Kreis Pinneberg. Während sich die Ausbau-Gegner freuen, dass das Projekt nun keine Priorität hat, äußert der Unternehmensverband harsche Kritik.
Nachdem die Planungsbeschleunigung für den Ausbau der A23 im Kreis Pinneberg vom Bund kassiert worden ist, schäumt nicht nur in Kiel die Politik. Auch der anderen Seite herrscht auch große Erleichterung, und zwar bei den Gegner des Autobahn-Ausbaus auf sechs Spuren in Rellingen.
„Damit ist das Projekt zwar nicht raus aus dem Verkehrswegeplan, aber wir haben Zeit gewonnen“, sagt Christiane Degener-Wehmeier von der Bürgerinitiative (BI) „A 23 Alternativen statt sechs Spuren“. „Wir sind sehr froh, dass Minister Robert Habeck diese Maßnahme wieder rausgenommen hat.“ Bekanntlich sollte die A23 nach dem Willen der Landesregierung schnellstmöglich zwischen Tornesch und Eidelstedt auf sechs Spuren ausgebaut werden.
Rellinger BI erleichtert, dass A23-Ausbau keine Priorität hat
Im Koalitionsausschuss wurden nun von SPD, FDP und Grünen auf Bundesebene gemeinsam 144 zusätzliche Projekte in die Planungsbeschleunigung aufgenommen. Mit der A23 wären es 145 geworden. Zuvor hatte sich die schleswig-holsteinische Landesregierung für den beschleunigten Ausbau ausgesprochen. Nun hat Vize-Kanzler Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) und ehemaliger Umweltminister in Kiel die Planungsbeschleunigung für den A23-Ausbau gestoppt.
Die letzten Tage seien ein Wechselbad der Gefühle gewesen. „Unsere BI-A23 ist sehr empört über den auch vom Land Schleswig-Holstein gut geheißenen Ausbau der A23“, sagt Christiane Degener-Wehmeier. „Wir vor Ort sind die Betroffenen, aber wir werden gar nicht dazu angehört.“
Entwicklung sehe die BI als große Chance für Schleswig-Holstein
Die neue Entwicklung sehe die BI als ganz große Chance, dass Schleswig-Holstein nun mehr Geld in einen schnellen Ausbau der Schiene und die Elektrifizierung der Westküste stecke. „Wir müssen erst mal die Pendler von der Straße holen“, sagt Christiane Degener-Wehmeier. Den Ausbau der A23 betrachtet die BI als Verschwendung von Geld und Ressourcen.
Der branchenübergreifende Unternehmensverband Unterelbe-Westküste e.V. (UVUW) sieht das ganz anders. „Wenn von 144 beschleunigten Maßnahmen null in Schleswig-Holstein sind, zeigt das ganz klar, dass Schleswig-Holstein in Berlin nicht ernst genommen wird“, sagt Geschäftsführer Ken Blöcker. „Mit solchen Entscheidungen verharren wir im Stillstand.“
Unternehmensverband fordert seit Jahren den Ausbau der A23
Der UVUW steht seit Jahren hinter dem Ausbau der A23. „Wir brauchen den Ausbau. Die Zahlen sind eindeutig. Auch mit dem Ausbau der Schiene, der natürlich auch sein muss, wird die Anzahl der Lkw und Pkw künftig weiterhin steigen.“ Und die Verkehrsteilnehmer würden jetzt schon häufig im Stau stehen.
Die jungen Unternehmer, das Forum für junge Familien- und Eigentümerunternehmer bis 40 Jahren, sehen das ähnlich. "Wir sehen dadurch die wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere an der Westküste, gefährdet und fordern die Landesregierung zum Handeln auf", sagt die Landesvorsitzende Nathalie Rieck: „Nach den Absagen an die A20 und den Nord-Ostsee-Kanal ist die Verzögerung bei der A23 ein weiterer schwerer Schlag für Schleswig-Holsteins Wirtschaft und vor allem für die Westküste.“
Junge Unternehmer zu A23: Straßenbau ist zentrale Bedingung
„Der Straßenausbau ist eine zentrale Bedingung dafür, dass der Norden auch wirtschaftlich von der Energiewende profitiert", so Rieck. Viele Unternehmen würden wohl kaum in Schleswig-Holstein investieren wollen, wenn sie sich nicht auf eine gute Verkehrsanbindung verlassen könnten. "Nur wenn vor Ort die notwendige Infrastruktur vorhanden ist, werden sich neue Betriebe, insbesondere Industrieunternehmen wie die Batteriezellenfabrik von Northvolt, ansiedeln. Auch für alle Pendler ist die Entscheidung ein Schlag ins Gesicht.“
Wieso mit Wirtschaftsminister Habeck ausgerechnet ein Schleswig-Holsteiner den Norden benachteilige, verwundere sehr. "Die Landesregierung muss jetzt in Berlin die überragende Bedeutung der A23 klarstellen und auf eine Aufnahme in die Beschleunigungsliste drängen“, fordert Rieck.
Grüne Jugend rügt schleswig-holsteinische Landesregierung
Johanna Schierloh, Landessprecherin der Grünen Jugend, verweist dagegen auf die Folgen für die Umwelt: „In Schleswig-Holstein haben CDU und Grüne im Koalitionsvertrag festgehalten, ihre politische Arbeit auf Einhaltung des 1,5 Grad Pfads auszurichten und spätestens 2040 klimaneutral zu sein. Jener 1,5 Grad Pfad findet sich ebenfalls bereits in der Präambel des Koalitionsvertrags der Bundesregierung. Diese so ambitioniert und klimafreundlich klingenden Pläne passen mit einem fortwährenden Neu- und Ausbau von Straßen nicht zusammen.“
Es reiche nicht, neben neuen Straßen Photovoltaik-Anlagen oder parallel zum Verbreitern einer Straße zwei weitere Gleise zu bauen, so Schierloh. Es brauche sanierte und für alle Verkehrsteilnehmer gut nutzbare und sichere Straßen und Fahrradwege sowie einen massiven und schnellen Ausbau des Schienennetzes und des ÖPNV.
„Wir fordern die schleswig-holsteinische Landesregierung auf, sich an ihren Koalitionsvertrag zu halten und konsequente Klimapolitik zu betreiben – das bedeutet auch, keine Kompromisse wie diesen einzugehen und so weiter Asphaltpolitik zu unterstützen“, sagt Schierloh.
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Dagegen kritisiert Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) die Entscheidung des Bundeskabinetts, für die Planung und den Ausbau der Autobahn 23 nicht das überragende öffentliche Interesse festzuschreiben scharf.