Quickborn. Wie andere Schlachter im Kreis Pinneberg gibt nun Fleischermeister Thomas Straube sein Geschäft auf. Der Umsatz sei eingebrochen.
Das verflixte siebte Jahr ist ihm und seiner Kundschaft in Quickborn zum Verhängnis geworden. An diesem Sonnabend, 23. Dezember, macht Fleischermeister Thomas Straube sein Geschäft in der Ladenzeile am Harksheider Weg zum letzten Mal auf. Dann sei hier endgültig Schluss nach sieben Jahren Selbstständigkeit, sagt der 43-Jährige, der seit gut 25 Jahren Fleischermeister ist.
Damit folgt er einem bitteren Trend im Kreis Pinneberg, zuletzt haben viele Fleischer ihre Geschäfte geschlossen. „Die Leute haben kein Geld mehr“, ist seine Erfahrung aus diesem letzten, für ihn sehr schlechten Geschäftsjahr, sagt Straube. Um rund zwei Drittel sei sein Umsatz in diesem Jahr eingebrochen. Damit könnte er nicht einmal mehr den Ein-Mann-Betrieb, der er zuletzt war, aufrechterhalten, bedauert der Mann, der auch in Quickborn wohnt.
Quickborns letzter Fleischer schließt: „Leute sparen zuerst am Essen“
Den Grund für diese Kaufmüdigkeit seiner Kunden und dem geringen Absatz an Fleischwaren sieht Straube in der Inflation und den steigenden Preisen für Strom und Heizung bei den Bundesbürgern. „Wenn alles teurer wird, sparen die Deutschen als erstes beim Essen“, ist seine Erfahrung. Es gebe kaum ein anderes Land in Westeuropa, in dem die Menschen so wenig Geld für ihre Lebensmittel ausgäben wie hierzulande, wo das Motto vorherrsche: „Geiz ist geil.“
Dabei seien die Fleisch- und Lebensmittelpreise jetzt erst auf dem Niveau angelangt, auf dem sie eigentlich schon vor 20 Jahren hätten sein sollen. Aber die großen Supermarktketten und Discounter bestimmten die Preise und dorthin müssten seine Kunden nun abwandern, weil er der letzte selbstständige Fleischereibetrieb in Quickborn gewesen ist. „Das Fleischereisterben hat erst begonnen“, glaubt Straube.
Auch ein Grund: Der Trend zum fleischlosen Essen
Der Trend zu mehr fleischlosem Essen aus gesundheitlichen und umweltpolitischen Gründen, wie sie Veganer und Vegetarier propagierten, spiele aus seiner Sicht dabei kaum eine Rolle. Es gehe einzig darum, was und wobei die Leute in diesen schwierigen Zeiten sparen könnten. „Und sie sparen nicht bei der Heizung oder beim Fernsehen. Sie sparen dann beim Essen, weil sie das jeden Tag sehen“ und glaubten, das würde ihnen am wenigsten ausmachen, ist Straube überzeugt. „Qualität ist ihnen beim Essen offenbar nicht so wichtig.“
In Frankreich, Italien oder den nordischen Ländern werde das ganz anders gesehen. Da würden die Menschen mehr auf ihre Lebensmittel und gesundes Essen achten. „Da wird alles frisch im Supermarkt zubereitet.“ Hierzulande gebe es überall nur Fertigprodukte, die fertig abgepackt angeliefert würden. Das sei eine ganz andere Einstellung zum Leben, wundert sich der Fleischermeister, der jetzt wohl bald wieder ein angestelltes Arbeitsverhältnis eingehen werde, wie es vor seiner Existenzgründung am Harksheider Weg gewesen sei.
Sorgen über seine Zukunft macht sich der Fleischermeister nicht
Wo das sein wird, wisse er noch nicht, sagt Straube. „Sorgen mache ich darum nicht.“ Da auch viele Supermärkte keine Fleischermeister mehr an ihren Fleischtheken beschäftigten, müsste er sich die Jobs bald aussuchen können. Denn auch die hätten festgestellt, dass es Sinn machen könnte, Experten für diese Aufgabe zu haben. „Mal sehen, wer am besten bezahlt.“
Dabei hatte Straube sein Geschäft zu einem „Fleisch-Gourmet“-Laden ausgebaut. Jeden Mittag von 11 bis 14.30 Uhr bot er verschiedene warme Gerichte für sechs bis 13 Euro an. Dafür hatte er zeitweise auch eine Köchin angestellt. „Das mache ich inzwischen alleine.“ Aber die 35 Quickborner aus der unmittelbaren Nachbarschaft, überwiegend Senioren, hätten sich gefreut, dass sie nicht selbst zu Hause kochen müssten und wären regelmäßig zu ihm gekommen, sagt Straube. „An guten Tagen habe ich 120 Essen am Tag verkauft.“
Selbst das Weihnachtsgeschäft war ziemlich mau
Damit sei es aber längst vorbei. Selbst die Grillsaison sei so ziemlich an ihm vorbeigegangen. Da hätten die Leute wohl lieber das marinierte Fleisch in den Supermärkten gekauft, bei dem sie noch nicht einmal wüssten, was da drin sei. Auch das Weihnachtsgeschäft sei ziemlich mau gewesen. Voriges Jahr habe er noch 170 Bestellungen für Pute, Gans oder Wurst gehabt. In diesem Jahr kauften nur noch 65 Quickborner Kunden ihren Festtagsschmaus in seinem Laden. Statt 20 Gänse habe er nur noch sieben verkauft in diesem Winter.
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Dabei seien seine Preise mit 21,90 Euro für ein Kilogramm Hähnchenbrustfilet, 16,90 Euro das Kilo für Putenbrust oder 26,90 Euro für ein Kilogramm Gänsefleisch eigentlich im Rahmen, glaubt der Quickborner Fleischermeister. Zumal sein Aufwand immer größer geworden sei. Nicht nur, dass er sein Fleisch frühmorgens vom Hamburger Schlachthof holen musste. Der Mittagstisch, der Partyservice, die Fertiggerichte bedeuteten für ihn erhebliche Mehrarbeit. Und nun kämen die steigenden Energiekosten noch obendrauf.
Fleischer gibt auf: Bis zuletzt gibt es Mittagstisch
Bis einschließlich Sonnabend, 23. Dezember, habe er noch auf und biete auch noch frischen Mittagstisch an, erklärt Straube. In den nächsten Tagen gebe es noch Bratkartoffeln und Sauerfleisch, Bohnensuppe und Gyros mit Krautsalat, kündigt der scheidende Geschäftsmann an. „Am Sonnabend vor Heiligabend mache ich um 12 Uhr den Laden zu“, sagt der Quickborner – doch ein wenig traurig, dass er hier nicht weitermachen konnte.
Das Geschäft in der Ladenzeile werde dann wohl erstmal wieder Mal leer stehen. Das habe schon drei Jahre leer gestanden, als er es 2016 angemietet hatte. Davor sei hier ein Fischladen gewesen.