Elmshorn. Stadt und die Deutsche Bahn haben Großes vor. Was genau wo geplant ist – und was das auch für die Autofahrer bedeutet.
Ortstermin am Bahnhof Elmshorn. Zuerst allerdings bei dem Teil, den noch niemand sehen kann – an der Berliner Straße. Dieses Gebäude existiert zurzeit bestenfalls in Skizzen bei den Planerinnen und Planern der Stadt Elmshorn sowie der Deutschen Bahn. Die Krückaustadt und die Bahn haben nämlich Großes vor. Bahn- und Busverkehr sollen endlich zusammenwachsen. Doch dafür muss der Elmshorner Bahnhof rund 200 Meter nach Süden umziehen, ein neuer Zentraler Omnibusbahnhof (ZOB) gebaut werden. Ein Mammutvorhaben.
Jule Gehring aus dem Amt für Projektentwicklung Bahnprojekte ist trotz des „Hundewetters“ bei der Ortsbegehung bester Dinge. Die Leiterin des städtischen Projektteams sieht hier an diesem Platz nicht nur ein altes Stellwerk, ungenutzte Fläche und Gleise. Für sie tut sich hier, gegenüber der Einmündung von der Schauenburger Straße in die Berliner Straße, bereits Elmshorns Zukunft auf.
Stadtentwicklung: An der Berliner Straße soll das neue Bahnhofsgebäude entstehen
„Hier kommt das Empfangsgebäude der Bahn hin“, sagt Gehring und weist auf dem Bereich zwischen dem Doppelhochhaus und dem alten roten Backsteingebäude, in dem sich das Stellwerk befindet. Zurzeit parken hier nur einige Autos. Mit das einzige Zeichen von Leben an dieser doch eigentlich so wichtigen Straße in Elmshorn. Das soll sich ändern, denn die Bahnhofspläne stehen nicht allein für sich da.
„Dort gegenüber, wo bei der Markthalle die Schauenburger Straße noch gekrümmt verläuft, wird diese nach den aktuell stattfindenden Kanalarbeiten begradigt“, sagt Gehring. „Dieser neue Straßenverlauf soll dann geradlinig in das Trogbauwerk hineinführen, das wir für die Unterquerung der Gleise in Richtung unseres dann entstehenden ZOB auf dieser Seite bauen werden“, erläutert die Projektteamleiterin. „Das ist die Unterführung, die wir benötigen, um Bus-, Taxen- und Fahrradverkehr durchleiten zu können.“
Bauarbeiten seien unumgänglich, weil Elmshorn einen echten ZOB bekommen soll
ZOB, Trogbauwerk, Unterquerung, neuer Bahnhof? Das klingt nach sehr viel Aufwand, sehr langen Bauarbeiten und damit einhergehend viel Einschränkungen für die Bürger über Jahre hinweg. Muss das denn wirklich sein? Klare Antwort von Jule Gehring: „Ja, auf jeden Fall! Elmshorn hat zurzeit noch keinen wirklichen zentralen Omnibusbahnhof“, sagt die Planerin und weist auf die aktuell zwei Welten der Busfahrer aus Elmshorn und Umgebung hin.
„Gutes Beispiel für die Notwendigkeit unseres Vorhabens sind Pendler, die aus der Region nach Elmshorn kommen, um hier auf die Bahn umzusteigen“, sagt Gehring. „Aus Kiebitzreihe zum Beispiel kommen sie in der Schulstraße bei der Haltestelle für die Regionalbusse an und müssen dann rund 200 Meter gehen, um zum Bahnhof zu gelangen. Das, was städtischen Busfahrgästen schon jetzt mit dem Stopp an der Geschwister-Scholl-Straße ohne weite Wege möglich ist.“
Königstraße und Geschwister-Scholl-Straße können nicht noch mehr Verkehr aufnehmen
Doch wenn für diesen Umstand Abhilfe geschaffen werden soll, damit also Busfahrende aus allen Richtungen ohne größere Fußwege den Wechsel auf die Bahn schaffen, ist dies an bisheriger Stelle nicht möglich. Der in dichter Bebauung liegende Verlauf von Königstraße und Geschwister-Scholl-Straße lässt keine weitere Verkehrsverdichtung zu.
Aber geeignete Flächen sind ja bereits auserkoren. Dort, wo sich zurzeit noch das doppelgeschossige Parkdeck am Steindammpark befindet, soll der neue ZOB entstehen, also auf der Rückseite des künftigen Bahnhofs – von diesem allein durch die Gleise getrennt. Der von dort abfließende Busverkehr solle über die Julius-Leber-Straße Richtung Mühlenstraße geführt werden..
Der Fortfall von Parkplätzen am Steindammpark lässt Bedenken aufkommen
„Wir haben für diese Standortwahl auch Kritik gehört, dass dadurch zu viele Stellmöglichkeiten für Park-and-Ride-Teilnehmer wegfielen“, geht Jule Gehring auf mahnende Stimmen ein. „Wir werden ja auch für diese nach einer Ausgleichsfläche suchen, aber wohl deutlich kleiner.“ Und mit einem Blick auf das fast leere obere Parkdeck an einem normalen Freitagmittag: „Der jetzige Bau entspricht ja auch offenbar nicht dem tatsächlichen Bedarf an Parkraum.“
Den neuen Parkraum würden die Elmshorner indes nicht zwingend an selber Stelle einrichten, „auch wenn wir gar nicht die gesamte Fläche des jetzigen Parkdecks für den ZOB benötigen würden“, sagt Jule Gehring und weist darauf hin, dass in Elmshorn ja auch andere Bedürfnisse abzudecken seien.
