Kreis Pinneberg. A23 soll zwischen Eidelstedt und Tornesch sechsspurig werden. Priorität hat der Abschnitt aber nicht. Gegenwind gibt es trotzdem.
Der sechsspurige Ausbau der A23 zwischen Eidelstedt und Tornesch – dieser Plan sorgt für Diskussionen. Den einen geht es nicht schnell genug, sie wollen die A23 auf die Prioritätenliste des Bundes setzen. Die anderen wollen den Ausbau am liebsten komplett verhindern. Die Argumente sind vielseitig, die Probleme komplex. Immerhin: Eine Entscheidung ist nun gefallen.
Die Ampel-Koalition einigte sich nach langen Diskussionen auf eine Liste mit 138 Autobahnprojekten, die beschleunigt umgesetzt werden sollen. Der Ausbau der A23 ist nicht darunter. Damit setzen sich die Grünen im Bund durch. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte den Ausbau nach langem Hin und Her auf die Vorrangliste für Autobahnprojekte gesetzt, Wirtschaftsminister Robert Habeck intervenierte.
„Werbeveranstaltung“: Scharfe Kritik an Plan für A23-Ausbau
Ausgebaut werden soll die A23 zwar schon, aber ihr kommt nun keine übermäßige Priorität zu. Die Gegner des Autobahnausbaus dürfte das freuen. Schon im Mai, als erstmals bekannt wurde, dass die A23 nicht in der Prioritätenliste des Bundesverkehrsministeriums auftauchte, war die Erleichterung groß.
„Damit ist das Projekt zwar nicht raus aus dem Verkehrswegeplan, aber wir haben Zeit gewonnen“, sagt Christiane Degener-Wehmeier von der Bürgerinitiative A23 für umweltfreundliche Mobilität. Dennoch, die Planungen für den Autobahnausbau schreiten voran.
Kreis Pinneberg: Neueste Pläne für den A23-Ausbau vorgestellt
Die zuständige Planungsbehörde Deges hatte erst kürzlich bei einer Informationsveranstaltung die Pläne für eine sechsspurige A23 vorgestellt. Eine Veranstaltung, die bei den Mitgliedern der Bürgerinitiative überhaupt nicht gut ankam. Für die war die Vorstellung der Pläne eine „reine Werbeveranstaltung“.
Es seien nur die Vorteile des Ausbaus dargestellt worden, nicht jedoch die Nachteile. Ein großer Kritikpunkt: Die Lage des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) sei überhaupt nicht dargestellt worden. Auch andere Gegner des Autobahnausbaus, wie etwa die Pinneberger Grünen oder die Halstenbeker SPD, fordern, stattdessen mehr in den ÖPNV zu investieren.
A23: Autobahn ist morgens und abends stark überlastet
Denn dass die A23 vor allem in den Morgen- und Abendstunden überlastet ist, räumen sogar die Gegner des Autobahn-Ausbaus ein. Die Deges spricht davon, dass die A23 in sieben Jahren zu 17 Prozent überlastet sein werde. Statt mit weiteren Spuren ließe sich dieses Problem jedoch auch lösen, indem der ÖPNV attraktiver gemacht würde, argumentiert die BI.
Die BI widmet sich in einer Stellungnahme den verschiedenen Punkten, die auf der Info-Veranstaltung der Deges als Vorteile des Autobahnausbaus dargelegt wurden. Deges-Sprecher Ulf Evert hatte etwa gesagt, der Verkehr würde sicherer, wenn die A23 auf sechs Spuren verbreitert würde.
Befürchtung: Mehr Autobahnspuren sorgen für mehr Verkehr
Aus Sicht der BI ist das Gegenteil der Fall. Mehr Fahrspuren zögen mehr Autos an, die Unfallgefahr auf den Zubringerstraßen nehme mit steigendem Verkehrsaufkommen zu. Auch das Argument, dass der Lärmschutz für die Anwohner durch höhere Wände „spürbar verbessert“ werde, lassen die BI-Mitglieder nicht gelten. Die höheren Schallschutzmauern rückten dichter an die Grundstücke heran, die Folgen seien Verschattung und Entwertung.
Ein besonderer Kritikpunkt betrifft aber die Verkehrszahlen. Die gelten nämlich als Hauptargument für den Ausbau. Die Deges rechnet für das Jahr 2030 mit rund 96.000 Fahrzeugen täglich, die auf der A23 unterwegs sind. Und das allein auf dem 15,9 Kilometer langen Teilstück zwischen Tornesch und Eidelstedt.
Bürgerinitiative kritisiert Fahrzeugzahlen der Deges
Diese Zahlen will die BI aber nicht gelten lassen. Sie führt an, dass deutlich weniger Autos auf der A23 unterwegs seien, als von der Deges dargestellt. Die Mitglieder beziehen sich in ihrer Mitteilung auf die Verkehrszählungen, die von der Dauerzählstelle der Bundesanstalt für Straßenwesen auf Höhe Krupunder durchgeführt wird.
Die Dauerzählstelle weist für 2018 immerhin mehr als 70.250 Fahrzeuge pro Tag aus. Das sind allerdings die aktuellsten Daten der Zählstelle. Der größere Teil der Kraftfahrzeuge fährt dabei in Richtung Norden. Auffällig bei den Daten der Zählstelle: Die Zahl der Fahrzeuge variiert stark. 2013 wurden etwa 82.800 gezählt, 2017 nur noch rund 67.750. 2018 fuhren demnach wieder mehr Autos auf der A23 als im Vorjahr. Über die Verkehrszahlen der näheren Vergangenheit gibt die Dauerzählstelle allerdings keine Auskunft, zumindest sind diese noch nicht einsehbar.
Lieber den ÖPNV ausbauen, als die Autobahn?
Dennoch, der Standpunkt der BI wie auch anderer Gegner des Ausbaus ist klar: Lieber in den ÖPNV investieren als in die Autobahn. Jochen Hilbert von der Bürgerinitiative sagte: „Wenn wir 30.000 Menschen mehr in die Bahn bekämen, brauchen wir keinen A23-Ausbau mehr.“ Ähnlich äußerte sich auch Christoph Bittner von der Halstenbeker SPD. Der Ausbau sei nicht erforderlich, wenn stattdessen bis 204 in den ÖPNV investiert werde.
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Anderen kann es mit dem Ausbau gar nicht schnell genug gehen. FDP-Politiker Wolfgang Kubicki übte scharfe Kritik an Wirtschaftsminister Robert Habeck und forderte einen beschleunigten Ausbau der A23. Ken Blöcker, Geschäftsführer des branchenübergreifenden Unternehmensverbandes Unterelbe-Westküste, sagte dazu, dass die A23 nicht auf der Prioritätenliste stand: „Mit solchen Entscheidungen verharren wir im Stillstand.“
A23-Ausbau: Die Meinungen gehen bundesweit auseinander
Die Kieler Landesregierung dürfte über die Entscheidung auf Bundesebene ebenfalls nicht glücklich sein. Die hatte sich immer wieder für den Ausbau der A23 wie auch der A20 ausgesprochen. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sagte, die Ampel-Koalition arbeitete gegen die berechtigten Interessen Schleswig-Holsteins.
Die Meinungen zum A23-Ausbau gehen also weit auseinander. Die einen wollen am liebsten gar keinen, die anderen den Ausbau sofort. Laut Deges sind die Planungen nahezu abgeschlossen, 2025 soll der A23-Ausbau von der zuständigen Behörde in Kiel planfestgestellt werden. Ende der 2020er-Jahre könnte dann mit den Arbeiten begonnen werden.