Kreis Pinneberg. Kreis verliert vorzeitig den Chef der Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Seine Verdienste, seine Beurteilung - und was er nun vorhat.

Der Kreis Pinneberg muss sich einen neuen ersten Wirtschaftsförderer suchen. Denn Harald G. Schroers, der seit fast 18 Jahren die Wirtschaftsförderungsgesellschaft WEP mit ihren zwölf Mitarbeitenden in Tornesch-Ahrenlohe leitet, hört auf eigenen Wunsch Ende April auf. „Dann bin ich 65 Jahre alt.“

Sein Auftrag an der Spitze der WEP sei weitgehend erfüllt, sie soll die jetzt anstehenden Aufgaben mit frischem Wind von außen angehen. Er selber möchte sich ins Private zurückziehen, erklärt der gebürtige Hesse. Darum gehe er etwa ein Jahr früher in Rente und beende auch seinen Vertrag bei der WEP etwa 15 Monate vor dem regulären Ablauf. Er möchte seinen Ruhestand mit seiner Frau noch ein paar Jahre gesund genießen, sagt Schroers.

WEP-Chef hört auf: Schroers möchte Ruhestand noch lange gesund verbringen

„Man weiß ja nicht, was kommt.“ Wenn er heute seinen Garten umgrabe, brauche er schon ein Wochenende dafür. „Es ist die Summe von Kleinigkeiten.“ Und der Job bei der WEP verlange viel Einsatz ab. „Der Druck ist immer wieder da, man steht ständig unter Strom“, sagt Schroers.

Für den Kreis Pinneberg habe sich Schroers „absolut verdient gemacht“, würdigt Elmshorns Bürgermeister Volker Hatje als stellvertretender Vorsitzender des WEP-Aufsichtsrates dessen fast 20-jähriges Wirken. Als Schroers damals anfing, sei die WEP in finanzieller Schieflage gewesen, erinnert Hatje.

Hatje: Schroers hat sich verdient gemacht und das Verhältnis zu den Kommunen entspannt

Mit etwa 30 Millionen Euro war die Gesellschaft verschuldet. Der Kreis Pinneberg musste etwa 13 Millionen Euro zusätzlich aufwenden und kaufte bis 2012 die privaten Gesellschafter heraus. Heute ist die WEP ein kerngesundes Unternehmen. Sie ist nicht nur schuldenfrei, sie hat auch eine zweistellige Millionensumme für Investitionen auf der hohen Kante.

Aber Schroers habe die WEP nicht nur „wieder auf gesunde Beine gestellt“, sagt Hatje. „Ihm ist es gelungen, das fast zerrüttete Verhältnis zwischen der WEP und den Kommunen im Kreis zu entspannen. Vorher waren wir Konkurrenten, jetzt arbeiten wir bei der Wirtschaftsförderung vertrauensvoll und eng zusammen“, lobt Hatje.

Eine „Meisterleistung“: Als Einzelkämpfer hätte keine Stadt im Kreis Pinneberg eine Chance

„Das war eine Meisterleistung von Harald Schroers. Als Einzelkämpfer hätte keine Stadt im Kreis Pinneberg eine Chance, groß auf sich aufmerksam zu machen. „Aber alle zusammen sind wir eine Nummer“, sagt Hatje, der „großen Respekt“ dafür habe, dass Schroers vorzeitig aufhören möchte.

Schon bei seinem Amtsantritt im April 2006 sagte Schroers: „Das Kirchturmdenken in der Wirtschaftspolitik muss aufhören. Zusammenarbeit, Netzwerke sind gefragt. Das schont den Flächenverbrauch, senkt die Zinsbelastung der Haushalte und lässt die Chancen steigen, Preise zu erzielen, die für alle Beteiligten in einem vertretbaren Rahmen bleiben.“

2018 wurde die Kommunalholding der WEP mit zehn Städten und Gemeinden gegründet

Unter Schroers´ Regie ist 2018 die Kommunalholding der WEP entstanden, an der der Kreis Pinneberg zu 76,5 Prozent beteiligt ist. Die anderen 23,5 Prozent der Anteile halten die Kommunen Barmstedt, Elmshorn, Halstenbek, Heede, Helgoland, Pinneberg, Quickborn, Rellingen, Tornesch und Wedel.

