Kreis Pinneberg/Heide. Studie zeigt, dass die neue, riesige Batteriefabrik bis in den Kreis Pinneberg strahlen soll. Diesen Wert hat die Neuansiedlung.

Es ist die bisher größte geplante Industrieansiedlung in Schleswig-Holstein. Bis Ende der 2020er-Jahre wird sich Northvolt, ein schwedischer Batteriehersteller für Elektrofahrzeuge, bei Heide ansiedeln und dort direkt am Standort 3000 neue Arbeitsplätze schaffen. Doch die Strahlkraft, auch für den Kreis Pinneberg, soll weit darüber hinaus gehen.

Fast eine Milliarde Euro an jährlicher Wertschöpfung wird diese Batteriefabrik dann von 2029 an, wenn die Produktion voll anlaufen soll, allein der Westküstenregion durch weitere zusätzliche Arbeitsplätze, Kaufkraft, Konsum und Zulieferer einbringen, hat jetzt eine beauftragte Studie der Projektgesellschaft Norderelbe errechnet. Gut 105 Millionen Euro davon fließen in den Kreis Pinneberg – jedes Jahr, hat das CIMA Institut für Regionalwirtschaft in Hannover berechnet.

Northvolt: 1550 neue Arbeitsplätze sollen allein im Kreis Pinneberg dadurch neu entstehen

Rund 1550 neue Arbeitsplätze sollen demnach allein im Kreis Pinneberg durch Northvolt neu entstehen. Insgesamt würden es 11.764 zusätzliche Arbeitsplätze an der Westküste sein, von denen knapp zwei Drittel (7358) im Kreis Dithmarschen verbleiben. Neben den 3000 direkten am Standort der Fabrik würden 4358 weitere Arbeitsplätze indirekt durch Lieferanten, Gastronomie und andere Effekte zusätzlich dort entstehen.

Für Harald G. Schroers, Chef der kreiseigenen Wirtschaftsförderungsgesellschaft WEP, die zur Hälfte an der Projektgesellschaft Norderelbe mit Sitz in Itzehoe beteiligt ist, sind das sehr gute Nachrichten. Dass die Northvolt-Ansiedlung neben den 3000 unmittelbar Beschäftigten noch mal dreimal so viele indirekte neu schaffen werde, sei eine gute Botschaft für die Wirtschaft in der Region. Und dass der Kreis Pinneberg mit 1550 Arbeitsplätzen nach Dithmarschen am meisten davon profitieren soll, in dem mehr als jeder achte neue Arbeitsplatz hier entsteht, sei erst recht ein gutes Signal.

Maschinenbauer, Ingenieure, Lieferanten: Diese Branchen profitieren von Northvolt

Zwar würden im Kreis Pinneberg kaum direkte Arbeitsplätze neu geschaffen, weil die Fabrik bei Heide für Arbeitspendler wohl zu weit entfernt liegen dürfte, zitiert Schroers aus der Studie, die etwa 30.000 Euro gekostet habe. Aber hiesige Zulieferbetriebe bräuchten Maschinenbauer, Ingenieure, Lieferanten von Rohstoffen und Komponenten für die Batteriefabrik. Und es würden neue Betriebe entstehen vor allem entlang der A23, ist Schroers überzeugt.

WEP-Chef Harald G. Schroers:. „Wir haben hier die große Chance, Vorreiter für die Energiewende und den grünen Strom zu sein.“
WEP-Chef Harald G. Schroers:. „Wir haben hier die große Chance, Vorreiter für die Energiewende und den grünen Strom zu sein.“ © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Darum sollten vor allem die Städte und Gemeinden entlang dieser Autobahntrasse – also Halstenbek, Rellingen, Pinneberg, Tornesch und Elmshorn, aber auch Wedel und Quickborn – jetzt möglichst rasch zusätzliche Gewerbegebiete für dieses mögliche Wachstum an Arbeitsplätzen ausweisen, rät Schroers.

Die Kommunen sollten möglichst rasch zusätzliche Gewerbeflächen an der A23 ausweisen

Die WEP selbst habe am Businesspark Tornesch nur noch etwa einen Hektar Gewerbefläche zur freien Verfügung. Aber mittelfristig ließen sich an der A23 im Kreis Pinneberg 60 Hektar zusätzlich erschließen, so Schroers. Laut Studie 20 Hektar sogar kurzfristig.

