Kreis Pinneberg. Nach langem Ausschreibungsverfahren hat ein bekannter Konzern den Zuschlag erhalten. Was das für Bürger im Kreis Pinneberg bedeutet.

Die Abfallentsorgung im Kreis Pinneberg ist jetzt langfristig gesichert worden – und bleibt damit in denselben Händen wie bisher. Bei einer europaweiten Ausschreibung hat erneut der Remondis-Konzern den Zuschlag für die 49-Prozent-Anteile bei der Gesellschaft für Abfallbehandlung (GAB) erhalten.

Mit dem Mehrheitsgesellschafter, dem Kreis Pinneberg, wird schon seit gut 20 Jahren als „vertrauensvoller Partner“ bei der GAB zusammengearbeitet. Und mit dem neuen Abschluss sei die Abfallwirtschaft im Kreis Pinneberg für die nächsten 20 Jahre „vertraglich abgesichert“, teilt die Kreisverwaltung dazu mit.

Pinneberg und Remondis: Vertrauensvolle Zusammenarbeit könne so fortgesetzt werden

Das gilt insbesondere auch für die 240 Beschäftigten der GAB, deren Arbeitsplätze nun ebenfalls auf viele Jahre hinaus abgesichert sein dürften. Und auch die Bürgerinnen und Bürger des Kreises könnten sich freuen, weil diese bewährte Kooperation von Anfang an für stabile Müllgebühren im Kreis Pinneberg gesorgt hat.

Auch wenn 2024 erstmals nach 17 Jahren die Abfallgebühren um durchschnittlich 13,4 Prozent wieder angehoben werden, was etwa 25 Euro Mehrkosten für jeden der angeschlossenen 175.000 Haushalte im Kreis ausmacht.

Auch die 240 Arbeitsplätze bei der GAB seien auf viele Jahre hin abgesichert

„Ich freue mich, dass wir die erfolgreiche Zusammenarbeit in der Gesellschaft GAB fortsetzen und uns weiterhin ein verlässlicher und kompetenter Partner als Gesellschafter zur Verfügung steht“, sagt Landrätin Elfi Heesch dazu. Auch wenn sich für die Menschen im Kreis Pinneberg auf den ersten Blick nichts ändere, betont Kreispräsident Helmuth Ahrens: „Wichtig ist aber, dass wir mit den neuen Verträgen nicht nur die Entsorgung, sondern auch die Arbeitsplätze vor Ort bei der GAB auf die nächsten bis zu 25 Jahre sichern.“

Nach 20 Jahren musste der Kreis Pinneberg diese öffentlich-private Partnerschaft wieder in den Markt stellen. Er hätte den reinen Entsorgungsvertrag für die Müllabfuhr ausschreiben können, der zurzeit ein Gesamtvolumen von etwa 26 Millionen Euro umfasst. Das hätte aber das Risiko bedeutet, dass der Restmüll der privaten Haushalte künftig nicht mehr von der GAB, sondern irgendeinem anderen Entsorger in Deutschland oder Europa übertragen worden wäre.

Entsorgungsvertrag? Nein, die Geschäftsanteile wurden ausgeschrieben

Was das für Probleme hätte verursachen können, zeigte sich erst vor Jahresfrist bei der Übernahme des Verpackungsmülls an einen Entsorger aus Hessen, der Monate brauchte, um dafür die Gelben Tonnen bereitzustellen. Zudem wären dann wohl etliche Arbeitsplätze bei der GAB weggefallen, wenn ein Großteil ihres Geschäfts ein anderer übernommen hätte.

Michael Finnern ist Geschäftsführer der GAB
Michael Finnern ist Geschäftsführer der GAB © HA | Privat

Dieser Entsorgungsvertrag verbleibt nun weiterhin bei der GAB. Denn, so betont die Kreisverwaltung: „Das Interesse des Kreises war und ist es, die Abfallentsorgung als Teil der Daseinsvorsorge weiterhin aus einer Hand zu bekommen – zumal aus einer Hand, die mit dem Kreis als Anteilseigner in der Region verwurzelt und dem öffentlichen Interesse verpflichtet ist.“

Der Wert der GAB ist im Lauf der vergangenen 20 Jahre gestiegen

So entschied sich der Kreis für ein komplexes Ausschreibeverfahren der Gesellschaftsanteile, das rund eineinhalb Jahre dauerte. Dabei ließ sich der Kreis von einem Anwaltsbüro beraten, das eine ähnliche Konstruktion in Frankfurt begleitet hatte. Dort ging es aber mit einem Volumen von 2,4 Milliarden Euro und 1900 Arbeitsplätzen um ein Vielfaches von dem, was hier auf dem Spiel stand. Auch die Kreispolitik war eng eingebunden in dieses Verfahren, das eine Neubewertung der GAB-Anteile als Mindestkaufpreis auslöste.

