Appen-Etz. Durch die Rubrik „Realer Irrsinn“ erlangte der Pfusch an einem Appener Haltepunkt bundesweite Bekanntheit. Jetzt wurde gehandelt.
Am Ende wird dann wohl doch alles gut, selbst beim realen Irrsinn: Denn nun ist die als Satire-Bushaltestelle in Appen-Etz bekannt gewordene Haltestation im Kreis Pinneberg so umgebaut worden, wie sie bereits vor zwei Jahren hätte angelegt werden sollen: behindertengerecht und barrierefrei. Wegen des Planungspfuschs hatte es die Haltestelle vor dem Heidekrug in Appen zuvor in die NDR-Satiresendung „extra 3“ geschafft.
Seit kurzem ist sie nun zu einer Seite so abgeflacht worden, dass Rollstuhlfahrer und Menschen, die auf einen Rollator angewiesen sind, sicher die Rampe rauf und runter kommen können. Auf der anderen Seite, in südwestlicher Richtung, ist nun ein Absperrgitter angebracht worden, sodass von dieser Seite die Haltestelle nicht erreicht werden kann.
Extra-3-Sendung hatte die Fehlplanung als realen Irrsinn bezeichnet
„Wir haben dieses Gitter jetzt anbringen lassen, damit dort kein Rollstuhlfahrer oder ein Senior mit seinem Rollator herunterfallen kann“, erklärt Bürgermeister Hans-Peter Lütje. Die Fahrgäste könnten jetzt gefahrlos die Rampe von der nordöstlichen Seite empor laufen. „Da ist die Steigung jetzt sogar geringer als die nach der DIN-Norm vorgeschriebenen sechs Prozent“, erklärt der Bürgermeister.
Mit dem vorherigen Umbaustand war die Bushaltestelle in der Gemeinde Appen bundesweit in die Schlagzeilen geraten. Der NDR hatte sie nach ihrer Fertigstellung vor etwa zwei Jahren in der Satiresendung „Extra 3“ in der Rubrik „realer Irrsinn“ aufgespießt und öffentlich gemacht. Denn die nagelneue Haltestelle war mit einem Steigungswinkel von zehn Grad für gehbehinderte und eingeschränkte Menschen, die auf Hilfsmittel angewiesen sind, kaum zu erreichen beziehungsweise nicht gefahrlos zu betreten.
Die zu steil errichtete Bushaltestelle heißt auch noch Rollbarg
„Man kann nur mit angezogener Handbremse fahren“, sagte eine Anwohnerin da in die Fernsehkamera. „Und selbst dann rutscht der Rollator von alleine weiter“, ärgerte sich die Rentnerin über den Schildbürgerstreich der beauftragten Baufirma. Die Aufpflasterung der Haltestelle war notwendig, damit die Rollstuhlfahrer und Rollator-Nutzerinnen barrierefrei in den Bus einsteigen könnten. Das war jetzt möglich. Dafür mussten sie aber nun aufpassen, dass sie die abschüssige Rampe nicht zu schnell herunterrollten.
Dass die Haltestelle, die die Buslinien 594 und 395 (beide Pinneberg – Wedel) auf ihren Strecken nutzen, auch noch „Rollbarg“ heißt, passte zu gut in diese humorvolle Story, über die die Betroffenen aber wohl kaum lachen mochten.
Dem Bürgermeister ist die Sache immer noch peinlich
Nun ist dieses Ärgernis endlich behoben worden, freut sich Bürgermeister Lütje. Eigentlich hätte das schon im Herbst geschehen sollen, sei dann aber aus Witterungsbedingungen wieder verschoben worden. Er möchte am liebsten gar nicht mehr darauf angesprochen werden, sagt Lütje.
Zu peinlich empfand er wohl die plötzliche Popularität seiner Gemeinde in den Medien. Der NDR habe sich den Umbau auch schon angesehen, sagt er. „Aber diesmal war es das Schleswig-Holstein-Magazin“, sagt er erleichtert. „Wir hoffen, dass da jetzt Ruhe reinkommt.“
Die neue Haltestelle hat die Gemeinde netto etwa 40.000 Euro gekostet
Die neue Haltestelle habe die Gemeinde insgesamt rund 60.000 Euro gekostet, sagt Lütje. Der Kreis Pinneberg habe aus den Nahverkehrsförderung 22.000 Euro dazu beigesteuert. Wer für die Fehlplanung des Rampenanstiegs letztlich verantwortlich war, lässt sich nicht mehr genau klären. Die Gemeinde war es jedenfalls nicht, betont Lütje. „Wir sind ja nicht die Baufachleute.“
- Einmaliger Seniorenwohnpark in Schenefeld: Was Älteren dort geboten wird
- In Sachen Barrierefreiheit gibt es im Kreis noch viel zu tun
- Streik im HVV: „Wertschätzung fehlt“ - warum Busfahrer in Pinneberg streiken
Aber so richtig behindertengerecht ist die Bushaltestelle nach wie vor nicht. Denn eine sichere Straßenquerung von der Haltstelle Heidekrug über die viel befahrene Wedeler Chaussee (Landesstraße 105) gibt es weiterhin nicht. „Wir hätten uns dort einen Zebrastreifen gewünscht“, erklärt Lütje. „Das hat aber die Verkehrsbehörde des Kreises Pinneberg abgelehnt.“ Begründung: Es würden zu wenige Menschen dort über die Straße wollen. Unter den gegebenen Umständen wäre das zurzeit wohl auch eher lebensgefährlich.