Neben dem ZOB könnten auch Grünflächen statt Parkplätzen entstehen
„Die weiterhin zur Verfügung stehende Fläche könnte man auch anderweitig nutzen. Entweder als Grünfläche, Aufenthaltsqualitätsfläche – vielleicht auch in Kombination mit der bei Jugendlichen sehr beliebten Skaterbahn, für die sie sich einst sehr eingesetzt haben. Der ZOB muss in diesen Park passen“, führt Gehring aus. „Außerdem wäre es schon sehr charmant, wenn wir durch diese Neuregelung einiges an Busverkehr aus der schon recht dichten Wohnbebauung herausbekämen.“
Regional- und Stadtbusse sollen also künftig mit dem Bahnverkehr zusammenwachsen. Ein Bahnverkehr, der in den vergangenen Jahren zunehmend für die Verbindung zwischen Hamburg und Pinneberg nach Neumünster und Kiel an seine Grenzen gestoßen ist. Quantitativ und technisch. Gab es Probleme mit einem der drei Gleise, wurde Elmshorn fast automatisch damit zum „Flaschenhals“ – Regionalzüge verspäteten sich massiv oder fielen aus. Auch damit soll künftig Schluss sein, sagen Elmshorn und die Bahn.
Deutsche Bahn will Eisenbahnknoten Elmshorn grundlegend umgestalten
„Es ist beabsichtigt, den Eisenbahnknoten Elmshorn grundlegend umzugestalten. Durch den Ausbau kann der prognostizierte Mehrverkehr im Personennah-, Fern- und Güterverkehr in der Metropolregion Hamburg langfristig effizienter bewältigt werden“, erläutert eine Bahnsprecherin die Motivation für dieses große – nach Meinung vieler längst überfällige – Vorhaben.
Aus Bahnperspektive lauten die anstehenden Aufgaben zusammengenommen: „Das Projekt Ausbau Bahnhof Elmshorn umfasst die Anpassung des Spurplanes, also der Gleislage, innerhalb der Stadt Elmshorn mit zwei Güterüberholgleisen sowie die Errichtung von zwei Mittelbahnsteigen und eines Seitenbahnsteigs, den Bau einer zusätzlichen Personenunterführung, die Anpassung der bestehenden Personenunterführung an der Königstraße und den Bau eines neuen Empfangsgebäudes.“
Neue Gleise für Durchgangsverkehr und AKN werten den Bahnhof auf
Zwei Mittelbahnsteige? „Ja, der Bahnhof Elmshorn wird breiter werden“, sagt Jule Gehring. „Haben wir bis jetzt nur einen Doppelbahnsteig sowie den zum Steindammpark hin, an dem bislang nur ein Gleis liegt, soll jetzt auch neben diesem ein zweites Gleis verlaufen. Dann hätten wir also vier, die jeweils aus beiden Richtungen angefahren werden könnten.“
Damit nicht genug, erhält das Gleisquartett sogar noch ein kleines „Geschwisterchen“. Auch die AKN kommt bei der Neugestaltung ins Spiel. „Hier weiter nördlich an den Bahnsteigen soll auf der Seite des neuen Trassenverlaufs auch noch ein fünftes Gleis für die AKN hin.“ Alles natürlich mit Extras. „Sämtliche Bahnsteige werden dann auch mit einer Witterungsüberdachung versehen.“ Das sei die Stadt ihrem Bahnhof schuldig, sagt Gehring:. „Das ist schließlich der am drittstärksten frequentierte Bahnhof Schleswig-Holsteins.“
Eine endgültige Umsetzung aller Pläne ist nicht vor 2034 zu erwarten
Die Planungsphase ist noch lang, noch länger werde es dauern, bis der erste Spatenstich für das gesamte Vorhaben erfolge. Ein erstes Planfeststellungsverfahren ist wohl für 2027 absehbar. Und wenn sich alle Wünsche von Stadt und Bahn wie erhofft umsetzen lassen, soll um 2034 herum alles fertig sein.
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Bis dahin ist noch viel Fein- und Abstimmungsarbeit zu leisten. Niemand soll bei der Verkehrsplanung übergangen werden. „Jeder Verkehrsteilnehmer wird berücksichtigt“, betont Jule Gehring. „Aber Fußgänger, Radfahrer und ÖPNV-Nutzer sollen schon den kürzesten und komfortabelsten Weg beim Umsteigen haben; der motorisierte Individualverkehr soll es dagegen einen Tick unattraktiver haben.“
Umgestaltung des Bahnhofs mit neuem ZOB soll Gesamtentwicklung von Elmshorn fördern
Und diesen Tick gelte es auszuloten und auszureizen. „Wie viel Angebot und Nachfrage wollen wir als Stadt schaffen“, stellt Gehring die Grundsatzfrage, die in den kommenden Jahren die Arbeit ihres Amtes mitbestimmen werde. „Müssen wir künftig für alle potenziellen Autofahrer einen Parkplatz zur Verfügung haben, oder können wir uns auch als Stadt ganz bewusst dafür entscheiden, nur einen Teil an Autoparkplätzen zur Verfügung zu stellen?“
Alles dennoch nur ein Aspekt des großen Wandels, in dem sich Elmshorn gerade befinde, meint Gehring. Der Bahnhofsbau in der Berliner Straße eröffne neue Möglichkeiten für das Areal um Buttermarkt und Schauenburger Straße, das gerade entwickelt werde. „Wir versprechen uns durch diese Bauvorhaben auch eine Ansiedlung von Wohnraum, Gewerbe, Handel und Gastronomie in diesem Gebiet. Hier soll Leben einkehren.“