Denn inzwischen hat sich der Jahresumsatz der GAB im Vergleich zur Jahrtausendwende auf rund 55 Millionen Euro beinahe verdoppelt und die Zahl der Mitarbeitenden von 170 auf 240 erhöht. Im Jahr 2021 erzielte die GAB einen Jahresüberschuss von 4,7 Millionen Euro.

Müllverbrennungsanlage: Entscheidung steht in 2024 an

Letztlich hat sich dabei Remondis gegen eine Handvoll Mitbewerber durchgesetzt. Neben dem reinen Kaufpreis, der nicht genannt wird, habe vor allem das strategische Konzept des alten und neuen Partners überzeugt, heißt es aus der Kreispolitik. Das Gesamtpaket soll etwa zwölf Millionen Euro ausmachen, zu dem auch künftige und zu erstattende Beratungskosten gehören sollen. Auch das Einbringen der Hausmüllgesellschaft (Hameg) des Kreises, die den Restmüll mit ihren Müllfahrzeugen einsammelt, sei in diesem Gesamtpaket enthalten.

Die Müllverbrennungsanlage Tornesch-Ahrenlohe.
Die Müllverbrennungsanlage Tornesch-Ahrenlohe. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Zudem stehen wichtige Entscheidungen bereits im kommenden Jahr an. Dann müssen Kreistag und Aufsichtsrat der GAB entscheiden, ob sie das fast 50 Jahre alte Müllheizkraftwerk (MHKW) in Tornesch-Ahrenlohe durch eine neue Anlage ersetzen sollen. Die aktuellen Pläne sehen hier ein Verbrennungsvolumen von 110.000 Tonnen Restmüll im Jahr vor. Die reinen Baukosten werden von Experten mit 150 Millionen Euro veranschlagt.

Remondis-Manager freut sich über die Fortsetzung der bewährten Partnerschaft

Für den SPD-Abfallexperten und Kreistagsabgeordneten Helmuth Jahnke habe auch diese anstehende Entscheidung für eine Verlängerung der Partnerschaft mit Remondis gesprochen. Das MHKW müsse ersetzt werden, allein aus umwelttechnischen Gründen, sagt Jahnke. Da könnte Remondis mit seiner großen Erfahrung und Expertise und der langjährigen Partnerschaft dem Kreis sehr hilfreich sein. „Es ist eine gute Lösung, die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Remondis fortzusetzen“, sagt Jahnke.

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Das betont auch Wolfgang Steen von Remondis, der bereits vor zwei Jahrzehnten die Teilprivatisierung der GAB mit deren damaliger Geschäftsführung ausgehandelt hatte. „Wir freuen uns, dass wir auch für die nächsten 20 Jahre Partner des Kreises Pinneberg bei der GAB sein können.“ Diese Kontinuität dürfte auch Ruhe in die Belegschaft bringen, ist er überzeugt.

GAB und Remondis - ein Geschäftsmodell als „Erfolgsstory“

Für Remondis sei dieses Geschäftsmodell eine Erfolgsstory. Auch in Kiel, Neumünster oder Bremerhaven arbeite der Abfallkonzern mit den jeweiligen Kommunen als Minderheitsgesellschafter bei der Abfallentsorgung erfolgreich zusammen. „Das ist dort überall eine gute Symbiose.“

Ohnehin stünden neben der geplanten Erneuerung des Müllheizkraftwerks weitere wichtige strategische Entscheidungen an, blickt der Remondis-Manager Steen in die nahe Zukunft. So werde die Rohstoff-Knappheit, die durch die gebrochenen Lieferketten im Corona-Lockdown und den Ukraine-Krieg aufgetreten sind, zu einem Forcieren der Recyclingwirtschaft führen. Die Welt werde sich drehen und dem Recyceln von Rohstoffen einen ganz neuen Schub geben, ist der erfahrene Experte der Kreislaufwirtschaft überzeugt.

Allein in den fünf Bundesländern in Norddeutschland unterhält Remondis 70 Standorte mit 3500 Beschäftigten.