Elmshorn. Ehemalige Juristin aus Elmshorn krempelt nach Schicksalsschlag ihr Leben um. Nun ist sie Expertin für gesunde Ernährung. Ihre Tipps.
Viel Arbeit, wenig Schlaf, Fast Food und Süßes – all das wirbelt unseren Körper so richtig durcheinander. Die Folge: Er wird sauer – mit reduziertem Stoffwechsel, fehlenden Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen. Wie wir mit gesunder, sprich basischer Ernährung aus Obst, Gemüse, Salat, gute Ölen, Nüssen, Vollkornprodukten und vielem mehr zurück in die Balance finden können, erklärt die Elmshorner Dipl. Ernährungs- und Diättherapeutin Petra Michel (61) im Interview.
Hamburger Abendblatt: Petra Michel, fangen wir bei Ihnen an: Nach 30 Jahren als Juristin arbeiten Sie heute als Spezialistin für gesunde Ernährung. Wie kam es zu diesem Wendepunkt in Ihrem Leben?
Petra Michel: Vor einigen Jahren erkrankte ich schwer. Das ließ mich über mein Leben nachdenken. Ich habe mich gefragt: Was kann ich ändern? Und fing an, mich bewusst mehr zu bewegen und meine Ernährung umzustellen. Daraus ist mein Lebensthema geworden: Ich möchte Menschen dabei unterstützen, die gesündeste und glücklichste Version von sich selbst zu werden. Und ich habe mich beruflich darauf spezialisiert, ihnen die stärkende Kraft einer basischen Ernährung zu vermitteln. Mit dem Ziel, den Säure-Basen-Haushalt in Einklang und wieder mehr Energie ins Leben zu bringen.
Was ist der Säure-Basen-Haushalt?
Das ist eines der wichtigsten Regulationssysteme unseres Organismus. Um das Verhältnis von Säuren und Basen in einem gesunden Gleichgewicht zu halten, verfügt unser Organismus über ein komplexes Gefüge von sogenannten Puffersystemen.
Warum sollte uns das Thema interessieren?
Dazu hole ich ein wenig aus: Neben einer Ernährung, die immer mehr von Fertigprodukten, künstlichen Aromen, Zusatzstoffen, Weichmachern und tierischen Produkten geprägt ist, haben wir verlernt, ursprüngliche, gesunde Nahrung vom Feld oder aus dem Garten zuzubereiten. Hinzu kommen Druck, Stress, wenig Bewegung, Umweltgifte, Krankheiten, Medikamente. All das im Übermaß macht uns sauer. Der Körper weiß irgendwann nicht mehr, wohin mit all den Giftstoffen, wie Harnsäureablagerungen in den Gelenken, die zu Gicht führen können oder Ablagerungen an den Wänden der Blutgefäße, deren Folge Arteriosklerose sein kann. Auch die Bauchspeicheldrüse beginnt irgendwann, nicht mehr so richtig zu arbeiten – ein Vorläufer für Diabetes.
Wie können wir mit basischer Ernährung zurück in die Balance kommen?
Der Sinn der basischen Ernährung liegt darin, die richtigen Nahrungsmittel zu nehmen. Obst – wegen des Fruchtzuckers nur eine Handvoll – und reichlich Gemüse gehören dazu. Gerade Gemüse enthält viele Vitamine und Mineralstoffe. Die Mineralstoffe benötigt unser Organismus, um die Säuren zu neutralisieren und abzubauen. Vor allem Frauen in den Wechseljahren brauchen diese ganz besonders, um den beginnenden Knochenabbau zu verlangsamen. Gesunde Fette und Eiweiß sind wichtig! Nussöle im Salat beispielsweise sind eine hochwertige Fettquelle.
Wie lässt es sich gesund in den Morgen starten?
Mit einem basischen Frühstücksbrei aus Buchweizen, gekeimten Haferflocken und Leinöl, angereichert mit Mandelmilch, Früchten und Nüssen. Leinöl ist wegen seiner Omega-3-Fettsäuren entzündungshemmend und versorgt die Zellen, ergänzt um ein bis zwei Esslöffeln Quark, mit viel Sauerstoff.
Den Morgenkaffee mit oder ohne Milch?
