Kreis Pinneberg. Die XXL-Trasse im Kreis Pinneberg liegt noch brach. Polizei bestätigt Beschädigungen. Umweltschützer weisen aber Schuld von sich.
Der Plan schien ambitioniert, aber machbar: Schon seit Jahresbeginn 2024 sollte das erste Flüssigerdgas LNG (Liquefied Natural Gas) vom schwimmenden Terminal in Brunsbüttel über eine gut 55 Kilometer lange Leitung durch den Kreis Pinneberg bis zu einer Verteilerstation in Hetlingen fließen. Doch die Pipeline für das auch wegen ökologischer Bedenken umstrittene Großprojekt ist noch immer außer Betrieb.
Warum dies so ist, bleibt unklar, da das für den Bau zuständige Unternehmen, die Gasunie Transport Deutschland Services GmbH, eine Abendblatt-Anfrage von Dienstag, 2. Januar, bisher nicht beantwortet hat. Fest steht nur, dass es kürzlich auf einem Teilabschnitt in der Wilster Marsch im Kreis Steinburg zu Beschädigungen an der Pipeline gekommen ist. Sogar Sabotage könnte im Spiel gewesen sein.
Sabotage an LNG-Pipeline? Polizei bestätigt Beschädigungen – und ermittelt
Denn die Rohre sollen angebohrt worden sein. Absicht oder Unfall? Ob es sich wirklich um eine Sabotage-Aktion gehandelt hat, wird von der Landespolizei auf Anfrage des Abendblatts nicht beantwortet. Sprecherin Carola Jeschke bestätigt aber einen Vorgang bei der Polizei: „Es ist zutreffend, dass wir als Landespolizei durch die Errichterfirma Ende November 2023 auf Beschädigungen an der Pipeline hingewiesen worden sind. Weitere Auskünfte können derzeit nicht erteilt werden, um die Ermittlungen nicht zu gefährden. Dafür bitten wir um Ihr Verständnis.“
Ralf Hübner, Vorsitzender der Arge Umweltschutz Haseldorfer Marsch, kann solche Straftaten ebenfalls nicht ausschließen, glaubt aber nicht wirklich daran, dass Aktivisten als Protest-Aktion tatsächlich die massiven Stahlrohre angebohrt haben.
Ralf Hübner: „Wir haben uns gegen solche illegalen Aktionen entschieden“
So etwas sei aus seiner Sicht auf bewachten Baustellen nicht mit handelsüblichem Werkzeug möglich. Zumal die Rohre auch bis zu 1,5 Meter tief im Erdreich liegen. Möglicherweise hätten Materialfehler oder auch frustrierte Mitarbeiter die unbekannten Beschädigungen im Kreis Steinburg herbeigeführt.
„Wir haben uns im Klimabündnis jahrelang gegen das LNG-Projekt ausgesprochen und all unsere Warnungen sind ignoriert worden“, sagt Hübner. „Aber wir haben uns eben auch gegen solche illegalen Aktionen entschieden.“
In der Wilster Marsch westlich des Kreises Pinneberg scheint Gasunie den Zeitplan jedoch deutlich verfehlt zu haben. Im Kreis Pinneberg sind die Rohre jedenfalls verlegt. Das Bau-Projekt ist weitgehend abgeschlossen. Die Pipeline verläuft durch Raa-Besenbek, Seester, Seestermühe, Groß-Nordende, Moorrege, Haselau, Haseldorf, Heist und endet in Hetlingen.
Bundesregierung setzt in der alternativen Energieversorgung auf LNG
Infolge der drohenden Energie-Engpässe wegen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine im Februar 2022 hatte die Bundesregierung als Alternative das Thema Flüssig-Erdgas in der nationalen Energieversorgung priorisiert und Mitte 2023 ein LNG-Beschleunigungsgesetz verabschiedet.
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Einsprüche der Gegner, die mehr als 700 Dokumente sichten sollten, waren somit nur noch in einem Zeitraum von einer Woche erlaubt. Wegen drohender Enteignung haben viele Besitzer von Ackerflächen letztlich zähneknirschend die Verträge mit den Bauherren der XXL-Pipeline unterschrieben.
Gegner hatten Alternativrouten vorgeschlagen – Gasunie
Bereits seit 2019 hatten die Gegner des LNG-Projekts der Gasunie einige Alternativrouten vorgeschlagen, damit weitaus weniger sensible Ökobereiche durch den Bau geschädigt werden würden. Vergeblich. Die Rohre liegen nun mitten im Moorgebiet.
Für die Bauphase sind diese feuchten Bodenschichten durch eine erhebliche Wasserentnahme von tausenden Kubikmetern trockengelegt worden. Dabei werden aktuell bundesweit trockene Moore wieder vernässt, damit sie klimaschädliche Gase wie zum Beispiel CO2 speichern können.
Böden in der Haseldorfer Marsch sind um 70 Zentimeter abgesackt
Teilweise sollen Böden auf Ackerflächen in diesen Gebieten, auch durch schweres Gerät, letztlich um etwa 70 Zentimeter abgesackt sein. Die durch den Regen oftmals aufgeweichten Moorböden oder andere den Bau betreffenden Proteste der betroffenen Dorfbewohner haben das Unternehmen in der eng getakteten Bauphase seit September 2022 nach Abendblatt-Informationen jedoch wenig gestört.
Bei der LNG-Technik wird das Gas wird in flüssigem Zustand – also auf mindestens -162 Grad heruntergekühlt – mit Schiffen an die Terminals gebracht und dann dort unter erheblichem Energieaufwand wieder in einen gasförmigen Zustand transformiert, um es anschließend über die Pipelines ins Netz einspeisen zu können.