Elmshorn/Itzehoe. Barbesitzer aus Elmshorn und sein Türsteher haben einen Mann so eingeschüchtert, dass er sich in die Hose machte - die wilde Anklage.
Wegen Freiheitsberaubung, Entführung, Bedrohung und Körperverletzung müssen sich zwei junge Männer vor dem Landgericht Itzehoe verantworten. Der Barbetreiber aus Elmshorn und sein in Pinneberg lebender Türsteher sollen es mit dem Eintreiben von Schulden extrem übertrieben haben.
Hatchatur A. (29) und Parwiz J. (25) stammen aus Armenien beziehungsweise Afghanistan und haben sich auch als Boxer einen Namen gemacht. Und sie haben einen großen Bekanntenkreis. Etwa 20 Personen, überwiegend junge Männer, bevölkerten den Zuschauerraum und begrüßten die in Untersuchungshaft sitzenden Angeklagten lautstark.
Die beiden Angeklagten sollen einen Schuldner entführt und schwer misshandelt haben
Leiser wurde es im Saal, als die Anklageschrift verlesen wurde. Und die hat es in sich. Die beiden Angeklagten sollen einen Schuldner entführt und schwer misshandelt haben, um ihn zur Begleichung seiner Schulden zu zwingen.
Es geht laut der Anklage um 20.000 Euro. Diese Summe soll das Opfer einem der Angeklagten schulden. Der bestellte das Opfer am Abend des 23. Januar zu einer von ihm betriebenen Cocktailbar in der Nähe des Elmshorner Bahnhofs.
Opfer soll bereits in Kontakt mit der Polizei gestanden haben
Dort soll der zweite Angeklagte als Türsteher arbeiten. Der packte laut Anklageschrift das Opfer und hielt es von hinten fest. Der Mitangeklagte bedrohte den Schuldner mit einer Schusswaffe und schlug auf diesen ein. Dann soll sich Hatchatur A. das Handy des Opfers gegriffen haben, um den mit ihm geführten Chatverlauf zu löschen.
Dabei bemerkte der Angeklagte, so der Vorwurf, dass das Opfer bereits Kontakt mit einem Polizeibeamten aufgenommen und diesem Screnshots des Chatverlaufs geschickt hatte. Sodann zwangen die Angeklagten den Schuldner, sich komplett zu entkleiden und suchten ihn nach eventuellen Wanzen ab.
Angeklagten sollen Schuldner mit einem Autogurt stranguliert haben
Die Tortur für den Mann ging dann laut Anklage im Keller weiter, wo er mit Messern bedroht und mit Fäusten traktiert wurde. Zwischendurch wurde ein Freund des Mannes angerufen und gefragt, ob er mit dem Betrag aushelfen könne. Als dies nicht klappte, sollen die Angeklagten ihr Opfer aufgefordert haben, den Pass abzugeben.
Weil der Mann keine Papiere dabei hatte, verfrachteten die Angeklagten ihn ins Auto, fuhren zu seiner Wohnanschrift und ließen ihn seinen Pass holen. Dann ging laut Anklage die Tour weiter. Bis Großenaspe sollen die Angeklagten mit dem Schuldner gefahren sein, ihn zwischenzeitlich mit dem Sicherheitsgurt stranguliert und vergeblich versucht haben, ihm eine schwarze Tüte über den Kopf zu ziehen.
Opfer machte sich laut Anklage aus Angst in die Hose
Mehrfach sollen sie zudem dem Opfer gedroht haben, es werde sterben, wenn es die 20.000 Euro nicht zeitnah auftreiben könne. Nach der laut Anklage aus Angst erpressten Zusage, dies zu tun, sollen die Angeklagten zur Cocktailbar zurückgefahren und ihrem Opfer ein Taxi gerufen haben. Der massiv bedroht Mann habe laut Anklage Würgemale am Hals erlitten und sich aus Angst in die Hose gemacht.
Der zweite Anklagevorwurf betrifft den 14. Mai. Angeblich wollte das Opfer gegen 20 Uhr zur Elmshorner Polizei fahren, um dort eine Aussage zu machen. Parwiz J. soll das gemeinsam mit einem unbekannten Mittäter verhindert haben, in dem er den Mann aus seinem Auto zog und mehrfach auf ihn einschlug. Dieser erlitt Prellungen im Gesicht.
Drei Vorfälle listet die Anklageschrift auf, sie spielten sich zwischen Januar und Juni 2023 ab
Parwiz J. soll es auch gewesen sein, der das Opfer am 2. Juni in einem Friseursalon an der Pinneberger Dingstätte aufgesucht und Drohungen ausgesprochen haben soll. Er würde ihn kaputtschlagen und dieser würde „wie eine Pussy“ schreien, wenn er die Anzeige bei der Polizei nicht zurückziehe – so lautet der in der Anklageschrift aufgeführte Wortlaut der Drohungen.
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Die beiden Angeklagten, die in unterschiedlichen Haftanstalten einsitzen, wollen sich laut ihren Verteidigern zunächst nicht zu den Anklagevorwürfen äußern. Die Aussage des Opfers, die am Dienstag eigentlich erfolgen sollte, wurde nach einer längeren Diskussion auf den nächsten Prozesstag verschoben.
So hatte der Hauptbelastungszeuge am Montag dem Gericht mitgeteilt, wegen Krankheit am Folgetag nicht erscheinen zu können. Diese Nachricht hatte der Vorsitzende Richter Dominik Groß auch den Verteidigern mitgeteilt.
Hauptzeuge hatte erst wegen Krankheit abgesagt, kam dann aber doch ins Gericht
Am Dienstag machte der Mann jedoch eine Kehrtwende und fühlte sich fit genug für eine Aussage. Nun machte aber Verteidiger Benjamin Tachau geltend, sich nicht auf den Auftritt des Zeugen vorbereitet zu haben, weil er sich auf dessen Nichterscheinen eingestellt habe.
„Es geht um einen gewichtigen Vorwurf, um den zentralen Zeugen“, so Tachau. Der Mann sei im Ermittllungsverfahren „geschätzt zwölf Mal“ vernommen worden, die längste Vernehmung erstrecke sich auf mehr als 100 Seiten.
Gericht verschiebt Aussage des Hauptbelastungszeugen auf den 7. Februar
Letztlich lenkte Richter Groß ein und verschob die Vernehmung des Hauptbelastungszeugen auf den 7. Februar. Das Gericht hat weitere Termine bis Ende Februar angesetzt, jedoch bereits die Verteidiger um weitere Terminvorschläge gebeten. Das Verfahren dürfte sich also länger hinziehen. Den Angeklagten droht wegen erpresserischen Menschenraubs eine Mindeststrafe von fünf Jahren Gefängnis.