Pinneberg. Thomas Voerste löst sein Versprechen ein und zieht um. Im neuen Heim spricht er über Fernbeziehungen und ganz viel Pinneberg-Lektüre.

Noch sieht die kleine Wohnung in der Nähe des Pinneberger Bahnhofs etwas leer aus. Ein Couchtisch und ein Kleiderschrank fehlen noch, der Fernseher steht auf dem Boden und es gibt noch keine Kaffeemaschine. Den Caffè Crema mit einem Schuss Milch holt sich Thomas Voerste morgens schnell beim Bäcker. Mehr Frühstück braucht er nicht. „Ich mache schon seit Jahren Intervallfasten und habe mich daran gewöhnt, erst mittags zu essen“, sagt Pinnebergs neuer Bürgermeister.

Am 10. Januar hat er das Amt an der Spitze im Rathaus angetreten, am Abend zuvor wurde er in der Ratsversammlung vereidigt und übernahm den Staffelstab von seiner Vorgängerin Urte Steinberg. Sie hatte sich nach elf Jahren im Amt in den Ruhestand verabschiedet, nicht ohne Thomas Voerste in die wichtigsten Themen und laufenden Projekte einzuarbeiten.

Pinneberg: Bürgermeister Thomas Voerste löst erstes Wahlversprechen ein

Sein erstes Wahlversprechen hat Thomas Voerste bereits eingelöst und sich eine Wohnung in Pinneberg genommen. Vielen Pinnebergern war das offenbar ein Anliegen, die Frage nach dem Wohnort war während des Wahlkampfes häufig gestellt worden. „Ich möchte hier Fuß fassen“, sagt der 54-Jährige. Er wolle dem Vertrauensvorschuss der Pinneberger, die ihn gewählt haben, auch gerecht werden.

Durch die großen Fenster seiner neuen Wohnung fällt auch an einem trüben Wintertag das Licht. Das dunkle Ledersofa und der Sessel stehen im Kontrast zum hellen Fußboden. Das Ensemble hat Thomas Voerste bei Ebay gefunden. Die kleine Küchenzeile ist zum Wohnzimmer hin offen. An den Wänden hängen erste Bilder.

Thomas Voerste: Ausgleich findet er beim Angeln

Ein großformatiges Foto zeigt einen Angler in einem See Ruderboot. Es ist nicht klar, wo das Wasser endet und der Himmel beginnt. Es hat etwas Beruhigendes. „Das Foto erinnert mich an meine Kindheit im Haus meiner Tante in Schweden. Es lag direkt am Wasser und ich bin morgens oft raus zum Angeln“, sagt er. Angeln gehen und die Ruhe genießen ist etwas, das er auch heute noch gerne mag.

Bürgermeister Thomas Voerste in seiner neuen Wohnung in Pinneberg, mit einem Pfeilwurz-Topf, ein Geschenk seiner Töchter.
Bürgermeister Thomas Voerste in seiner neuen Wohnung in Pinneberg, mit einem Pfeilwurz-Topf, ein Geschenk seiner Töchter. © Anne Dewitz | Anne Dewitz

Ein Mitarbeiter des Vereins Brücke Rendsburg-Eckernförde hat es geschossen. Die beiden Männer haben auch gemeinsam einen Hilfstransport in die Ukraine begleitet, nach Rajon Tscherniwzi, der Partnerbezirk des Kreises Rendsburg-Eckernförde, wo Thomas Voerste seit 2018 als Fachbereichsleiter in der Kreisverwaltung für den Bereich Jugend, Familie und Schule verantwortlich war.

Pinnebergs Bürgermeister Voerste engagiert sich für Ukraine

Die Zusammenarbeit und Freundschaft zwischen Feuerwehrleuten führte zu der Partnerschaft. Der Bezirk Tscherniwzi liegt im Westen der Ukraine, nahe der Grenze zu Rumänien. Als die Ukraine von Russland im Februar 2022 angegriffen wurde, beschloss der Kreistag in Rendsburg-Eckernförde die Partnerregion zu unterstützen.

Thomas Voerste gründete daraufhin den Verein „Solidarität mit Tscherniwzi“ im Dezember 2022. Seitdem gab es drei Hilfslieferungen, die er auch begleitete. Die letzte war die größte. Der Verein Brücke Rendsburg-Eckernförde steuerte Pflegebetten, Rollstühle, technische Ausstattung für die Pflege sowie eine Großküche bei. Gespendet wurden auch Generatoren. Die versorgen nun bei Stromausfällen unter anderem Altenheime, Schulen und Kliniken.

