Kreis Pinneberg. Warum die 500 Millionen Euro teure Zentralklinik, die bis 2032 am Ossenpadd in Pinneberg entstehen soll, das Modell der Zukunft ist.

Der geplante Neubau einer Zentralklinik in Pinneberg ist für den Sana-Konzern aus München ein wichtiges Prestige-Objekt. Von den 53 Standorten des drittgrößten Klinik-Konzerns in Deutschland, der im Jahr drei Milliarden Euro umsetzt und zwei Millionen Patienten versorgt, ist das 500-Millionen-Euro-Vorhaben am Pinneberger Ossenpadd das einzige „Monsterprojekt“ in ganz Norddeutschland.

Pinneberg ist nur eines von vier „Monsterprojekten“ des Sana-Konzerns

Das sagte Thomas Lemke, Vorstandsvorsitzender des Hauptgesellschafters der Regio Kliniken, die mehreren privaten Krankenversicherungen gehört, bei seinem Besuch im Dienstleistungszentrum Elmshorn, wo die Regio Kliniken ihre Krankenpflegeschülerinnen und -schüler ausbilden. Etwa 30 Politiker von Kreis und Kommunen sowie Verwaltungsmitarbeiter hörten aufmerksam zu. Nur noch in Nürnberg, Dresden und Hof im Süden des Landes plane die Sana AG ähnliche solcher Großbauprojekte, sagte Vorstandschef Lemke dem Hamburger Abendblatt.

Sana-Vorstandschef: Die geplante Zentralklinik ist das „Modell der Zukunft“

Zudem betonte der Sana-Chef, dass die Zentralklinik, die mit 767 stationären Planbetten, 104 tagesklinischen Plätzen und dem angeschlossenen Gesundheitscampus bis 2032 fertiggestellt werden soll, „das Modell der Zukunft“ der medizinischen Versorgung in Deutschland sein wird. „Das Krankenhaus neuer Prägung wird künftig das Zentrum medizinischer Versorgung sein.“ Die bislang getrennten Bereiche von Notfallversorgung eines Akutkrankenhauses, Rehabilitationseinrichtungen und den medizinischen Dienstleistungen niedergelassener Ärzte würden hier an einem zentralen Standort vereint.

Blick von Norden auf das Gelände für den geplanten Bau der Zentralklinik am Ossenpadd in Pinneberg.
Blick von Norden auf das Gelände für den geplanten Bau der Zentralklinik am Ossenpadd in Pinneberg. © Reimar Wulf | Reimer Wulf

Anders wäre der heutige Standard der Gesundheitsversorgung hierzulande nicht mehr aufrechtzuerhalten, betonte der Sana-Chef Lemke. Denn bis dahin werde sich die Zahl der Ärzte in Deutschland nahezu halbiert haben. Und neun von zehn jungen Ärztinnen und Mediziner wollten heutzutage lieber angestellt als selbstständig arbeiten.

Lemke: Wer am alten System festhält, ist in zehn Jahren weg vom Fenster

Wer sich nicht darauf einstelle, sei in zehn Jahren nicht mehr auf dem Markt, prophezeit Lemke. „Wer das alte System verteidigt, existiert in zehn Jahren nicht mehr. Wir müssen die medizinische Versorgung anders denken.“

Darum erfordere es großen Mut und einen regelrechten Pioniergeist, ein solches Vorhaben anzupacken und umzusetzen, das Sana jetzt zusammen mit dem Mitgesellschafter Kreis Pinneberg in der Kreisstadt realisieren möchte, führte Vorstandschef Lemke weiter aus. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen seien dafür allerdings nicht ideal. Er habe den Eindruck, dass der Gesetzgeber in Berlin die medizinische Versorgung lieber zentral am Reißbrett planen und regeln möchte.

