Kreis Pinneberg. In Pinneberg sprach der CDU-Europaabgeordnete McAllister. Warum er hofft, dass das Eröffnungsspiel der Fußball-EM unentschieden endet.

Er ist ein Europapolitiker durch und durch. Jetzt hielt der Europaabgeordnete David James McAllister auf dem CDU-Neujahrsempfang ein leidenschaftliches Plädoyer für ein geeintes Europa. Vor den etwa 120 Gästen aus Politik, Wirtschaft, Vereinen und Verbänden im großen Saal des Pinneberger Hotels Cap Polonio warb der ehemalige Ministerpräsident von Niedersachsen (2010 bis 2013) für die Europawahl am 9. Juni.

McAllister hat die europäische Aussöhnung in der Nachkriegszeit gewissermaßen in der eigenen Familie erlebt. Seine deutsche Mutter habe sich direkt nach der Schule 1942 als 18-Jährige im Lazarett um verkrüppelte und traumatisierte Wehrmachtssoldaten kümmern müssen, erzählte er. Sein schottischer Vater war 1944 an der Landung der alliierten Truppen in der Normandie beteiligt. „Es ist ein Geschenk des Himmels, dass Deutschland nach den beiden Weltkriegen und der Nazi-Herrschaft so schnell wieder in die zivilisierte Völkergemeinschaft aufgenommen wurde“, begann er seinen rhetorischen Europa-Ausflug.

David McAllister: Ich wünsche mir ein Unentschieden für das Eröffnungsspiel der Fußball-EM

Er beleuchtete aber nicht nur die politische, sondern auch die ebenso wichtige gesellschaftliche Seite. So werde in diesem „Super-Sportjahr 2024“ zwischen Handball-EM und Olympischen Spielen in Paris am 14. Juni in München die Fußball-Europameisterschaft eröffnet. „Da spielen die sympathischsten Länder gegeneinander“, Deutschland gegen Schottland, sagte der Politiker, der seit zehn Jahren im Europaparlament zur EVP-Fraktion gehört. Insgeheim wünsche er sich ein Unentschieden, bekannte McAllister, der der erste und bislang einzige Ministerpräsident mit zwei Staatsbürgerschaften ist.

David James McAllister: Das Eröffnungsspiel der Fußball-Europameisterschaft am 14. Juni in München bestreiten die beiden sympathischsten Länder, Schottland und Deutschland. Ich wünsche mir insgeheim ein Unentschieden.
David James McAllister: Das Eröffnungsspiel der Fußball-Europameisterschaft am 14. Juni in München bestreiten die beiden sympathischsten Länder, Schottland und Deutschland. Ich wünsche mir insgeheim ein Unentschieden. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Die Europäische Union habe allen 27 Mitgliedsstaaten wirtschaftlichen Wohlstand gebracht, vor allem Deutschland, sagte McAllister. Für die 450 Millionen Menschen in diesen Ländern sei es geradezu ein Segen, überall leben, arbeiten und studieren zu können. Und dabei nahezu ohne Passkontrollen die Grenzen passieren zu können. Diese großen gesellschaftlichen Errungenschaften gelte es unbedingt zu erhalten und weiter auszubauen, forderte der CDU-Politiker.

„Die Demagogen von rechts müssen gestellt und inhaltlich bekämpft werden“

Darum müsse den Demagogen von rechts unbedingt Einhalt geboten werden, sagte er. Wenn führende AfD-Politiker hierzulande einen Austritt Deutschlands aus der EU nach dem britischen Brexit-Vorbild oder gar ein Sterben der Europäischen Union forderten, ist das nach seinem Verständnis bereits Nazi-Jargon aus den 1930er Jahren. „Wir müssen solche Politiker stellen und inhaltlich bekämpfen“, sagte McAllister. Die jahrelange Strategie, die AfD zu ignorieren, habe sich als falsch erwiesen.

