Heidgraben/Hetlingen. Nachdem ihr Reetdachhaus niedergebrannt ist, schildern die Eltern die dramatische Nacht. Hilfe nach dem Inferno sei „überwältigend“.
Vor allem bei den Kindern sitzt der Schock noch tief: „Es kann immer jeden treffen, ich wünsche der Familie alles Liebe und viel Kraft für die kommende Zeit“, mit diesen Worten untermauert etwa Karolin Peters ihre Spende auf der Internet-Plattform gofundme für die Eltern und ihre zwei Kinder aus Heidgraben, deren Leben sich am Sonntag nach einem Feuer in ihrem Haus innerhalb weniger Minuten radikal geändert hat.
An diesem Morgen des 10. März war ihr reetgedecktes Haus fast vollständig ausgebrannt. Die Eltern und ihre zwei Kinder konnten kaum mehr als sich selbst retten. Noch während die Löscharbeiten liefen, begannen erst die Nachbarn und später die ebenfalls alarmierte Familie sowie Freunde und viele andere zu helfen, wo immer es ging. Zuerst mussten Frau und Kinder mit Kleidung versorgt werden. Denn die Rettung gelang buchstäblich in letzter Minute im Schlafanzug.
„Rund um mich herum loderten plötzlich Flammen“
Gegen 7.40 Uhr war der Mann in die Haustür getreten und hatte einen unangenehmen Geruch wahrgenommen. Um das zu überprüfen, öffnete er die Tür zum Kinderzimmer. „Das war wie im Kamin“, schildert Familienvater Max Schäfer (29). Durch den Luftzug zündete das Feuer durch. „Rund um mich herum loderten im Raum plötzlich die Flammen.“
Der Mann stürzte aus der Wohnung, hämmerte bei der Nachbarin an die Tür, damit sie die Feuerwehr riefe. „Sie hat mich erst nicht erkannt, da ich völlig schwarz aussah.“ Geistesgegenwärtig schnappte sich Max Schäfer Augenblicke später eine Leiter, schleppte sie zum Schlafzimmer im ersten Geschoss.
Ehemann holt Mutter und Kinder per Leiter aus dem brennenden Haus
Dort riefen bereits Frau und Kinder um Hilfe. „Wir hatten noch gegen Viertel nach 7 unten in der Küche Wasser getrunken“, schildert Svenja Wilms die Situation im Haus. Etwa eine halbe Stunde später roch sie oben etwas, das dort nicht hingehörte. Auch sie ging nachschauen, hinter der zweiten Zwischentür war bereits alles verqualmt.
Zurück im Schlafzimmer versuchte die Mutter ihre Töchter Emilia (4) und Elina (2) zu beruhigen, öffnete rasch die Rollläden und rief um Hilfe. Ehemann Max holte erst die Kinder über die Leiter ins Freie, zuletzt folgte Svenja.
Zwei Männer brechen das schwere Gartentor für die Feuerwehr auf
Gerade als alle das Schlafzimmer durchs Fenster verlassen hatten, knallte es im Haus, die Rollläden rutschten herunter. Doch die Familie war gerettet. Während Kinder und Frau fassungslos, barfuss und im Pyjama vom Garten aus beobachten mussten, wie die Flammen im Reetdach und Haus immer größer wurden, brach Max gemeinsam mit einem Nachbarn das schwere Gartentor auf, um den Weg für die nahenden Feuerwehrfahrzeuge freizumachen.
Nachbarn gaben wenig später Schutz, Wärme und neue Kleidung. Und die Feuerwehr riet, den Brandort mit den Kindern zu verlassen. Der Ehemann war ohnehin mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung in die Klinik gebracht worden. Die Eltern der Ehefrau nahmen Mutter und Kinder schließlich mit nach Hetlingen.
Eltern der Frau bieten in Hetlingen Raum und Schutz
Dort ist die vierköpfige Familie seit dem Unglück untergebracht. „Man realisiert das noch immer gar nicht richtig“, erzählt die junge Frau. Es sei schwierig, zu begreifen, dass das Zuhause und alle Sachen plötzlich weg seien.
Die Kinder spielen manchmal, als wenn alles normal ist. Doch dann weinen sie plötzlich. „Nachts ist es besonders schlimm“, erzählt die Mutter. Ihre große Tochter sei schreiend aufgewacht und habe immer wieder gerufen „unser Haus, unser Haus“. Der Kinderarzt hat bereits eine psychologische Hilfe verschrieben.
„Die Hilfe und Solidarität ist überwältigend“
Beim Ehemann, der nicht nur das Zuhause seiner kleinen Familie, sondern auch sein Elternhaus verloren hat, steht derzeit tagsüber das Telefon kaum still. Vor allem Versicherungsfragen sind zu klären. Viele Bekannte melden sich und fragen, was sie tun können.
„Die Hilfe von Freunden wie auch von uns völlig fremden Menschen ist überwältigend“, erzählt Max Schäfer. Diese Solidarität und Hilfe könne er gar nicht in Worten beschreiben, ohne dabei Tränen in den Augen zu bekommen.
Cousine des besten Freundes startet Spendenkampagne
Kerstin Rohwer aus Neuendeich, die Cousine seines besten Freundes, startete noch am Unglückstag die Spendenkampagne über die Plattform gofundme. Am Donnerstag waren bereits fast 900 Einzelspenden eingegangen, dabei mehr als 40.000 Euro gesammelt. „Vielen, vielen Dank“, sagt der Mann.
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Auch Heidgrabens Bürgermeister Julian Kabel sagte in Absprache mit seinen beiden Vertretern eine Soforthilfe zu und bot sogar eine Wohnung an. „Wir haben mehrere Wohnungsangebote bekommen“, freut sich Svenja Schäfer. Jetzt muss die Familie schauen, was am besten passt. Auch der Wiederaufbau des Gebäudes muss bedacht werden.
Doch erstmal sei es wichtig, überhaupt zur Ruhe zu kommen und die traurigen Gedanken zur Seite zu schieben. Dafür bieten die Eltern der Frau in Hetlingen Raum und Zeit.