Elmshorn/Itzehoe. Nach der Messerattacke mit Stichen in den Kopf berichten vor Gericht zwei Ersthelfer, wie sie das Opfer in Elmshorn versorgt haben.

Maximilian G. wollte sich vor dem Regen schützen, hatte sich unter dem Vordach bei Rewe in Elmshorn untergestellt. Plötzlich wurde er Zeuge einer filmreifen Szene. „Ein Mann mit blutverschmierten Händen rannte vorbei, verfolgt von einer Gruppe Jugendlicher. Dann kam ein weiterer, blutüberströmter Mann mit heftigen Wunden, so was habe ich noch nie gesehen.“

Was der Zeuge am 21. Juli 2023 an der Westerstraße miterlebte und am Montag vor dem Landgericht Itzehoe berichtete, stuft die Staatsanwaltschaft als versuchten Mord und besonders schwere räuberische Erpressung ein. Auf der Anklagebank sitzt seit dem 11. Januar dieses Jahres mit Markus E. (27) der Mann, den der Zeuge mit blutverschmierten Händen davonrennen sah.

Überfall auf Angler an der Krückau kann dank vieler Zeugen aufgeklärt werden

„Ich habe zuerst gedacht, dass dieser Mann das Opfer ist“, berichtet der 31-Jährige, der sich zu diesem Zeitpunkt mit einem Bekannten unterhielt. Beide hätten dem wegrennenden Mann nachgerufen, was los ist. „Er rief irgendwas mit verprügelt zurück und sagte dann, dass alles in Ordnung ist“, erinnerte sich der Zeuge.

Sie hätten dann die Person und die Verfolger aus den Augen verloren. „Plötzlich kam ein vollkommen blutüberströmter Mann auf uns zu“, so Maximilian G., der dem Verletzten sofort entgegenlief. „Er hat dreimal seinen Namen wiederholt, war ansonsten gar nicht aufnahmefähig.“

Opfer bot laut Aussagen von Zeugen einen schlimmen Anblick

Der Mann habe einen schlimmen Anblick geboten. „Er hatte mehrere Stichwunden im Kopf sowie am Nacken, rechts am Kopf befand sich ein sehr langer Schnitt. Das war sehr heftig, so etwas habe ich noch nie gesehen.“ Er habe sofort den Rettungsdienst alarmiert, währenddessen habe sein Gegenüber mehrfach nach seinem Portemonnaie gefragt.

„Als ich am Telefon die Art der Verletzungen beschrieben habe, hat er angefangen zu zittern, weil ihm wohl erst dann bewusst wurde, was ihm genau zugestoßen ist“, berichtete der 37-Jährige. Er habe dem Schwerverletzten, der die ganze Zeit bei Bewusstsein gewesen sei, noch geraten, sich auf den Boden zu legen. „Ich sagte: Bleib‘ ruhig, es wird alles gut.“

Angler überlebte die Messerattacke dank einer Notoperation

Das Opfer hat die Messerattacke, bei der die Klinge des Messers im Kopf steckenblieb, zum Glück dank einer Notoperation überlebt – und wohl auch dank des besonnenen Verhaltens von Maximilian G. und seinem Bekannten Selahattin C. (43). „Der Mann war von Kopf bis Fuß voller Blut, hatte mehrere Stichwunden im Kopf und am Körper“, so der zweite Zeuge.

Auch er sah den Angreifer vorbeirennen – und identifizierte ihn im Gerichtssaal als den Angeklagten. „Der ist verdammt schnell gelaufen, fast Vollgas.“ Dass Markus E. wenige Hundert Meter vom Tatort entfernt gestellt und überwältigt werden konnte, ist einer Gruppe Heranwachsender zu verdanken, die zum Zeitpunkt des verhängnisvollen Raubüberfalls am Südufer der Krückau mit Ziel Rewe-Markt entlangspazierte.

Gericht hat alle acht Jugendlichen vernommen, die den Täter überwältigt haben

Fünf der acht Jugendlichen, die dank ihres couragierten Verhaltens den Beinahe-Mörder bis zum Eintreffen der Polizei in Schach hielten, hatte die Schwurgerichtskammer am Dienstag als Zeugen geladen. Drei weitere waren bereits während des Verfahrens gehört worden.

Alle berichteten übereinstimmend, wie sie durch plötzliche Hilfeschreie auf den schwerverletzten Mann aufmerksam wurden, der zum Zeitpunkt des Überfalls an der Krückau hinter dem Rewe-Markt geangelt hatte. „Er war voller Blut, es sah aus, als hätte er eine rote Maske an“, berichtete Harut M. (17).

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Wenige Sekunden später sei ein komplett schwarz gekleideter Mann, eine Kapuze über den Kopf gezogen, vom Tatort weg- und die Hafenstraße in Richtung B431 entlanggelaufen. „Wir mussten ganz schön rennen, um hinterherzukommen“, so Lom-Ali B. (17). Alle acht Jugendlichen hätten die Verfolgung des Mannes aufgenommen, der die Westerstraße überquerte und sich auf Höhe Peter Kölln vor einem Wohnblock hinter einem Busch versteckte.

„Ich habe ihn dort gesehen und gesagt, er soll rauskommen“, so Samwel T. (18). Das habe der Mann auch gemacht, sei dann jedoch schnellen Schrittes weggegangen. „Ich habe geschrien, dass er stehenbleiben soll. Dann habe ich ihm die Beine weggezogen“, erinnerte sich der Zeuge.

Jugendliche bilden einen Kreis um den zu Boden gebrachten Täter

Im Anschluss hätten die Jugendlichen einen Kreis um den auf dem Boden sitzenden Täter gebildet und auf das Erscheinen der alarmierten Polizei gewartet. Sie hätten dem Mann noch dessen Rucksack abgenommen und ihm verboten, in die Tasche zu fassen, was dieser auch unterließ. Bei der Durchsuchung des Mannes sei dann ein Messer in der Tasche gefunden worden sowie eine Crack-Pfeife.

Markus E., der bereits 2018 wegen eines Gewaltdelikts zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden war, hat in diesem Prozess bisher geschwiegen. Er könnte den Angler überfallen haben, weil er Geld für Drogen brauchte und muss sich vor Gericht auch wegen eines zweiten Raubüberfalls verantworten.

Gericht hat sieben weitere Prozesstage bis Ende April angesetzt

Die Schwurgerichtskammer hat noch sieben weitere Prozesstage bis Ende April angesetzt. In der nächsten Woche sollen mehrere Polizisten vernommen werden, die mit dem Überfall auf den Angler befasst waren. Auch wird ein Gutachter erwartet, der die schweren Verletzungen des Opfers beschreiben wird.