Rellingen. Der Rellinger Schüler leidet an unterschiedlichen Krankheiten. Ein Labrador soll ihm im Alltag zur Seite stehen. Dafür sammelt Jamie.
- Schüler Jamie aus Rellingen leidet an Krämpfen, Herzproblemen und Asthma
- Labrador Ares wird zum Assistenzhund ausgebildet – das kostet viel Geld
- Menschen spenden auf GoFundMe für Jamie und Ares
Jamie Battermann leidet unter verschiedenen chronischen Erkrankungen, die ihm den Alltag sehr schwer bis unmöglich machen. „Ich habe Dissoziative Krampfanfälle, Herzerkrankungen und sehr schweres Asthma“, so der Rellinger Schüler. Der 16-Jährige besucht die elfte Klasse der Oberstufe an der Caspar-Voght-Schule. Nun hofft er, dass ein Assistenzhund sein Leben erleichtert. Dafür sammelt er Spenden, denn die Ausbildung der Spezialhunde ist sehr teuer.
Seinen Alltag beschreibt Jamie als sehr wechselhaft und kaum planbar. „Oft schwenkt mein körperlicher Zustand innerhalb von Minuten um. Konkret bedeutet das, dass ich morgens mit wenig Symptomen in die Schule gehe, zwei Stunden später jedoch in der Notaufnahme liegen kann.“
Stress kann bei Jamie Krampfanfälle auslösen
Dissoziative Krampfanfälle ähneln epileptischen Anfällen. Sie entstehen oft durch traumatische Erlebnisse, so auch bei Jamie. Die Anfälle schränken ihn im Alltag sehr ein. „Ich kann nicht richtig zur Schule gehen, bin berufsunfähig und lande alle ein bis zwei Wochen mit dem Rettungsdienst in der Notaufnahme, weil die Krampfanfälle stationär versorgt werden müssen“, sagt er.
Stressige Situationen können einen Krampfanfall auslösen. Einkaufen, Klausuren, mit Bus und Bahn fahren, Konfrontationen mit Menschen, laute Geräusche, negative Gefühle und vieles mehr seien ursächlich. Darum vermeidet Jamie diese Situationen so gut es geht. Dadurch geht ihm viel Lebensqualität verloren.
Jamie leidet auch an Herzerkrankungen und schwerem Asthma
Zusätzlich zu den Krampfanfällen leidet Jamie unter Herzerkrankungen und sehr schwerem Asthma. Er hat Herz-Rhythmus-Störungen, die tödlich enden können. „Durch mein schweres Asthma muss mein Herz jedoch die fehlende Leistung meiner Lunge ausgleichen – dadurch werden weitere Herz-Rhythmus-Störungen ausgelöst. Ich bin deshalb körperlich kaum belastbar, Treppen steigen, längere Strecken gehen, Sachen tragen oder teilweise auch einfach die Arme heben, ist an manchen Tagen schon zu viel. Daher brauche ich dringend Unterstützung“, sagt er.
Labrador Ares, der seit Juni bei Jamies Familie lebt, ist im Alltag schon jetzt eine große Hilfe. Der acht Monate alte Rüde kann schon die Notfalltasche mit Medikamenten bringen und schirmt Jamie in Menschenmengen ab, indem er sich vor oder hinter ihn stellt. An der Straße bleibt er an Bordsteinkante stehen, um Jamie davor zu bewahren, einfach auf die Straße zu laufen. „Ich bin manchmal in Zuständen, wo ich nicht mehr klar bin und auf die Straße laufen könnte“, sagt der Rellinger, der mit seinem jüngeren Bruder (11) bei den Eltern wohnt.
Assistenzhund Ares zeigt Asthmaafall an und vertreibt Albtraum
Und eine Sache kann Ares, ohne dass es ihm beigebracht werden muss: Er kann einen Asthmaanfall erschnuppern und Jamie warnen. „Normalerweise lernen die Assistenzhunde das erst ab dem zwölften Monat Ausbildung“, sagt er. Aber Ares kann es von Natur aus die Veränderungen im Körpergeruch frühzeitig erkennen. Das soll er später auch bei einem Krampfanfall oder einer Herz-Rhythmus-Störung anzeigen.
