Tornesch. Fast 2000 Menschen spenden mehr als 130.000 Euro, damit Frau und zwei kleine Kinder in ihrem Zuhause in Tornesch bleiben dürfen.

„Es ist unfassbar, wie viele Menschen für unsere Familie spenden, obwohl die meisten uns gar nicht kennen.“ Das sagt Marcel Berte. Er ist 39 Jahre alt, Vater von zwei kleinen Kindern und weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Damit Frau Jeanine, Ole (2 1/2) und Erik (7 Monate) in ihrem Zuhause in Tornesch bleiben können, haben Familie und Freunde eine Spendenkampagne initiiert – mit überragendem Zuspruch.

„Ich wünsche euch allen viel Kraft und Stärke, liebe Menschen, die euch unterstützen und begleiten. Auch wenn es nur ein kleines Zeichen ist, wünsche ich euch, dass ihr fühlen könnt, wie viele Menschen und Kollegen an euch denken und die Spende ein kleines bisschen hilft in der kommenden Zeit“, schreibt eine Spenderin und schickt „eine feste Umarmung aus Franken“ mit.

„Unfassbar“: Todkranker Familienvater überwältigt von riesiger Hilfe

Das ist eine von einer Vielzahl an Wünschen und Aufmunterungen. Etwa 2000 Menschen haben bislang auf das Spendenkonto eingezahlt. Mehr als 130.000 Euro sind so zusammengekommen. Die größte Einzelspende betrug bislang 50.000 Euro. „Ich sehe bei den vielen Spenden immer große Kinderaugen vor mir“, erzählt der Vater mit brüchiger Stimme.

Eigentlich war alles sorgsam geplant und die Liebe groß, als im Frühjahr der zweite Sohn geboren wurde. Das Haus in Tornesch war trotz vieler Schwierigkeiten eines Baus in der Corona-Zeit endlich bezogen. Nur die Lebensversicherung konnten die Eheleute für den Mann nicht abschließen, da er 2016 an Krebs erkrankt war, auch wenn alles als geheilt galt.

Vor gut einem halben Jahr war die Welt der Familie noch in Ordnung: Marcel (39), Ole, Erik und Jeanine Berte.
Vor gut einem halben Jahr war die Welt der Familie noch in Ordnung: Marcel (39), Ole, Erik und Jeanine Berte. © Sharon Röttger von Sharon Dianne Photography | Sharon Röttger von Sharon Dianne Photography

Tatsächlich ging es dem Vater nach der Geburt von Erik plötzlich schlecht. Zuerst schien es dafür keine Erklärung zu geben, bis die traurige Wahrheit feststand: Der Krebs war wieder da, heftiger als zuvor.

Marcels letzter Wunsch: Staatsoper statt Helgoland-Törn

Seitdem kämpft die Familie um jede gemeinsame Erinnerung, jede gemeinsame Minute. Zuerst sollte mithilfe der Spendenkampagne nur ein großer Wunsch des Vaters erfüllt werden: eine Reise nach Helgoland. Die dafür benötigten 500 Euro waren mithilfe des Spendenaufrufs schnell zusammen. Und es kam immer mehr. „Damit habe ich nie gerechnet“, sagt der Vater und muss mit den Tränen kämpfen.

Der Wunsch eines Helgoland-Törns wird aber wohl nicht mehr erfüllt werden können. Dem Vater geht es nach der Strahlentherapie und einem Schlaganfall viel zu schlecht. „Mir tut alles weh. Die Bestrahlung des Kopfes war absolut brutal. Ich bin seitdem chronisch erschöpft, immer müde und komme kaum noch aus dem Bett“, erzählt er am Telefon.

Wünschewagen des ASB soll letzten Ausflug betreuen

Stattdessen gibt es jetzt einen Plan B, den Freunde und Familie schmieden. „Meine Frau und ich sind früher gern in die Oper gegangen und waren vorher gemeinsam Essen.“ Hunger hat Marcel Berte überhaupt nicht mehr. Aber betreut vom Team des Wünschewagens des Arbeiter-Samariter-Bundes möchte er noch einmal gemeinsam mit seiner Frau Jeanine in die Staatsoper.

Und natürlich gibt es den Wunsch nach Nähe zu seinen liebsten. Jeden Tag freut sich Marcel Berte, wenn er einen Augenblick seine Jungs in die Arme nehmen kann. „Aber nach spätestens fünf Minuten bin ich erschöpft. Ich möchte so gern mit ihnen spielen, aber jede Bewegung bis in die Fingerspitzen tut fürchterlich weh.“

Mutter Jeanine: „Meine Kinder geben mir Kraft“

Und so kämpft die Familie weiter um jeden gemeinsamen Augenblick – mittendrin Mutter Jeanine, die weiß, dass sich ihre kleinen Kinder später nicht mehr an den Vater erinnern können. Psychologen aus der Universitätsklinik kümmern sich um Mutter und die Söhne.

Doch das Wichtigste ist ganz nah. „Meine Kinder geben mir die Kraft“, erzählt Jeanine Berte. Möglichst offen sollen Vater und Mutter mit der Krankheit umgehen. Sohn Ole weiß, dass der Vater schwer krank ist. Er sagt „Papa Aua“, wenn er daran denkt.

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Damit für die beiden Kinder und Mutter Jeanine alles so normal wie möglich weiterläuft, kümmern sich die Eltern der Eheleute, Geschwister und viele Freunde liebevoll darum, dass der Alltag im Hause Berte bewältigt wird. Gleichzeitig läuft die Spendenkampagne weiter.

„Wir würden jeden Cent gegen einen gesunden Marcel eintauschen“

Marcels Schwager Maurice, einer der Motoren der Initiative, sagt: „Die Summe ist unglaublich und die Erleichterung bei Marcel und Jeanine ist riesig. Die Zeiten sind schrecklich, und wir würden jeden Cent gegen einen gesunden Marcel eintauschen. Aber der Gedanke, dass die beiden Kleinen nicht auch noch ihre gewohnte Umgebung verlieren und in die nächste Krise stürzen, hat schon für die eine oder andere Träne in der Familie gesorgt!“

Aber Maurice Berte weiß auch: „Die Kosten, die im Zusammenhang mit der Erkrankung entstehen, sind noch nicht absehbar, und jeder Euro hilft der Familie, die finanzielle Ungewissheit zu überstehen und die Zukunft von Ole und Erik abzusichern.“