Elmshorn. Immerhin werden 57 Jobs in Elmshorn erst später abgebaut, 70 bleiben dauerhaft. Welche Abfindungen der Konzern jetzt zahlen muss.

Das Aus für den Standort Elmshorn des Autoteilehersteller Autoliv ist endgültig besiegelt. Arbeitgeber, Gewerkschaft und Betriebsrat haben sich über einen Sozialplan sowie einen Interessenausgleich geeinigt. 365 Arbeitsplätze werden im Laufe des Jahres 2025 abgebaut, 127 Stellen bleiben zunächst erhalten.

Im Juli hatte Deutschlandchef Stefan Wagner in einer Betriebsversammlung die Mitarbeiter darüber informiert, dass der schwedisch-amerikanische Konzern seine Deutschlandzentrale in Elmshorn Anfang 2025 schließen und in der Bundesrepublik nur noch auf den Standort Dachau bei München setzen will.

Im Juli hatte die Konzernspitze entschieden, den Autoliv Standort in Elmshorn aufzugeben

Das Aus für Elmshorn, wo Autoliv zum damaligen Zeitpunkt knapp 500 Vollzeitstellen unterhielt, kam völlig überraschend. Und ausgerechnet in dem Jahr, in dem der Standort Elmshorn 50 Jahre bestand. „Die ersten vier bis sechs Wochen waren alle im Schockzustand. Den gibt es jetzt nicht mehr“, sagt Autoliv-Betriebsratschef Klaus Brüggemann.

Der Elmshorner Betriebsrat hat im Oktober sowie im November gemeinsam mit der IG Metall Verhandlungen mit der Konzernspitze geführt. Jetzt liegt eine Einigung auf dem Tisch, die Ergebnisse wurden den Mitarbeitern in Elmshorn Anfang der Woche vorgestellt. Brüggemann: „Jetzt haben alle Klarheit.“

Autoliv Elmshorn: Vor Ende 2024 muss niemand gegen seinen Willen gehen

Klar sei schon vorher gewesen, „dass niemand vor Ende 2024 gegen seinen Willen gehen muss“, so der Betriebsratschef weiter. Bis zum 31. Dezember 2024 lief ein Beschäftigungssicherungsvertrag, der es Autoliv verbietet, in Elmshorn Arbeitsplätze abzubauen. Daher hatte der Konzern die Schließung auch erst für Anfang 2025 angekündigt.

Der Betriebsrat von Autoliv Elmshorn um den Vorsitzenden Klaus Brüggemann (v.l.), Anke Krummer, Torsten Kock, Gerd Müller, Marco Meins und Knut Janzen.
Der Betriebsrat von Autoliv Elmshorn um den Vorsitzenden Klaus Brüggemann (v.l.), Anke Krummer, Torsten Kock, Gerd Müller, Marco Meins und Knut Janzen. © Arne Kolarczyk | Arne Kolarczyk

So kommt es nun auch. Allerdings werden nicht alle knapp 500 Stellen gestrichen, für etwa 25 Prozent der Beschäftigten geht es zunächst weiter. 365 Arbeitsplätze werden im Zeitraum vom 31. Dezember 2024 bis Ende Dezember 2025 abgebaut. Dies betrifft zum Teil Mitarbeiter aus dem Bereich Engineering. Ihre Arbeitsplätze werden hauptsächlich nach Rumänien, Polen sowie Ungarn verlagert, wo die Lohnkosten deutlich niedriger sind.

Autoliv Elmshorn: Mitarbeiter können bis zu einem Jahr in eine Transfergesellschaft wechseln

Die scheidenden Mitarbeiter erhalten die Möglichkeit, in eine Transfergesellschaft zu wechseln, wo sie bis zu einem Jahr bleiben können. „Viele Kollegen wollen das in Anspruch nehmen“, berichtet der Betriebsratschef. Dort erhalten die ehemaligen Autoliv-Mitarbeiter professionelle Beratung zur beruflichen Neuorientierung und wechseln im Idealfall nahtlos in ein neues Arbeitsverhältnis.

Das dürfte auch funktionieren, weil es sich zum Großteil um hoch qualifizierte Arbeitskräfte handelt, etwa aus den Bereichen Kundenbetreuung, Finanzbuchhaltung, Einkauf und Vertrieb. Sie dürften auf dem Arbeitsmarkt begehrt sein. 127 Mitarbeiter können zunächst bei Autoliv bleiben. „Viele betreuen laufende Kundenprojekte für unsere Premiumkunden aus der Automobilindustrie“, so Brüggemann.