Am besten ohne! Milch gerinnt beim „Betreten“ des Magens und benötigt lange Zeit zum Verstoffwechseln. Die Folge: Gesundes, was wir danach zu uns nehmen, wird nicht mehr richtig verdaut und somit schlechter abgebaut. Eine gute Alternative zur Milch ist Schlagsahne. Sie hat genug Fett, um den Kaffee im Magen zu binden. Auch Hafer- oder Mandelmilch bieten sich an – sie verstoffwechseln neutral.
Was sollte runter vom Speiseplan?
Ketchup, Mayonnaise und Fertigprodukte wie Pizza. Die ist übrigens ruckzuck selber gemacht. Statt Ketchup kann man eine Tomatensoße zubereiten. Mayonnaise lässt sich wunderbar durch Frischkäse ersetzen. Angereichert mit ein wenig Öl und frischen Kräuter – einfach lecker!
Was raten Sie Fleischessern?
Fleisch nur ein bis zweimal pro Woche! Gern helles Fleisch wie Geflügel oder auch Wild, das ist in der Regel noch unbelastet.
Wie wichtig ist es, sich regelmäßig zu bewegen und ausreichend zu trinken?
Sehr wichtig! Bewegung wirkt sich positiv auf die Säure-Basen-Bilanz und den Kreislauf aus, baut Stress ab, fördert die Durchblutung und ist eine wichtige Voraussetzung für die Beschleunigung unseres Stoffwechsels. Bewegung setzt übrigens Glückshormone frei und wirkt damit direkt entsäuernd. Ich rate, mindestens 30 Milliliter pro Kilo Körpergewicht zu trinken. Stilles Wasser, Kräuter- oder grünen Tee.
Wie baue ich Ihre Tipps in den Berufsalltag ein?
Das bedarf zu Beginn ein bisschen der Organisation und wird vielleicht nicht immer gleich funktionieren. Ich bereite mein Frühstück, beispielsweise ein Porridge aus gekeimten Haferflocken mit einer Prise Salz, bereits am Vorabend vor und gebe morgens je einen Esslöffel Quark und Leinöl dazu, schnipple noch das frische Obst dazu, und los geht‘s.
Oft koche ich mein Mittagessen gleich für die nächsten ein bis zwei Tage mit. Bin ich auf Dienstreise, kann ich im Hotel jederzeit ein Dressing aus Öl, Essig oder Zitrone bestellen. Und das Gemüse schmeckt auch mit etwas Butter, aber ohne Buttersauce.
Sie bieten deutschlandweit mehrtägige Basenfasten-Kurse an. Was unterscheidet basische Ernährung vom Basenfasten?
Beim Basenfasten lassen wir alles weg, was sauer verstoffwechselt. Da gibt‘ s nur Obst, Gemüse, gute Pflanzenöle, Nüsse und Samen. Und natürlich Tee oder Wasser. Bei der basischen Ernährung dürfen wir zu 20 Prozent all das essen, auf das wir vielleicht dauerhaft nicht verzichten möchten. Wie ein Stück Schokolade oder die von vielen heißgeliebte Currywurst. Auch ein Gläschen Wein darf mal sein.
„Basisch lecker leben“ heißt Ihr erstes Buch zum Thema, das gerade erschienen ist. Mit Hintergrundinformationen zur Säure-Basen-Balance und basischen Rezepten für den gesamten Tag. Zielgruppe sind…?
…in erster Linie Frauen. Die tragen meist immer noch die Verantwortung fürs Essen. Da sind die Männer oft noch nicht ganz so aufgeschlossen oder beruflich zu eingebunden. Wenn diese dann sehen, das sieht ja lecker auf dem Teller aus, können wir sie über die Optik „locken“. Denn: Basisches Essen schmeckt nicht nur gut, sondern sieht wirklich appetitlich und farbenfroh aus. Und wenn unsere Männer nicht immer so mitmachen wie wir Frauen, ist das auch nicht schlimm. Dann kriegen sie ihre Currywurst eben einmal öfter als wir.
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„Basisch lecker leben“ von Petra Michel, als Taschenbuch für 17,99 Euro (ISBN-13 978-3910258334), als gebundenes Buch für 27,99 Euro (ISBN-13 978-3910258341), Kindle 9,99 Euro.