Feuerwehrmänner begleiten Hilfskonvoi in die Ukraine

Vor sechs Wochen waren die Helfer mit zwei 40-Tonnern Richtung Ukraine gestartet. „Wir konnten nicht wie geplant über Polen fahren, weil polnische Trucker gestreikt und die Grenzen blockiert hatten“, erzählt Thomas Voerste. Stattdessen ging es über Rumänien.

Auch ein gebrauchtes Feuerwehr-Rüstfahrzeug wurde in die Ukraine gebracht. Aus der Pinneberger Feuerwehr begleiteten Wehrführer Claus Köster und Feuerwehrmann Lars Müller den Hilfskonvoi. Paul Hoffmann, einer der fünf Bürgermeisterkandidaten in Pinneberg, hatte den Kontakt vermittelt.

Thomas Voerste kann sich auf Rumänisch unterhalten

Auch privat hat es Thomas Voerste der Balkan angetan. In Albanien und Bosnien und Herzegowina war er schon. Jedes Jahr reist er außerdem für mehrere Tage nach Rumänien. „Dort habe ich inzwischen verschiedene Anlaufpunkte und reise fast jedes Jahr einmal zum Wandern und Ausspannen in die rumänischen Karpaten oder nach Transsilvanien“, sagt Thomas Voerste.

Der gehäkelte Frosch im weißen Pullover mit dem Stadtwappen von Pinneberg ist ein Geschenk der Cousine an Thomas Voerste.
Der gehäkelte Frosch im weißen Pullover mit dem Stadtwappen von Pinneberg ist ein Geschenk der Cousine an Thomas Voerste. © Anne Dewitz | Anne Dewitz

Er spricht sogar Rumänisch. „Ich habe eine Affinität zu Sprachen und mir hat der Klang der Sprache gefallen“, sagt er. Rumänisch sei sein Sudoku, sein Hirntraining. „Mittlerweile läuft es ganz gut. Die Leute verstehen mich und antworten. Darüber freue ich mich natürlich.“

Pinneberg ist derzeit sein bevorzugter Lesestoff

Gerade liest er das Buch „18 Kilometer bis Ljubljana“. Der Roman von Goran Vojnović erzählt vom Leben in der post-jugoslawischen Metropole Sloweniens. „Meine Tochter hat mir das Buch zu Weihnachten geschenkt.“ Eine Erinnerung an eine gemeinsame Reise durch das Land.

Ansonsten ist derzeit Pinneberg sein bevorzugter Lesestoff. „Als Erstes müssen wir einen genehmigungsfähigen Haushalt auf den Weg bringen“, sagt der Verwaltungsfachmann. Er ist es gewohnt, große Summen zu verwalten. Als Fachbereichsleiter im Kreis Rendsburg-Eckernförde war er verantwortlich für 200 Mitarbeiter und einen Etat von 200 Millionen Euro.

Familie des Pinneberger Bürgermeisters lebt in Altenholz

Thomas Voerste hat vier Töchter, zwei erwachsene aus erster Ehe. Linnea, die Älteste, ist 27 und arbeitet als Polizistin. Lovisa (25) studiert Sozioökonomik. Die anderen beiden Mädchen Maja (17) und Greta (15) gehen noch zur Schule.

Seine „Beutetöchter“ nennt er sie, weil sie mit seiner Lebensgefährtin Alexandra in sein Leben getreten sind. Sie ist Sozialpädagogin, genau wie Thomas Voerste. „Wir haben uns bei der Arbeit kennengelernt.“ Neun Jahre sind die beiden nun schon ein Paar.

Voerste: Pinneberg hat erstmal Priorität

Die Familie ist in Altenholz bei Kiel geblieben. „Unsere Partnerschaft ist stabil genug, dass es funktionieren wird“, ist Thomas Voerste überzeugt. „Es geht vielen Familien in Deutschland so und ich bin sicher, wir werden einen guten Weg finden.“ Außerdem ist es nicht allzu weit bis Altenholz, eine Stunde und 15 Minuten Fahrtzeit mit seinem kleinen Fiat 500 Elektro, um genau zu sein.