Aus für Autoliv in Elmshorn: 57 Arbeitsplätze bleiben temporär, 70 dauerhaft

57 dieser Arbeitsplätze werden Ende 2026 beziehungsweise Ende 2027 gestrichen, wenn diese Projekte auslaufen. „Dem Arbeitgeber ist auch aufgefallen, dass er eine ganze Reihe von Leuten weiterhin braucht“, so der Betriebsratschef weiter. 70 genau definierte Positionen, die von Elmshorn aus globale Funktionen für den Autoliv-Konzern innehaben, sollen dauerhaft erhalten bleiben.

Die Belegschaft von Autoliv Elmshorn. Das Bild stammt aus dem Juli, unmittelbar nach dem die Geschäftsführung das Aus für den Standort verkündet hatte.
Die Belegschaft von Autoliv Elmshorn. Das Bild stammt aus dem Juli, unmittelbar nach dem die Geschäftsführung das Aus für den Standort verkündet hatte. © Arne Kolarczyk | Arne Kolarczyk

Einen Standort wird es für sie in Elmshorn nicht mehr geben. „Der Arbeitgeber erwartet nicht, dass sie mit umziehen“, erläutert Brüggemann. Die 70 Mitarbeiter sowie die 57 Beschäftigten, die temporär bleiben können, sollen aus dem Homeoffice beziehungsweise aus einem Co-Working-Space im Raum Elmshorn/Pinneberg weiterarbeiten.

Autoliv-Betriebsrat: „Unter den gegebenen Umständen ist das Verhandlungsergebnis gut“

„Unter den gegebenen Umständen ist das Verhandlungsergebnis gut“, sagt Brüggemann. Der letzte Sozialplan aus dem Jahr 2021 habe nochmals deutlich verbessert werden können. Damals hatte der Konzern entschieden, die Produktion von Sicherheitsgurten in Elmshorn zu schließen und nach Ungarn und Rumänien zu verlagern. Das kostete mehr als 200 Arbeitsplätze.

Auch Kai Trulsson, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Unterelbe, ist mit dem Verhandlungsergebnis zufrieden. „Wir haben das Beste rausgeholt, was machbar war. Wir haben das Ergebnis den Mitarbeitern vorgestellt, die waren zufrieden.“

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Auf den Sozialplan haben alle rund 500 derzeit Beschäftigten von Autoliv am Standort Elmshorn Anspruch, allerdings zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Für den Wegfall ihres Arbeitsplatzes erhalten die betroffenen Mitarbeiter eine durchschnittliche Abfindung in Höhe von 200.000 Euro. Zusammengerechnet zahlt Autoliv für die 422 wegfallenden Stellen weit mehr als 80 Millionen Euro für Abfindungsleistungen.

Gewerkschaft: Mitarbeiter waren nicht mehr bereit, für Erhalt ihrer Arbeitsplätze zu kämpfen

„Autoliv zahlt jetzt den Preis dafür, dass hier ein ganzer Standort nach 50 Jahren einfach platt gemacht wird“, sagt Trulsson. Die Mitarbeiter seien nach den Entlassungswellen der vergangenen Jahre gar nicht mehr bereit gewesen, um den Erhalt ihres Arbeitsplatzes zu kämpfen – sie hätten schlichtweg das Vertrauen in ihren Arbeitgeber verloren. Trulsson: „Am Ende zählte nur der wirtschaftliche Nachteilsausgleich, den wir für unsere Mitglieder noch einmal erhöhen konnten.“

Mitglieder der IG Metall hätten Anspruch auf eine zusätzliche Abfindung, die im Einzelfall mehr als 20.000 Euro betragen kann. Die verbleibenden Mitarbeiter, für die bisher in Elmshorn der Tarifvertrag der Textil- und Bekleidungsindustrie gegolten hat, werden organisatorisch in Dachau angegliedert. Für sie gilt künftig der Tarifvertrag der bayrischen Metall- und Elektroindustrie, sodass sie mehr verdienen werden.

Aus für Autoliv in Elmshorn: Auch der Betriebsrat wird sich verabschieden

Wenn sich das Autoliv-Gebäude an der Otto-Hahn-Straße im Jahr 2025 langsam leert, endet auch die Zeit des elfköpfigen Betriebsrats – inklusive des Vorsitzenden. Klaus Brüggemann, der seit 1990 für Autoliv tätig ist, gehört auch zu denen, die ihren Job verlieren werden. „Ich gehöre sicherlich nicht zu denen, die als Erstes gehen.“ Doch wenn alles abgewickelt ist, wird auch die Arbeitnehmervertretung ihre Arbeit beenden müssen.