Elmshorn. Die Gesteinsbrocken wurden direkt ins Labor geschickt. Was bei den Untersuchungen nun herauskam, verrät Physiker Dieter Heinlein.
Am 25. April geriet die Stadt Elmshorn bundesweit in die Schlagzeilen, als mehrere Bruchstücke eines Meteoriten in Privatgärten und auf Dächern landeten. Die wissenschaftlichen Untersuchungen laufen seitdem auf Hochtouren und auch die Sammelleidenschaft ist geweckt. Für den größten Brocken aus Elmshorn, etwa 3,7 Kilogramm schwer und im Privatgarten einer Familie niedergegangen, werden laut dem Magazin Stern inzwischen sogar 400.000 Euro geboten.
Das Besondere an den Einschlägen in Elmshorn war, dass solche Funde nur äußerst selten sind. Sie werden auch so gut wie nie dokumentiert. Weil die kosmischen Gesteinsbrocken aber direkt in einem Wohngebiet der Stadt an der Krückau niedergingen, konnten sie nach dem Fund umgehend ins Labor geschickt werden.
Was bei den Untersuchungen bislang herauskam, das verrät der Meteoriten-Experte und Physiker Dieter Heinlein am Dienstag, 7. November, im Industriemuseum Elmshorn an der Catharinenstraße 1. Sein Vortrag trägt den Titel „Paradebeispiel eines Meteoritenfalls“ und beginnt um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Dieter Heinlein ist ausgewiesener Meteoriten-Spezialist des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), und zwar am Institut für Planetenforschung. Der Physiker sammelt seit 45 Jahren Meteorite und ist auf diesem Gebiet als anerkannter Gutachter tätig.
Forscher lösen Rätsel um seltenen Himmelskörper
Normalerweise sei das Innere eines Meteoriten, wie die Gesteinsbrocken genannt werden, solang sie noch im All herumfliegen, sehr homogen, sagte Dieter Heinlein nach dem Fund auf Anfrage des Abendblatts. Durch die Kollision mit anderen Objekten verändere sich die Struktur im Inneren.
„Diese Struktur lässt dann Rückschlüsse auf Zusammenstöße mit anderen Himmelskörpern zu“, so Heinlein. Nur aufgrund dieser Zusammenstöße könne ein Meteorit überhaupt auf Kollisionskurs mit der Erde gelangen.
Und auch wenn es sich beim Elmshorner Objekt um einen gewöhnlichen Chondriten handelt, sei der Fall nicht gewöhnlich. „Das ist ein sehr spektakuläres Ereignis“, sagt Dieter Heinlein.
Meteorit könnte Aufschluss über das frühe Sonnensystem liefern
Für die Analyse des Meteoriten zersägte ein Forscherteam des Instituts für Planetologie ein etwa 40 Gramm schweres Stück des Gesteinsbrockens und stellte mehrere sogenannte Dünnschliffe her. Anhand dieser 30 Mikrometer dicken Scheiben konnten die Wissenschaftler weitergehende Untersuchungen durchführen, etwa zur internen Struktur.
Ein Teil des Himmelskörpers wurde zudem zu einem feinen Pulver verarbeitet, dies soll anderen Instituten in Europa zur weiteren Untersuchung zur Verfügung gestellt werden. Geprüft werden soll unter anderem, ob der Meteorit neue Erkenntnisse über Kollisions- und Bildungsprozesse im frühen Sonnensystem liefert.
Elmshorner entdecken Meteoriten auf ihrer Auffahrt
Dass es überhaupt dazu kommt, ist einer kosmischen Fügung zu verdanken: Wie das Abendblatt mehrfach berichtete, leuchtete am 25. April eine Feuerkugel über Schleswig-Holstein auf. Kurze Zeit später schlugen die Gesteinsbrocken auf Grundstücken und Hausdächern in Elmshorn ein.
Gleich mehrere Elmshorner berichteten Ende April von den Einschlägen und präsentierten erste Fundstücke. Wilfried Labusch entdeckte ein mehrere hundert Gramm schweres Meteoritenstück auf seiner Auffahrt, stellte das seltene Fundstücke der Wissenschaft zur Verfügung.
Meteorit wurde von Beobachtungsstation aufgezeichnet
Der Meteoritenschauer über Elmshorn war auch von mehreren Beobachtungsstationen aufgezeichnet worden. Die Videos könnten Aufschluss über die Flugbahn des Himmelskörpers geben. „Die Aufnahmen aus Wolfsburg und Bremerhaven wurden ausgewertet. Zwar handelt es sich um Tag-Aufnahmen, was die Berechnung der Flugbahn ein wenig erschwert“, so Heinlein. Bei Nachtaufnahmen könne diese präziser berechnet werden.
Dennoch liefere der Elmshorner Steinmeteorit „sehr viele Erkenntnisse“. Selten seien Flugbahn und möglicherweise auch die Strahlungsgeschichte so gut dokumentiert wie in diesem Fall.
Elmshorn: Sammler bieten sechsstellige Summe für Meteoriten
Das größte Stück wog laut Dieter Heinlein ganze 3,7 Kilogramm und ging nicht weit von Wilfried Labuschs Haus entfernt nieder. Dieser Gesteinsbrocken weckte allerdings nicht nur das Interesse der Wissenschaftler. Laut Medienberichten boten Sammler der Familie von Mahmut Sahin, in deren Garten sich der Meteorit 40 Zentimeter tief in den Rasen grub, bis zu 400.000 Euro für das Stück. Dem NDR sagte Sahin damals, er wolle den Stein aber nicht verkaufen, sondern ihn „auch anderen Menschen zugänglich machen“.
- Meteorit von Elmshorn stammt aus Urzeit des Sonnensystems
- Nazi-Terror in der Stadt: Tornesch bringt nun etwas Licht ins Dunkel
- Decathlon öffnet neue Filiale in Elmshorn: Was Kunden dort erwartet
Die Nachricht der Meteoritenfunde in Elmshorn hatte eine Vielzahl von Hobby-Planetologen auf den Plan gerufen, die sich auf die Suche nach weiteren Bruchstücken machten. Eine 46-Jährige legte dabei sogar zeitweise den Bahnverkehr lahm. Insgesamt wurden etwa vier Kilogramm kosmischer Gesteinsmasse in Elmshorn gefunden.