Kreis Pinneberg/Schleswig-Holstein. In Schleswig-Holstein liegen Pünktlichkeit und Komfort bundesweit ganz hinten. Jetzt werde massiv in Bahnhöfe und Gleise investiert.
Lange angekündigt, nun soll es losgehen: Das Schienennetz in Schleswig-Holstein soll in den nächsten Jahren umfassend saniert werden. Am Donnerstag haben das Land Schleswig-Holstein und die Deutsche Bahn (DB) den dazugehörigen, umfassenden Sanierungsplan vorgestellt. Er zeige die Verbesserungen des Schienennetzes und der Bahnhöfe bis zum Jahr 2030 auf.
Im Hinblick auf die Bahnhöfe ist in Pinneberg das vielleicht sichtbarste Zeichen schon seit Jahren zu bestaunen - dabei ist der Bahnhofsumbau nicht mal Teil des neuen Zehn-Punkte-Plans. Der Bahnhof der Kreisstadt wird schon seit 2018 umfassend erneuert. Gleise, Bahnsteige, Dächer, Unterführung und Umfeld - kein Stein blieb bei dem Millionenprojekt auf dem anderen. Alles mit dem Ziel, den stark frequentierten Knotenpunkt attraktiver zu machen. Im kommenden Jahr soll alles fertig sein, denn als letztes wird das historische Empfangsgebäude denkmalschutzgerecht saniert.
Deutsche Bahn: So sollen die Züge im Norden besser rollen
Nun wollen das Land, der Bund und die DB „massiv“ in die Schiene im Norden investieren, heißt es. Dazu gehöre auch die Marschbahn von Hamburg über Pinneberg und Elmshorn nach Sylt. Neben großen Bau-Projekten wie der S4 zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein sowie der Anbindung der Fehmarnbeltquerung arbeiten die DB und das Land an diesen zehn Maßnahmen im 1123 Kilometer langen Netz, das auf 137 Bahnhöfen etwa 40 Millionen Reisende jährlich abfertigt:
1. Ausbau der Marschbahn: Die Planungen für den zweigleisigen Ausbau zwischen Niebüll und Klanxbüll (Festland) sowie zwischen Morsum und Tinnum (Sylt) laufen auf Hochtouren. Durch den Ausbau soll auf der überlasteten Strecke ein leistungsfähiger und zuverlässiger Nah-, Fern- und Güterverkehr zwischen der Nordseeinsel und dem Festland ermöglicht werden. Die Vorplanung soll bis zum Ende des Jahres abgeschlossen sein. Im Anschluss gibt es die Parlamentarische Befassung. Zusätzlich finden auf der Marschbahn Instandhaltungsmaßnahmen statt. Von März bis Mai werden in Tinnum auf knapp zwei Kilometern die Gleise erneuert. Im Dezember sind Gleisarbeiten und die Erneuerung eines Bahnübergangs zwischen Morsum und Keitum geplant. Im südlichen Bereich der Marschbahn werden zwischen Elmshorn und Glückstadt die Gleise erneuert.
2. Neue Stellwerkstechnik an der Küste: In Westerland auf Sylt sowie in Niebüll und Tönning ersetzt die DB alte Stellwerke durch neue Elektronische Stellwerkstechnik. Dies sei ein entscheidender Baustein für einen leistungsfähigen und stabilen Zugbetrieb. Die Stellwerke Westerland und Tönning gehen Mitte und Ende März in Betrieb, das neue Werk in Niebüll voraussichtlich bis Ende 2026. Künftig werde der gesamte Zugverkehr entlang der nördlichen Westküste aus dem zentralen Stellwerk in Husum gesteuert und überwacht werden.
Schleswig-Holstein bekommt weltweit erstes größeres Netz für Akku-Züge
3. Ausbau der Strecke Kiel-Preetz: In mehreren Bauabschnitten wird die rund 80 Kilometer lange Strecke zwischen Kiel und Lübeck modernisiert. Ziel sei, die Fahrtzeit zwischen den beiden größten Städten im Norden zu verkürzen und das Zugangebot zu erhöhen. Aktuell stehe der Ausbau des Abschnitts zwischen Kiel und Preetz, der 2026 in Betrieb gehen soll, im Fokus. Dabei sollen auch drei zusätzliche Haltestellen gebaut (Schwentinental-Gutenbergstraße, Preetz Nord, Preetz-Krankenhaus) und zwei weitere ertüchtigt werden (Elmschenhagen, Preetz).
4. Ausbau der Akku-Ladeinfrastruktur: Schleswig-Holstein bekommt das erste größere Netz weltweit, in dem Akkuzüge für den Regionalverkehr eingesetzt werden. Auf etwa 460 Kilometer Strecke werden mit der Nah.SH künftig 55 Triebwagen mit E-Antrieb statt Dieselfahrzeuge eingesetzt. So werden bis zu zehn Millionen Liter Diesel eingespart. 68 Prozent aller Strecken in Schleswig-Holstein werden bis Ende 2024 elektrisch befahren. In Heide sollen die Oberleitungsinseln für die Akkuzüge im Februar in Betrieb gehen, es folgen Husum und Tönning sowie Kiel.
