Kreis Pinneberg. Elektroroller immer beliebter. Doch mit der Zahl der Scooter steigen auch die Unfallzahlen. Wie sich dieser Trend ändern soll.
Sie sind aus dem Stadtbild vieler Orte mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Die E-Scooter sind ein nicht mehr ganz neuer Bestandteil der Mobilität, vor allem in den größeren Städten. Auch im Kreis Pinneberg, wo die Roller von Tier und Lime in Elmshorn und Pinneberg ausgeliehen werden können. Bei vielen, vor allem jüngeren Menschen, sind diese Roller beliebt, auch weil die Anmietung oftmals flexibel und unkompliziert funktioniert.
Bei vielen anderen, vor allem älteren Menschen, sorgen die Elektroroller immer wieder für Ärger, etwa wenn sie „wild“ im Stadtgebiet abgestellt werden, auf dem Bürgersteig im Weg stehen oder in Vorgärten herumliegen. Allerdings sind die E-Scooter hier eher Ärgernis als Gefahr.
E-Scooter: Risiko und Ärgernis – Immer mehr schwere Unfälle
Anders ist das im Straßenverkehr. Seit 2020 ist die Anzahl der Unfälle mit E-Scootern in Schleswig-Holstein um das Fünffache angestiegen. Von 92 Unfällen im Jahr 2020 auf 422 im Jahr 2022. In mehr als zwei Dritteln der Fälle stellte die Polizei die Fahrerinnen und Fahrer als Unfallverursacher fest – viele von ihnen unter Alkoholeinfluss.
Ähnlich lesen sich auch die Zahlen im Kreis Pinneberg. Hier stieg die Zahl der Unfälle mit E-Scootern von sechs im Jahr 2020 auf 19 im Jahr 2021, dabei wurden 14 Personen verletzt. 2022 verzeichnete die Polizei im Kreis Pinneberg 45 derartige Unfälle mit 38 Verletzten. Ein Anstieg von 136,8 Prozent.
Schleswig-Holstein: Zahl der E-Scooter nimmt immer weiter zu
In diese Statistiken fließen sowohl private als auch als Mietfahrzeuge genutzte E-Scooter ein. Die gibt es in Elmshorn seit Juli 2022. Zunächst boten die Verleiher Lime und Tier nur jeweils 100 Fahrzeuge an, schon einen Monat nach dem Start wurde die Zahl verdoppelt, weil sich die E-Roller großer Beliebtheit erfreuten.
Ein Trend, der sich in ganz Schleswig-Holstein zeigt. In der Landeshauptstadt Kiel bieten gleich drei Firmen ihre Leih-Roller an, rund 3000 Stück gibt es in der Stadt. Mit der Zahl der E-Scooter steigt auch die Zahl der Unfälle, in die die Fahrzeuge verwickelt sind. Das Land startet daher nur eine Präventionskampagne, um auf die Risiken der Roller hinzuweisen.
„Besser ankommen“: Land startet Präventionskampagne
Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen sagte zum Start der Kampagne „Besser ankommen“ und mit Blick auf die enorm gestiegenen Unfallzahlen: „Angesichts des alarmierenden Befunds, der auch auf die steigende Anzahl von Scootern zurückzuführen ist, starten wir gemeinsam mit der Landespolizei eine Präventionskampagne, die hoffentlich zur Umkehr des Trends führen wird.“
Als Zielgruppe wurden speziell die 16- bis 30-Jährigen ausgemacht. Die würden die E-Scooter oft nach dem feuchtfröhlichen Feiern für den Heimweg nutzen. „Dabei ist neben dem Einfluss von Alkohol eine falsche Straßenbenutzung die zweite Hauptunfallursache“, sagt Minister Madsen.
Bei E-Scooter gelten strenge Promillegrenzen
E-Scooter gelten vor dem Gesetz als Kraftfahrzeuge. Deshalb gelten die gleichen Promillegrenzen wie bei Autofahrern und nicht wie oft fälschlicherweise angenommen wie bei Fahrradfahrern. Das heißt: 0,0 Promille für Fahrerinnen und Fahrer unter 21 Jahren und Führerscheinneulinge in der Probezeit. Ab 0,5 Promille gilt ein Verstoß als Ordnungswidrigkeit, ab 1,1 Promille sogar als Straftat.
Die zentrale Botschaft der Kampagne lautet „Damit punktest du nur in Flensburg!“ Ziel ist es, insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene auf das Unfallrisiko aufmerksam zu machen und für das richtige Verhalten zu sensibilisieren. „Dazu wird die Botschaft sowohl digital als auch analog ausgespielt“, so Madsen. „Um eine hohe Reichweite zu erzielen, kombinieren wir Online- und Außenwerbung.“
Kampagne wird direkt in den Leih-Apps ausgespielt
Um die Nutzer von Leih-E-Scootern anzusprechen, wird die Kampagne auch direkt in den Leih-Apps ausgespielt. Beim Öffnen und während der Nutzung von Apps auf Smartphone und Tablet erscheint die Präventionskampagne in den nächsten zwei Monaten automatisch auf dem Display der Zielgruppe. Eine Verlinkung führt auf die Webseite der Landespolizei, wo die wichtigsten Regeln und Hinweise für die sichere und unfallfreie Nutzung von E-Scootern zusammengefasst sind.