So oft wie möglich will er seine Familie sehen. „Doch die Aufgaben in Pinneberg haben erstmal Priorität“, sagt Bürgermeister Voerste. Die ersten langen Arbeitstage in Pinneberg hat er bereits hinter sich. An seinem ersten Arbeitstag im Pinneberger Rathaus hat er sich mit den Büroleitern zusammengesetzt und Arbeitsstrukturen festlegt. Abends gab es dann ein Gespräch mit den Pinneberger Theatervereinen darüber, wie sie künftig die Ernst-Paasch-Halle nutzen möchten.

Thomas Voerste entspannt beim Sport und beim Gärtnern

Einen Ausgleich zur Arbeit findet Thomas Voerste im Sport. „Handball hat viele Jahre mein Leben bestimmt, jetzt gehe ich regelmäßig ins Fitnessstudio“, sagt er. In Altenholz war er gerne in seinem Garten unterwegs, züchtet englische Rosen. „Die Vorliebe fürs Gärtnern habe ich von meinem Vater übernommen.“ Der war Optiker und ein richtig guter Gärtner.

Das 1000 Quadratmeter große Gelände teilt die Familie mit Welsumer Zwerghühnern, die das Eierlegen schon vor einiger Zeit eingestellt haben, und Laufenten, die am liebsten mit der Katze Fangen spielen, wie Thomas Voerste erzählt. „Ansonsten koche ich gern und bin gern unter Menschen“, sagt er.

Voerstes Traumjob: Landwirt – doch er ist auf Kühe allergisch

Eine Grünpflanze steht auf einem kleinen gläsernen Blumenhocker. Die Pfeilwurz war ein Abschiedsgeschenk der Töchter. „Damit ich hier schon mal einen Freund habe“, sagt Voerste und lächelt. „Ich fange an, mich richtig heimisch zu fühlen.“ Pinneberg ist ihm auch nicht fremd. Er hatte zunächst den Beruf des Baumschulgärtners in Barmstedt erlernt.

In den 1980er- und 1990er-Jahren betreute er bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) an der Aschhooptwiete in Pinneberg Jugendliche einer Wohngruppe und entdeckte dort sein soziales Herz. Später studierte er dann Sozialpädagogik in Kiel. Dabei hatte er einen ganz anderen Berufswunsch. „Ich wollte Landwirt werden. Ich musste dann aber feststellen, dass ich eine Allergie gegen Kühe habe.“

Pinnebergs Bürgermeister ist „ein echter Norddeutscher“

Eigentlich ist Thomas Voerste in Köln geboren, doch seine Familie zog es bald nach seiner Geburt nach Schleswig-Holstein. „Ich bin in Kiel aufgewachsen und ein echter Norddeutscher“, so Voerste. Und halber Engländer. Er wuchs zweisprachig auf. „Meine Großeltern lebten in der Kleinstadt Sheringham in Norfolk an der Nordseeküste.“ Dort verbrachte er viel Zeit.

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Im Wohnzimmer steht verpackt in Folie ein Bild von den zwei Fischerbooten an der englischen Küste. „Meine Mutter hat es gemalt“, sagt Voerste. Es soll in seinem Büro im Rathaus einen Ehrenplatz bekommen. Ein Teil seiner Familie lebt auch noch in England. Der Kontakt ist immer noch eng. Voerste ist ein Familienmensch.

Vom schüchternen Jungen zum redegewandten Bürgermeister

Auf seinem Küchentisch steht ein kleiner gehäkelter Frosch, der auf einem Stuhl sitzt. Er trägt Turnschuhe und einen weißen Pullover mit dem Stadtwappen von Pinneberg. „Das ist der Bürgermeisterfrosch. Meine Cousine hat ihn selbst gemacht und mir geschenkt.“ Sie verkauft die handgemachten Tierchen normalerweise für 50 Pfund das Stück.

In den Bürgermeisterduellen fiel Thomas Voerste durch sein selbstsicheres, zugewandtes und freundliches Auftreten auf. Dabei war er ein sehr zurückhaltender, schüchterner Junge. „Als ich eine Amtsleitung übernehmen sollte, habe ich in einem Rhetorikseminar an der VHS das freie Sprechen geübt.“ Heute fällt es ihm leicht, öffentlich Reden zu halten, ganz ohne Notizen, wie er auf seiner Vereidigung und auf dem Neujahrsempfang in der Rübekamphalle unter Beweis stellte.