Elmshorn. Nach Messerstichen auf 22-Jährigen kommen die beiden bisherigen Verdächtigen wieder frei, obwohl sie an der Tat beteiligt waren.
Nach der Messerattacke auf einen Mann (22) in Elmshorn ist am Freitagnachmittag Haftbefehl gegen einen 23 Jahre alten Mann erlassen worden. Zwei zunächst festgenommene Personen bleiben auf freien Fuß, obwohl sie laut den Ermittlungen ebenfalls an der Tat beteiligt waren.
Tatort war am Mittwochabend gegen 21.15 Uhr die Straße Schlurrehm, eine kleine Verbindungsstraße am Rande der City hinter einem Netto-Markt in der Nähe der B431. Laut Polizeiangaben befand sich zur Tatzeit eine Gruppe von Männern aus Syrien in diesem Bereich, unter denen es zu einem Streit kam.
22 Jahre alter Mann erlitt mehrere schwere Stichverletzungen
„Wir gehen davon aus, dass der 23-Jährige und die zwei Männer Streit mit dem Opfer bekamen“, sagt Oberstaatsanwalt Peter Müller-Rakow, Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe. Das Trio habe den 22-Jährigen zu Boden gebracht und festgehalten, dann habe der 23-Jährige ein Messer eingesetzt. Müller-Rakow: „Er fügte dem Opfer mehrere Stichverletzungen zu, darunter einige im Oberkörper.“
Das Opfer sei in ein Hamburger Krankenhaus gekommen, sofort notoperiert worden. Laut Müller-Rakow bestand für den Mann zeitweise Lebensgefahr. Inzwischen sei dieser über den Berg.
Weil sich Streit und Bluttat am späten Abend inmitten eines Wohngebiets ereignet haben, blieb dies nicht unbemerkt. Nach Eingang der ersten Anrufe schickte die Einsatzleitstelle alle verfügbaren Streifenwagen zum Tatort. Im Zuge einer Nahbereichsfahndung nahmen Beamte zwei 20 und 38 Jahre alte Männer vorläufig fest.
- Mediziner: Elmshorner Messeropfer entging nur knapp dem Tod
- Elmshorn: Entsetzen nach Bluttat am Bahnhof - 16-Jähriger steht vor Gericht
- Doppelmörder aus Elmshorn geht lebenslänglich hinter Gittern – Urteil bestätigt
- Ehedrama in Elmshorn: Haftbefehl gegen Senior (80) nach Messerangriff
„Die beiden sind am Donnerstag nach den Vernehmungen wieder freigelassen worden“, teilte Merle Neufeld, Sprecherin der Mordkommission Itzehoe, am Freitag auf Abendblatt-Anfrage mit. Sie seien an der Tat beteiligt gewesen sein, jedoch hätten sie nicht das Messer geführt. Daher sei auf eine Vorführung zwecks Erlass eines Haftbefehls verzichtet worden.
Nach intensiven Ermittlungen nahmen die Beamten der Mordkommission am Donnerstagnachmittag einen 23 Jahre alten Syrer vorläufig fest. Dieses Mal sind sich die Ermittler sicher, den Messerstecher gefasst zu haben. Das sah der zuständige Haftrichter am Amtsgericht Itzehoe genauso. „Der Haftbefehl lautet auf versuchten Totschlag“, so Oberstaatsanwalt Müller-Rakow.
Neuer Verdächtiger wird noch am Freitag einem Haftrichter vorgeführt
Warum es auf offener Straße zu dem folgenschweren Streit kam, kann die Polizei bisher nicht sagen. Dazu könnten die Vernehmungen von Opfer, Mittätern und dem Messerstecher Aufschluss bringen.
Der Tatort wurde unmittelbar nach dem Eintreffen der Polizei weiträumig abgesperrt und die Elmshorner Feuerwehr zum Ausleuchten angefordert. Stundenlang sicherten Beamte Spuren, andere suchten die Umgebung ab. Dabei wurde ein Messer gefunden, bei dem es sich um die Tatwaffe handeln soll.
Die Polizei will dies nicht bestätigen. Die Ermittler suchen weitere Zeugen, die sich am Tatort aufgehalten oder in den dortigen Wohnblocks etwas tatrelevantes mitbekommen haben. Hinweise nimmt die Mordkommission der Bezirkskriminalinspektion Itzehoe unter der Telefonnummer 04821/60 20 entgegen.
Zahl der Messerattacken in Elmshorn bewegt sich auf hohem Niveau
Die Zahl der Messerattacken in Elmshorn bewegt sich gefühlt auf einem hohen Niveau. Am 21. Juli 2023 wurde am Elmshorner Hafen in den Abendstunden ein 35 Jahre alter Angler am Hafen brutal von hinten mit einem Messer in Kopf und Rücken attackiert. Der Prozess gegen den Täter läuft derzeit.
Am 5. Juli 2023 kam es am Elmshorner Bahnhof zu einem Messerangriff. Ein 20 Jahre alter Mann wurde schwer verletzt. Auch Einsatzkräfte der Polizei wurden mit einem Messer bedroht. Der 16 Jahre alte Täter hat sich bereits unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor Gericht verantworten müssen. Seit der Tat gilt das Bahnhofsumfeld als Gefahrengebiet.
Auch am Stadtrand kam es immer wieder zu Gewalttaten
2021 kam es rund um die inzwischen geschlossene Disco Duplex zu mehreren Messerangriffen, die nicht aufgeklärt werden konnten. Im Juli 2021 erstach an der Holstenstraße ein 19-Jähriger einen 36 Jahre alten Mann. Vorausgegangen war ein Streit. Die Staatsanwaltschaft war zunächst von Notwehr ausgegangen, hatte auf eine Anklage verzichtet. Die Familie des Opfers war dagegen vorgegangen. Die juristische Aufarbeitung des Falls dauert an.