Hatje ist einer der beiden Vertreter der Städte im Aufsichtsrat. Der zweite ist der Bürgermeister Pinnebergs. Die anderen sieben Aufsichtsräte stellt der Kreis Pinneberg. Dessen Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses, Torsten Hauwetter, leitet den Aufsichtsrat der WEP. Auch Hauwetter lobt Schroers‘ Arbeit: „Das war eine ausgezeichnete Sanierungs- und Entwicklungsleistung, für die ich Herrn Dr. Schroers schon jetzt meinen Dank aussprechen möchte.“

In Quickborn entsteht der erste CO2-freie Gewerbepark in ganz Norddeutschland

Schroers, der vor seiner Zeit bei der WEP die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Region Bergstraße in Hessen, zwischen Darmstadt, Mannheim und Heidelberg geleitet hat, betont, dass die WEP heute „eine Fullservice-Gesellschaft“ sei. Sie biete Grundstücksentwicklung für Gewerbebetriebe an, fördere Existenzgründer und betreibe Standort- und regionales Marketing mit der Projektgesellschaft Norderelbe in Itzehoe, an der die WEP zu 50 Prozent beteiligt ist.

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Zurzeit habe die WEP noch etwa 25 Hektar erschlossene Gewerbeflächen im Angebot. Davon allein befinden sich etwa 20 Hektar im EQ-Businesspark in Quickborn, nahe der A7-Auffahrt. Dort entsteht gerade das erste Gewerbegebiet Norddeutschlands, das ganz ohne CO-2-Ausstoß auskommt und auf fossile Brennstoffe verzichtet.

„Wir stehen gerade in Verhandlungen mit Investoren“, erklärt Schroers. Er hoffe, dass demnächst das erste Grundstück verkauft sei. Vor allem seien es Handwerksbetriebe aus der Region, die sich dort ansiedeln und „klimafreundlich bauen, produzieren und arbeiten wollen“, erklärt Schroers. Der Verkaufspreis beträgt 169 Euro je Quadratmeter Fläche.

Eröffneten im vorigen Jahr feierlich den neuen innovativen und klimafreundlichen EQ Businesspark in Quickborn nahe der Autobahn 7: Landrätin Elfi Heesch (von links), Bürgermeister Thomas Beckmann, Minister Claus Ruhe Madsen und WEP-Chef Harald G. Schroers.
Eröffneten im vorigen Jahr feierlich den neuen innovativen und klimafreundlichen EQ Businesspark in Quickborn nahe der Autobahn 7: Landrätin Elfi Heesch (von links), Bürgermeister Thomas Beckmann, Minister Claus Ruhe Madsen und WEP-Chef Harald G. Schroers. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Schroers, der die ersten fünf Jahre seiner Amtszeit auch noch für die Wirtschaftsförderung des Nachbarkreises Segeberg zuständig war, hat auch das Gründer- und Technologiezentrum auf den Weg gebracht. Das soll jetzt in Wedel realisiert werden. Die Stadt an der Elbe hatte sich voriges Jahr in einem komplexen Auswahlverfahren gegen Pinneberg und Elmshorn durchgesetzt. Außerdem sei die Image-Kampagne für den Kreis Pinneberg so gut wie fertig ausgearbeitet, mit der der Kreis Pinneberg künftig Investoren und Fachkräfte anlocken möchte, beschreibt der Noch-WEP-Chef ein weiteres Projekt, das er federführend angeschoben hat.

Es wird bereits ein Nachfolger für den mit etwa 150.000 Euro dotierten Job gesucht

Mit der Suche eines Nachfolgers oder einer Nachfolgerin beschäftige sich der Aufsichtsrat bereits seit einer Weile, sagt Vorsitzender Hauwetter. Eine Personalberatung sei beauftragt und eine Findungskommission gebildet worden. „Wir hoffen, dass wir in den nächsten Wochen eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger vorstellen können. Gegebenenfalls muss Herr Dr. Schroers noch einige Monate anhängen“, sagt Hauwetter. Der Job ist mit etwa 150.000 Euro Jahresbruttogehalt dotiert.

Landrätin Elfie Heesch, die die Gesellschafterversammlung der WEP leitet, sagt zu seinem vorzeitigen Ausscheiden: „Wir hätten gerne weiter mit Herrn Dr. Schroers gearbeitet, müssen aber auch seine Gründe für eine vorzeitige Beendigung akzeptieren. Wir wünschen ihm auf jeden Fall Gesundheit und alles erdenklich Gute für seinen weiteren Weg.“