Zwischen Tornesch und Elmshorn werden Gleise erneuert
5. Northvolt-Anbindung: Das Land Schleswig-Holstein, die NAH.SH und die Deutsche Bahn bilden eine neue Projektorganisation, um den Schienenausbau für die Northvolt-Anbindung voranzutreiben. Für den Güterverkehr rechnen DB und Land mit einem Bedarf von bis zu zwölf Zugpaaren täglich von und nach Heide. Im Fokus steht eine Ertüchtigung der Strecke Heide - Neumünster.
6. Strecken-Erneuerung Hamburg-Kiel: Die viel befahrene Strecke soll modernisiert werden und für Pendler und Touristen einen zuverlässigeren Zugverkehr schaffen. Zwischen Elmshorn und Tornesch werden dafür in diesem Jahr Gleise erneuert, ebenso in Neumünster. In Bordesholm werden neue Weichen verbaut. Zwischen Brokstedt und Neumünster errichtet die DB neue Lärmschutzwände. Zwischen Dauenhof und Wrist werden Bahnübergänge erneuert.
7. Sanierung der Strecke Hamburg-Lübeck: Bis Ende des Jahres dauern auf der Strecke zwischen Ahrensburg und Bad Oldesloe umfangreiche Bauarbeiten unter dem rollenden Rad. Wegen der Gleisbauarbeiten und der S4 kommt es im Sommer und im Herbst deshalb zu mehrtägigen Sperrungen zwischen Hamburg und Lübeck. Im zweiten Halbjahr 2027 ist die Generalsanierung der Strecke geplant.
Deutsche Bahn: Diese Bahnhöfe sollen in den kommenden Jahren schöner werden
8. Arbeiten zwischen Neumünster und Flensburg: Ebenfalls in diesem Jahr gehen die Gleisarbeiten zwischen Neumünster und Flensburg weiter, mit Gleisarbeiten im Bereich der Rendsburger Hochbrücke und einem neuen Bahnübergang zwischen Jübek und Flensburg Weiche.
9. Schönere Bahnhöfe: Die DB und das Land investieren massiv in die Modernisierung etlicher Bahnhöfe im Norden. Auf dem Plan stehen alle Bahnhöfe der Strecke nach St. Peter-Ording, die barrierefrei ausgebaut werden sollen. In diesem Jahr werden auch die Bahnsteige in Neustadt (i.H.) und Sierksdorf erneuert, die Bahnsteige in Schwarzenbek bekommen ebenfalls eine Schönheitskur und ein Bahnsteigdach, um Fahrgästen einen besseren Wetterschutz zu bieten. 2025 beginnt der Neubau der Station Bad Oldesloe Ost. Ab 2026 ist die Modernisierung etlicher Empfangsgebäude geplant, etwa in Flensburg und Kiel. Ab 2027 sollen die Bahnhöfe in Neumünster, Husum, Westerland und Bordesholm modernisiert werden. 2027 beginnt zudem der Neubau der Haltestelle Büdelsdorf. Bis 2029 soll das denkmalgeschützte Empfangsgebäude in Rendsburg saniert werden.
10. Korridor nach Dänemark: Im Norden werden in Schleswig-Holstein auf der Strecke von Maschen über Neumünster bis zur dänischen Grenze bis 2027 fünf neue elektronische Stellwerke gebaut und anschließend mit „ETCS“ („European Train Control System“) ausgestattet. Diese Technik bedeutet die Einführung eines einheitlichen europäischen Zugsicherungssystems. Über die Ländergrenzen Europas hinweg soll der Zugverkehr einfacher und schneller rollen. Dafür baut die DB InfraGO AG jetzt fünf Stellwerke: Schleswig, Owschlag, Rendsburg, Osterrönfeld und Wrist. Damit werde der Grundstein für die „Digitale Schiene Deutschland“ im Norden auf der wichtigen europäischen Güterzug-Strecke von Skandinavien bis Süddeutschland gelegt Die neue Stellwerkstechnik soll die Bestandsstrecke deutlich weniger störanfällig machen.
„Ich hoffe, dass Schleswig-Holstein sehr schnell den bundesweit letzten Platz verliert“
Philipp Nagl, Vorstandsvorsitzender der DB InfraGO AG, sagt zum Plan „Qualität und Pünktlichkeit sind in Schleswig-Holstein seit Längerem nicht so, wie sie sein sollen. Das ist absolut unbefriedigend für Eisenbahnverkehrsunternehmen, Kunden, Reisende und auch für uns und unsere Mitarbeitenden. Mit dem Zehn-Punkte-Plan werden die Züge wieder pünktlicher und zuverlässiger.“
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Tobias von der Heide, Verkehrs-Staatssekretär Schleswig-Holstein, ergänzt: „Ich hoffe sehr, dass das Bahnnetz in Schleswig-Holstein sehr schnell den bundesweit letzten Platz für den schlechtesten Zustand verliert. Die derzeit niedrigen Pünktlichkeitsquoten sind für alle Fahrgäste sehr belastend. Daher freue ich mich, dass die DB jetzt eine Sanierungsoffensive starten wird.“