Wedel. Unsichere wirtschaftliche Lage und erhöhte Mehrwertsteuer bringt das Elbe1 in Wedel in Bedrängnis. Nun soll ein neues Konzept her.

Diese Pause geht über die normale Ruhezeit im Winter hinaus: Das Restaurant Elbe1 – direkt am Wedeler Strandbaddamm am Elbstrand gelegen – muss in diesem Jahr die Winterpause unfreiwillig verlängern. Das Lokal bleibt bis auf Weiteres geschlossen. Der beliebte Laden nennt wirtschaftliche Unwägbarkeiten sowie die wieder angehobene Mehrwertsteuer auf 19 Prozent als Gründe.

Für Events kann das Elbe1 weiter gebucht werden, ansonsten ist es bis Ostern zu. Erst Ende März soll den Gästen wieder ein À-la-carte Geschäft geboten werden. Momentan werde an einer kompletten Neuausrichtung des gastronomischen Konzepts bis zur Wiedereröffnung am 28. März gearbeitet. Als eigene Veranstaltung wird am 24. Februar noch eine Kohlfahrt mit Boßeln am Elbdeich und anschließendem Grünkohl-Satt im Restaurant angeboten.

Gastronomie in Wedel: Restaurant Elbe 1 schließt drei Monate

„Mit dem Start des neuen Jahres haben wir die Winterpause eingeläutet, um frische Energie zu tanken und uns auf aufregende Dinge vorzubereiten“, heißt es in einem Internet-Beitrag auf den Firmenseiten der sozialen Netzwerke. Das Abendblatt fragte bei Christoph Karrasch, Elbe1-Geschäftsführer, nach den Gründen für die ungewöhnlich lange Pause.

Elbe1-Geschäftsführer Christoph Karrasch.
Elbe1-Geschäftsführer Christoph Karrasch. © Elbmenschen | Elbmenschen

Im November des Vorjahres habe man nach reiflicher Überlegung den Entschluss gefasst, den „normalen“ Betrieb im Elbe1 ab Januar vorerst auszusetzen. Es gehe vor allem um eine fehlende Sicherheit für eine solide, wirtschaftlichen Planung der neuen Saison. „Erst gegen Ende des vergangenen Jahres wussten wir, was nun endgültig von der Bundespolitik für 2024 beschlossen wird“, sagt er. Seit Anfang 2024 müssen die Restaurants unter anderem trotz bundesweiter Kritik wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer an das Finanzamt abführen.

Dauerkrise für die Gastronomie: Steigende Energie- und Lebensmittelpreise

Schon bei einer Diskussionsrunde der regionalen Gastronomen Ende August 2023 hatte Karrasch davon gesprochen, dass die gestiegenen Lebensmittelpreise das „i-Tüpfelchen auf den Kostendruck“ der Gastronomen seien. Nun folgt die nächste Belastung. Dabei hatte der damalige Kanzlerkandidat Olaf Scholz im Wahlkampf 2021 in der ARD-Wahlkampfarena noch gesagt: „Ich will ihnen gerne versichern: Ich habe dieser Verlängerungsentscheidung und der Einführung zugestimmt in dem sicheren Bewusstsein, das schaffen wir nie wieder.“

Wegen der für die Gastronomie herausfordernden Corona-Jahre von 2020 an war die Steuerabgabe auf sieben Prozent reduziert worden, um dem arg gebeutelten Wirtschaftszweig damit unter die Arme zu greifen. Es folgten weitere Krisen, ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine im Februar 2022.

LKW-Maut: Spediteure müssen ebenfalls mehr bezahlen

Die Folgen waren: steigende Energie- und Lebensmittelpreise und eine zwischenzeitlich extrem galoppierende Inflation. Auch Gas- und Fernwärme werden mittlerweile wieder mit 19 Prozent besteuert, und der höhere CO2-Preis – eine Extra-Steuer auf klimaschädliche Brennstoffe – sowie eine gestiegene LKW-Maut für Spediteure würden die Restaurants finanziell zusätzlich belasten, erklärt Karrasch.

Im Elbe1 in Wedel überarbeitet das Team gerade das gastronomische Konzept.
Im Elbe1 in Wedel überarbeitet das Team gerade das gastronomische Konzept. © Elbmenschen | Elbmenschen

Eine erste dramatische Folge hat die dreimonatige Schließung bereits für die Elbe1-Belegschaft. Es musste Mitarbeitern vorerst gekündigt werden. Wie viele es genau waren, möchte der Geschäftsführer nicht sagen. Seit 2011 gibt es dieses Restaurant.

„Wir haben hier auch zugemacht, um zu sehen, wie es sich in anderen Restaurants entwickelt“

Karrasch gibt wegen der mangelhaften wirtschaftspolitischen Transparenz zu: „Wir haben hier auch erst einmal zugemacht, um zu schauen, wie sich die Situation bei anderen Restaurants entwickelt und wie sie genau reagieren. Mir sind Beispiele aus Hamburg bekannt: In einigen Restaurants sind erhöhte Preise schon wieder zurückgenommen worden.“

In der Vergangenheit habe Deutschland laut des 47 Jahre alten Wedelers stets eine verlässliche und stabile Wirtschaftspolitik gefahren. „Das ist momentan nicht so und dadurch entsteht eine große Unsicherheit, ob man nicht lieber doch schließt, um damit die Verluste zu minimieren“, ärgert er sich. Wegen des unüberschaubaren Risikos würde auch niemand risikoreicher investieren.

Finanzielle Belastung für „alle“ in Krisenzeiten

Allgemein betrachtet sei es nämlich auch keine finanzielle Belastung ausschließlich für die Gastronomie, sondern für alle. Denn: Auch bei der potenziellen Kundschaft werde laut Karrasch das Geld schließlich knapper. Zudem würden die eigenen Mitarbeiter verständlicherweise wegen der herausfordernden Zeiten auch mehr Gehalt einfordern.

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Einziger Ausweg aus der Misere, wenn nicht an der Qualität der Produkte gespart werden soll: Preiserhöhungen bei Speisen und Getränken für die Kunden, um die zwölf Prozent Differenz in der Mehrwertsteuer wieder ausgleichen zu können. Und um noch etwas Gewinn zu haben, vielleicht noch einen Tick mehr. In der Gastronomie-Branche ist es ohnehin ein offenes Geheimnis, dass seit jeher in den ersten drei Monaten eines Jahres, etwa wegen der Heizkosten und weniger Kundschaft, oft kaum die Gewinnzone zu erreichen ist.

Elbe1: Aktuell wird die Karte und das Konzept überarbeitet

Das Team im Elbe1 überarbeitet nun die Karte, auf der unter anderem bisher auch einige neu-interpretierte norddeutsche Klassiker standen. Auch neue Gastro-Konzepte und mögliche Umgestaltungen auf dem Areal würden laut Karrasch intern erarbeitet und diskutiert werden. Da sich Pläne noch im Anfangsstadium befänden, sollen auch in diesem Fall erste Details noch nicht veröffentlicht werden.

„Unser Appell geht an alle Gäste, die unser Herz für Gastronomie teilen: Lasst euch nicht abhalten, die kulinarischen Freuden zu erleben, den herzlichen Service zu genießen und euch von köstlichen Speisen verzaubern zu lassen“, sagt Karrasch. Er fordert dazu auf, die lokalen Restaurants weiter zu unterstützen und dabei zu helfen, die gastronomische Vielfalt zu bewahren.