Elmshorn. Nach dem Jahrhundertereignis sind weitere Teile gefunden worden. Experte schätzt, dass der Brocken am Anfang noch viel größer war.
Nachdem der Meteoriten-Einschlag in Elmshorn bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hat, ist nur klar: Es war sogar ein kleiner Meteoritenhagel, der am vergangenen Dienstag in der größten Stadt des Kreises Pinneberg niedergegangen ist. Unter anderem war ein Gesteinsbrocken ins Wohnhaus von Wilfried und Birgit Labusch eingeschlagen – glücklicherweise, ohne größeren Schaden zu verursachen.
„Wir haben einen Knall gehört“, berichtete das Ehepaar dem Abendblatt. Im Anschluss fand Wilfried Labusch in der Auffahrt einen dunklen, tennisballgroßen Stein. Gewicht: 225 Gramm. Es war aber nur eines von drei größeren Meteoritenstücken, die mindestens über Elmshorn niedergingen. Das bestätigt jetzt Dieter Heinlein, Meteoriten-Experte beim Deutschen Luft- und Reinfahrtzentrum (DLR).
Meteoritenhagel in Elmshorn: Größter Fund wiegt 3,6 Kilo
Das größte von ihnen wiege etwa 3,6 Kilogramm, sagt Heinlein. Es wäre der schwerste Brocken aus dem All, der bisher in Schleswig-Holstein gefunden wurde. „Ein kleineres, etwa 200 Gramm schweres Stück ist beim Aufprall zersplittert.“ Bei Suchaktionen auf Gehwegen und Straßen hätten „erfahrene Leute“ drei weitere, etwa zehn Gramm schwere Stücke entdeckt.
Insgesamt dürfte der Gesteinsbrocken, der aus dem All in die Erdumlaufbahn geraten ist, wohl um die 100 Kilogramm schwer gewesen sein, schätzt Heinlein. Der größte Teil sei beim Eintritt in die Erdatmosphäre verglüht. Die Reste schlugen schließlich über Elmshorn verteilt ein. Rund vier Kilogramm kosmischen Gesteins wurden dort bislang gefunden.
Elmshorn: Woran Sie einen Meteoriten erkennen können
Meldungen, nach denen bereits 13 Funde von Meteoriten gemeldet wurden, widerspricht Heinlein. Dies könne er nicht bestätigen. Das größte, 3,6 Kilogramm schwere Stück wird derweil nicht – wie die anderen – ins Labor geschickt. Man wolle die Eigentumsrechte der Finder schützen. Denn: Wer einen Meteoriten findet, der wird zum Eigentümer.
Nicht nur für Experten, auch für Laien seien Meteoriten als solche zu erkennen. „Typisch sind die dünne schwarze Schmelzkruste und der Magnetismus“, sagt Heinlein. Falls die Kruste abgeplatzt sei, könne auch das Hinweise geben. „Ist das Innere Grau, handelt es sich vermutlich um einen Meteoriten.“
Meteoritenhagel: Gesteinsbrocken werden nun im Labor untersucht
Ein weiteres Indiz könnten zudem Rostflecken sein. „Gerade falls das Objekt schon länger draußen liegt, kann das enthaltene Metall beginnen zu rosten“, so Heinlein. Im Zweifel könnten Experten anhand von Fotos die Echtheit bestimmen.
Seit 30 Jahren untersucht der Physiker unterschiedliche Brocken aus dem All. Dem Experten beim Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum wird der Fund nun für weitere Messungen zugänglich gemacht. So soll etwa die Radioaktivität untersucht werden, da diese Rückschlüsse auf die Herkunft und die Flugbahn des Gesteinsbrockens geben kann.
Elmshorn: Meteorit muss schnellstmöglich untersucht werden
„Die Radioisotope zerfallen sehr schnell, deshalb müssen diese rasch untersucht werden“, sagt Heinlein. Die Radioaktivität sei aber nicht gefährlich. Vielmehr bedürfe es spezieller Bedingungen, um sie überhaupt messen zu können. So eine Untersuchung brauche aber Zeit, sagt Heinlein. Er rechnet damit, dass erst in einigen Wochen genaueres zur Herkunft und Flugbahn des Meteoriten gesagt werden könne.
Aufschluss darüber könnten auch die Videoaufnahmen einer Beobachtungsstation geben. Das System sei erst vor wenigen Jahren auf digitale Kameras umgestellt worden, die es ermöglichten, auch bei Tag Objekte aufzunehmen, sagt Heinlein. So geschehen in Elmshorn.
Woher der Meteorit von Elmshorn stammt, ist noch unklar
Er geht davon aus, dass der Gesteinsbrocken aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter stammt. Das gelte es jetzt zu überprüfen, sagt Heinlein. Die Auswertung der Aufnahmen dürfte sich aber noch etwas hinziehen. Im Fall des 2019 über Flensburg niedergegangen Meteoriten habe die Auswertung der Bilder viele Monate gedauert.
Die vorhandenen Fundstücke seien zum DLR nach Dresden sowie ans Institut für Planetologie nach Münster zur weiteren Untersuchung geschickt worden. Unter anderem soll geklärt werden, um welchen Typ von Steinmeteorit es sich handelt. Aller Wahrscheinlichkeit nach sei das 225 Gramm schwere Stück von Familie Labusch ein sogenannter metallhaltiger Chondrit.
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Elmshorn: Darum ist der Meteorit jetzt schon ganz besonders
Sicher ist sich Heinlein allerdings, dass alle Fundstücke zu einem, bereits angesprochenen großen Gesteinsbrocken gehörten. Der Großteil des Objekts sei beim Eintritt in die Atmosphäre geschmolzen. „Die wenigen Prozent, die übrig geblieben sind, gingen dann über Elmshorn nieder.“
Schon jetzt sei klar, dass der Elmshorner Meteorit ein ganz besonderer ist. Denn Uhrzeit und Ort des Aufschlags seien genau dokumentiert. „Das gibt es nur alle paar Jahre“, sagt Dieter Heinlein. Wer noch weitere Teile findet, kann sich diesbezüglich per E-Mail ans DLR wenden.