickes Stand Mittwoch vormittags auf dem Wochenmarkt Moorwegsiedlung in Wedel zu finden und in Ellerbek donnerstags von 14.30 bis 18 Uhr vor dem Getränkemarkt Fohsack. Das Fleisch kann auch online über die Internetseite bestellt werden und wird gekühlt nach Hause geliefert.

Fülscher in Seestermühe schlachtet für Bio-Fleischerei Fricke

Das Fleisch in Bio-Qualität kommt von den Landwirten aus der Region. Geschlachtet wird bei Fülscher in Seestermühe, in der Auenland-Fleischerei in Hartenholm (Kreis Segeberg) und bei Schacht in Bad Oldesloe. Kurze Schlachtwege sind vorgeschrieben, damit die Tiere so wenig Stress wie möglich haben. Die Fleischhälften werden in Ellerbek zerlegt und portioniert. In der Woche sind das immerhin 25 Schweine, sechs bis acht Rinder und 20 Lämmer. Geflügel wird küchenfertig dazu gekauft.

Die Bio-Fleischerei Fricke aus Ellerbek ist mit ihren Verkaufswagen auf 29 Wochen- und Ökomärkten zu finden.
Die Bio-Fleischerei Fricke aus Ellerbek ist mit ihren Verkaufswagen auf 29 Wochen- und Ökomärkten zu finden. © Sina Krüger | Sina Krüger

Die Fricke-Produkte kommen zu 90 Prozent aus eigener Herstellung. Die Wurst wird in Ellerbek nach alten Rezepten gemacht, auf Nitritpökelsalz und Geschmacksverstärker wird verzichtet und stattdessen auf naturbelassene Bio-Gewürze gesetzt.

Bio-Fleischerei Fricke: Currywurst und Bolo im Glas

„Die Bio-Produkte sehen daher etwas blasser und grauer aus“, sagt die Einzelhandelskauffrau. „Dafür haben sie Geschmack und das Fleisch ist nicht voller Wasser wie bei der Massentierhaltung.“ Die Tiere erhielten natürliches Futter und Auslauf und das wirke sich auf die Qualität des Fleisches aus. „Außerdem wird dem Tier nicht präventiv Antibiotika verabreicht“, sagt sie.

Beliebt sind auch Currywurst, Bolognese oder Hühnerfrikassee im Glas. Zum Sortiment gehören aber auch internationale Spezialitäten aus Italien wie Mortadella oder Parmaschinken. Auch hier wird ganz genau darauf geachtet, dass die Erzeugung dem Bio-Standard entspricht.

Bio-Fleischerei in Osterstraße bekommt Produkte von Fricke

Das hochwertige Fleisch sowie die Wurst von Fricke werden auch an das Geschäft Bio-Fleischerei Fricke in der Osterstraße in Hamburg-Eimsbüttel verkauft. Der Inhaber des Ladens hatte einst bei Fricke sein Handwerk gelernt und sich dann 2008 selbstständig gemacht. Nach dem Aus der Fleischerei Wagner ist Fricke im beliebten Hamburger Stadtteil nicht nur ein Begriff, sondern einer der letzten seiner Art. Die Leute stehen Schlange.

Mehr zum Thema

Der nachhaltige Gedanke setzt sich auch in anderen Bereichen fort. „Wir haben für die Kunden auf dem Markt wiederverwendbare Kühltaschen aus recycelten Plastikflaschen angeschafft. Die kommen sehr gut an“, sagt Sina Krüger. Das Papier, in dem Wurst und Fleisch eingeschlagen werden, ist ebenfalls nachhaltig. Die Salatbecher können sogar in der Biotonne entsorgt werden. Und es gibt jetzt eine Solaranlage auf dem Dach des Betriebes.

Bio-Fleischerei Fricke in Ellerbek bildet aus

Viele der insgesamt 38 Mitarbeiter sind schon lange im Unternehmen, weil das Arbeitsklima stimmt. „Es geht bei uns familiär zu“, sagt Sina Krüger. Vor dem Schritt in die Selbstständigkeit war Jan Krüger Prüfer bei der Fleischerinnung.

Heute bildet er in seinem eigenen Betrieb aus, jedes Jahr zwei Azubis, die dann auch übernommen werden. Die meisten Azubis kommen bereits aus Fleischer-Familien – so wie Jan Krüger selbst.