„Die neue Batteriefabrik von Northvolt in Heide ist ein starkes Signal, von dem die Wirtschaft in ganz Schleswig-Holstein profitieren wird“, sagt Schroers. Als Windkraftland Nummer eins in Deutschland „sind wir ein Top-Standort für die Energiewende und für den wirtschaftliche Wandel. Das ist ein großes Pfund, mit dem das nördlichste Bundesland künftig wuchern kann.“

WEP-Chef Schroers: Die Westküste könnte Vorreiter für die Energiewende und grünen Strom sein

Neben der führenden Stellung in der Produktion regenerativer Energiequellen werde Schleswig-Holstein ein ganz wichtiger industrieller Standort für energieeffiziente Produkte werden, ist Schroers überzeugt. Wasserstoff als grüner Energieträger gehöre dazu. Und es würde einen enormen Imagegewinn für die Region bedeuten, glaubt Schroers. „Wir haben hier die große Chance, Vorreiter für die Energiewende und den grünen Strom zu sein.“

Damit steht der WEP-Chef nicht allein. Auch Paul Raab von der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Kiel mit Sitz in Elmshorn ist begeistert von den „positiven Aussichten“, die die 4,5-Milliarden-Euro Investition des schwedischen Konzerns der regionalen Wirtschaft bringen wird. „Die geplante Gigafactory von Northvolt in Heide zur Herstellung von Batterien wird erhebliche positive Auswirkungen auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in der Region Unterelbe und Westküste haben“, freut sich der Elmshorner IHK-Chef.

Elmshorns IHK-Chef Raab: Auch die Kommunen profitieren durch 30 Millionen Euro Steuereinnahmen

Aber nicht nur die Wirtschaft im Unterelberaum und der Westküste wird laut Studie einen kräftigen Schub durch die neue Batteriefabrik erhalten. Auch die Kommunen können sich auf zusätzliche Steuereinnahmen von 30 Millionen Euro pro Jahr aus Lohn-, Gewerbe- und Grundsteuer einstellen, betont IHK-Chef Raab. Allein die Gewerbesteuer würde um rund 22 Millionen Euro pro Jahr steigen, prognostiziert diese Westküsten-Studie.

Elmshorns IHK-Chef Paul Raab: Es müssen aber ausreichend Wohnungen, Kitas und Schulen gebaut sowie genügend Gewerbeflächen ausgewiesen und Arbeitskräfte angeworben werden, damit sich diese positiven Effekte für die Wirtschaft, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen ergeben können.  
Elmshorns IHK-Chef Paul Raab: Es müssen aber ausreichend Wohnungen, Kitas und Schulen gebaut sowie genügend Gewerbeflächen ausgewiesen und Arbeitskräfte angeworben werden, damit sich diese positiven Effekte für die Wirtschaft, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen ergeben können.   © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Wörtlich heißt es darin: „Im Jahr 2022 waren in der Region 245.129 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Um rund fünf Prozent würde sich dieser Wert (11.764 Arbeitsplätze) durch die Ansiedlung des Werks im Jahr 2029 erhöhen, wenn alle zusätzlichen Effekte zum Tragen kommen.“

Außer Gewerbeflächen werden Wohnungen, Kitas und Schulen für die Mitarbeiterfamilien gebraucht

Dazu gehören neben der Ausweisung neuer Gewerbegebiete auch andere „Herausforderungen“, die es für die Kommunen jetzt rasch zu bewältigen gelte, betont IHK-Chef Raab. „Diese bestehen zum Beispiel darin, die Daseinsvorsorge zu gewährleisten, also zum Beispiel ausreichend Wohnungen, Kitas und Schulen zu bauen. Gewerbeflächen müssen ausgewiesen und Arbeitskräfte angeworben werden.“

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Raab warnt aber zugleich: „Sollten allerdings wettbewerbsfähige Energiekosten und eine ausreichende Verkehrsinfrastruktur bis 2029 nicht zur Verfügung stehen, könnten rund 30 Prozent der Arbeitsplätze weniger entstehen.“

Und Pinnebergs Landrätin Elfi Heesch, die zugleich den Lenkungsausschusses der Regionalen Kooperation Westküste leitet, sagt: „Für die weitere Entwicklung der Region Westküste ist es wichtig, eine Einschätzung zu den regionalwirtschaftlichen Effekten aus den Ansiedlungsvorhaben rund um die Northvolt-Fabrik zu erhalten. Wir haben uns frühzeitig mit diesen wichtigen Fragestellungen beschäftigt, um die zukünftigen Bedarfe besser erkennen zu können.“