Die begleitende Ausbildung des Assistenzhundes dauert etwa zwei Jahre. Ares und Jamie üben mit der Hundetrainerin seit dem Sommer zusammen. Es liegt also noch ein ganzes Stück Arbeit vor ihnen. Aber schon jetzt geht es Jamie auch emotional viel besser. „Mit dem ersten Tag mit Ares habe ich keine Albträume mehr. Dabei konnte ich vorher manchmal nächtelang nicht schlafen“, sagt der Schüler.
Assistenzhund legt sich auf die Beine, um Puls zu senken
Ares wird zum Beispiel noch lernen, beim Treppenlaufen zu unterstützen, Dinge aufzuheben und zu tragen, Jamie aus stressigen Situationen rausführen, wenn er dazu nicht mehr in der Lage bin, bei anderen Menschen Hilfe zu holen, wenn er bewusstlos wird. „Er kann sogar eine spezielle Übung ausführen, welche das Nervensystem stimuliert und somit den Stresspegel sowie den Puls senkt“, so Jamie. Dafür legt sich Ares über seine Beine.
„Ich bin noch jung und möchte so selbstständig wie möglich sein,“ sagt Jamie. Sein Ziel: wieder normal zur Schule gehen können und das Abitur machen. In der Schule wird gerade geprüft, ob der Assistenzhund ihn in den Unterricht begleiten darf. Dafür muss Jamie der Schulaufsicht einen Ausbildungsnachweis und ein Eignungsschreiben der Hundetainerin sowie den Nachweis einer Haftpflichtversicherung für den Hund vorlegen. Und es wird abgefragt, ob die Mitschüler eine Allergie oder Angst haben.
Ausbildung eines Assistenzhundes ist sehr teuer
„Aber in der Schule sind sie sehr offen für die Möglichkeit“, sagt Jamie. Die Mitschüler – in der Elften wurden die Klassen neu zusammengesetzt – wissen alle von seinen Krankheiten, damit niemand bei einem Anfall überrascht wird. Mehr Toleranz und Respekt würde sich Jamie im Alltag von seinen Mitmenschen wünschen.
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„Wenn ich den Hund mit in ein Geschäft nehme, sind die Reaktionen nicht immer freundlich. Dabei gilt ein Assistenzhund genauso wie ein Rollstuhl als medizinisches Hilfsmittel und bei einem Blindenhund würde auch niemand die Notwendigkeit anzweifeln“, sagt er.
Die Ausbildung eines Assistenzhundes ist teuer. Die Kosten belaufen sich auf rund 14.000 Euro. Geld, dass Jamies Eltern nicht aufbringen können. „Dadurch, dass ich durch meine Berufsunfähigkeit meinen Minijob kündigen musste, fällt mein Einkommen auch weg“, so Jamie. Er sammelt nun über Gofundme Spenden, wie es ihm zwei Freunde vorgeschlagen haben. 460 Spenden sind bereits eingegangen und seit Start der Kampagne am 6. August so 5743 Euro zusammengekommen.
Lara Schaffrina aus Kölln-Reisiek hat jetzt Assistenzhündin Nele
Einen Assistenzhund braucht auch Lara Schaffrina aus Kölln-Reisiek. Sie leidet unter Clusterkopfschmerz. Manchmal sind die Schmerzen so stark, dass sie bewusstlos wird. Depressive Episoden, Borderline, Ängste und Zwänge machen ihr das Leben zusätzlich schwer. Mittlerweile sind 117 Spenden eingegangen und 3085 Euro zusammengekommen. Als Spendenziel waren 12.000 Euro anvisiert.
Wie Lara Schaffrina auf GoFundMe berichtet, hat sie am 15. Oktober die Labradorhündin Nala, die bereits den Wesenstest zur Assistenzhündin bestanden hat, von der Züchterin abholen können. „Damit ich Nala optimal ausbilden kann und sie mich dann auch optimal unterstützen kann, bin ich weiterhin auf Spenden angewiesen“, schreibt sie auf der Spendenseite.