Es sei aber richtig, dass die EU vor großen Herausforderungen stehe. Die zahlreichen Krisen der Finanzen, Flüchtlinge, Corona und jetzt die Kriege in der Ukraine und im Gaza-Streifen setzten den demokratischen Parteien zu und gäben den rechtsextremen Parteien in mehreren europäischen Ländern Auftrieb. Die „unkontrollierte Migration nach Europa“ müsse aufhören, sonst würde diesen nationalistischen Strömungen nicht Einhalt zu bieten sein, ist McAllister überzeugt. „Wir müssen entscheiden, wer zu uns kommt und wer bleiben darf.“

Brüsseler Abgeordneten spotteten über rechtswidrigen Haushalt der Ampel

Wobei sich Deutschland hüten sollte, sich immer als Klassenprimus aufzuspielen. In Brüssel hätten seine Kollegen aus anderen Ländern mit Hohn und Spott reagiert, als jetzt das Bundesverfassungsgericht den Haushalt der Ampel-Regierung für verfassungswidrig erklärte. Ausgerechnet Deutschland, das anderen Ländern so gerne erkläre, wie sie sparen und wofür sie ihr Geld ausgeben sollten, hatte einen „rechtswidrigen Haushalt“, schmunzelten diese. „Ihr macht zu viele Schulden?“, fragten sie ihn spöttisch. „Und euer Sondervermögen von 100 Milliarden für die Bundeswehr sind keine Schulden?“

Er wünsche sich endlich wieder eine engere Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich, sagte McAllister. Die beiden größten Länder der EU könnten und sollten der Motor für eine eigene, europäische Sicherheitspolitik sein. „Wirtschaftlich ist die EU ein Riese, aber außenpolitisch bleibt sie weit unter ihren Möglichkeiten. Da ist sie nur eine Soft-Power“, sagte der Europaabgeordnete. „Nur global payer und nicht global player.“ Wenn sich Frankreich und Deutschland einig wären, könnten sie gemeinsam die anderen davon überzeugen, eine europäische Armee aufzubauen, um endlich unabhängiger von den USA im Nato-Bündnis zu sein.

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Enge deutsch-französische Zusammenarbeit ist wünschenswert

„Doch in der deutsch-französischen Zusammenarbeit ist nicht viel los“, bedauert McAllister. Das Verhältnis zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron scheine eher zerrüttet zu sein. Daran habe die Einladung des Hamburgers an seinen französischen Kollegen zum Fischbrötchen an der Elbe nicht viel ändern können. Im Gegenteil, mutmaßt der CDU-Politiker und zeigte sich enttäuscht, dass aus der jetzigen Bundesregierung „keine einzige Idee kommt, wie es in Europa weitergehen soll“. Europapolitik sei nur „eine Leerstelle“ im Berliner Ampelsystem.

CDU-Kreisvorsitzender Christian von Boetticher: Wir gehen heute alle europäisch beseelt nach Hause. Foto: Fuchs
CDU-Kreisvorsitzender Christian von Boetticher: Wir gehen heute alle europäisch beseelt nach Hause. Foto: Fuchs © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Wenn einer im Saal ihm ein einziges Projekt der Bundesregierung dazu nennen könnte, würde er alle zum Freibier einladen, sagte McAllister und konnte sein Portemonnaie in der Tasche lassen. Es meldete sich niemand. Stattdessen bekam der Europapolitiker großen Applaus von den Zuhörern, unter denen auch Mitglieder und Bürgermeister anderer Parteien waren. „Es hat Tradition und ist uns wichtig und richtig, auch die politischen Mitbewerber zu unserem Neujahrsempfang einzuladen“, sagte CDU-Kreisvorsitzender Christian von Boetticher bei der Begrüßung.

Gastredner bekam leckere Kekse aus dem Kreis Pinneberg

Seinem halbschottischen Gastredner aus der Nähe von Cuxhaven schenkte er Blumen und Kekse aus dem Kreis Pinneberg, die ähnlich gut schmecken würden wie die im schottischen Hochland. „Durch deine bemerkenswerte Rede gehen wir heute alle europäisch beseelt nach Hause“, sagte von Boetticher begeistert.