„Die machen die Rolle rückwärts und wollen Rationalisierung und Mangelversorgung. Das macht mich kirre“, sagte Lemke. Dabei müsse die regionale Versorgung im Mittelpunkt der Entscheidungen stehen. Es macht keinen Sinn, ein einheitliches System überzustülpen.“

Kreispolitik will die Versorgung der Kommunen im Blick behalten

Das ist auch den Kreispolitikern wichtig, wie Sabine Schaefer-Maniezki (Grüne) betonte. „Wir müssen alle Kommunen des Kreises Pinneberg im Blick behalten und aufpassen, dass die Arztsitze nicht weggeworben werden. Das macht mir große Sorgen“, sagte die stellvertretende Kreispräsidentin. Worauf Gundolf Thurm, einer der beiden Geschäftsführer der Regio Kliniken, sagte: „Die Zentralklinik wird nicht die wohnortnahe medizinische Versorgung ersetzen.“ Die Regio Kliniken verstünden sich als „wichtiger Partner der niedergelassenen Ärzte, mit denen wir weiterhin eng zusammenarbeiten wollen.“ Es gehe beim geplanten neuen Gesundheitscampus mitnichten um „eine Abwerbung von Ärzten aus der Fläche“.

Betriebsrätin Lages: Alle Kollegen haben große Lust, die neue Klinik zu gestalten

Herta Laages, die seit 27 Jahren dem Betriebsrat der Regio Kliniken angehört, machte deutlich, was der geplante Klinikneubau, der die beiden Krankenhäuser in Elmshorn und Pinneberg an einem neuen Standort zusammenführen soll, für die etwa 2400 Mitarbeitenden bedeutet. „Was es für ein Chaos auslöst, an alten Zöpfen festzuhalten, sehen wir ja gerade in Rendsburg-Eckernförde“, sagte sie und meinte damit das Festhalten an zwei Krankenhausstandorten, die allein nicht zukunftsfähig sein werden.

Bis zum Jahr 2032 soll am Ossenpadd in Pinneberg das neue Zentralkrankenhaus errichtet werden. Das Foto wurde vom Westring aus aufgenommen.
Bis zum Jahr 2032 soll am Ossenpadd in Pinneberg das neue Zentralkrankenhaus errichtet werden. Das Foto wurde vom Westring aus aufgenommen. © Frank Schulze | Frank Schulze

„Wir machen das hier zum Glück anders“, sagte sie. Nach all den Jahren von Rückschlägen und falschen Entscheidungen habe sie nun endlich „den Eindruck, dass wir vor der Flut sind“. Die gesamte Belegschaft brenne für das Neubauvorhaben. „Wir haben alle große Lust darauf, das neu zu gestalten.“

Steinberg: Die Stadt Pinneberg steht wie eine Eins hinter dem Projekt

Das gilt auch für die Kreisstadt in Pinneberg, wie Bürgermeisterin Urte Steinberg betonte. „Politik und Verwaltung in Pinneberg stehen wie eine Eins zur Zentralklinik, die wir zweifellos alle wollen. Wir werden alles dafür tun, dass sie auch realisiert wird“, sagte Steinberg. „Pinneberg soll Pionierstadt sein. Wir wollen dafür sorgen, dass die neue Zentralklinik zum medizinischen Leuchtturmprojekt für ganz Norddeutschland wird.“

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Zurzeit liefen gerade die Grundstücksverhandlungen und Bodenuntersuchungen für das Gelände am Pinneberger Ossenpadd, sagte Klinikchefin Regina Hein. Dies werde auch einiger Zeit bedürfen, der Zeitplan würde aber bislang eingehalten. Für die neue Klinik mit dem Gesundheitscampus werden mindestens 90.000 Quadratmeter Fläche benötigt. Am Ossenpadd im Norden der Kreisstadt stünden bis zu 25 Hektar Land zur Verfügung, sagte Bürgermeisterin Steinberg.

Land Sachsen fördert Sana-Klinik in Dresden mit 150 Millionen Euro

Die Entscheidungsträger von Sana und den Regio Kliniken erwarten auch die volle Unterstützung der Kreis- und Landespolitiker, die „bei der Stange bleiben mögen bei diesem Langläuferprojekt“, bat Regina Hein. Und die anwesenden Kreispolitiker sagten dies zu. So erhofft sich Sana-Vorstandschef Lemke auch in ein paar Jahren von der Landesregierung in Kiel eine ähnlich hohe, wenn nicht höhere Förderzusage wie jetzt gerade vom Bundesland Sachsen. Das habe ihm dieser Tage 150 Millionen Euro zugesprochen, um in Dresden ein neues Herzzentrum für 250 Millionen Euro zu errichten.