Laut Verkehrsminister Madsen hätten sich die E-Scooter zu einem selbstverständlichen Bestandteil im städtischen Mobilitäts-Mix entwickelt. Wegen ihrer einfachen, flexiblen und kostengünstigen Nutzungsmöglichkeiten seien sie für innerstädtische Fahrten sehr beliebt. „Die Erfahrungen zeigen, dass mit den E-Scootern am häufigsten im urbanen Umfeld gefahren wird. Dort passieren leider auch die meisten Unfälle“, so Madsen. Die Außenwerbung wird unter anderem in Kiel, Lübeck und Norderstedt ausgespielt.
E-Scooter sorgen immer wieder für Ärger bei Bürgern
Neben der Unfallgefahr, die von den E-Scootern ausgeht, sorgen die Fahrzeuge bei vielen Bürgerinnen und Bürgern immer wieder für Ärger. Denn die Roller können überall einfach abgestellt werden. Oft landen die E-Scooter auch im Straßengraben oder blockieren Fuß- und Radwege. In Elmshorn wurden die Fahrzeuge auch schon in der Krückau gesichtet.
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Verantwortlich für die Beseitigung der Roller ist nicht das Ordnungsamt, sondern der Anbieter. Das gilt sowohl in Elmshorn als auch in Pinneberg. Der Unterschied: Die Stadt Elmshorn hat von vornherein mit den Anbietern Tier und Lime kooperiert. Dort sind beide Seiten zufrieden. Herumliegende Roller würden zeitnah entfernt, mehr als 7000 aktive Nutzerinnen und Nutzer gebe es in der Stadt. Ein Vorteil der Kooperation: Es gibt fest definierte Flächen, in denen die Roller abgestellt werden können.
Kreis Pinneberg: Diese Regeln gelten für E-Scooter-Fahrer
In Pinneberg gibt es keine Kooperation zwischen Stadt und Anbietern. Trotzdem gibt es die E-Scooter in der Stadt. Möglich macht es die Bundesgesetzgebung, die es den Anbietern erlaubt, ihre Leihroller überall im öffentlichen Verkehrsraum aufzustellen. Nach Angaben der Stadt komme Anbieter Tier seiner Verpflichtung, falsch abgestellte Roller zu entfernen, nicht nach.
Die Scooter sorgen deshalb bei vielen Pinneberger Bürgerinnen und Bürgern immer wieder für Ärger. An der Elmshorner Straße zählte eine Anwohnerin kürzlich teilweise zwölf Leihroller, die sich auf dem Fuß- und Radweg regelrecht stapelten. Ein Sicherheitsrisiko für Fußgänger und Radfahrer. Der Grund, warum genau dort so viele Roller abgestellt werden: Hier endet das Betriebsgebiet des Anbieters Tier.
E-Scooter: Diese Regeln gelten für Roller
Wer mit dem E-Scooter unterwegs ist, muss bestimmte Regeln beachten. Dabei gibt es allgemeingültige Regelungen und welche, die vor allem private Fahrzeuge betreffen. Was erlaubt und was verboten ist.
Die E-Scooter müssen auf Radwegen, gemeinsamen Geh- und Radwegen bzw. Radfahrstreifen fahren. Falls diese nicht vorhanden sind, darf auf die Fahrbahn ausgewichen werden. Auf gemeinsamen Geh- und Radwegen hat der Fußverkehr Vorrang.
Auf Busspuren, Gehwegen oder in Fußgängerzonen darf nicht gefahren werden. Besondere Hinweisschilder weisen Verkehrsflächen für Elektrokleinstfahrzeuge, so der Fachbegriff, aus.
Es muss hintereinander gefahren werden. E-Scooter sind nur für eine Person zugelassen und dürfen keine Anhänger ziehen. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit liegt bei 20 km/h
Smartphones oder Mobiltelefone sind während der Fahrt verboten, Richtungswechsel müssen mittels Blinker oder Handzeichen angezeigt werden. Eine Helmpflicht gibt es nicht.
Das Fahren unter Drogeneinfluss ist verboten. Es gelten die gleichen Promillegrenzen wie bei Kraftfahrzeugen: ab 0,5 Promille gilt es als Ordnungswidrigkeit, ab 1,1 als Straftat. Bei Ausfallerscheinungen oder nach einem Unfall auch schon ab 0,3 Promille.
Für Fahrerinnen und Fahrer unter 21 Jahren und für Führerscheinneulige in der Probezeit gilt eine Promillegrenze von 0,0 Promiile.
E-Scooter benötigen zwei unabhängige Bremsen, Licht und seitlich angebrachte gelbe Rückstrahler oder Reflektoren an den Reifen oder Felgen sowie eine helltönende Glocke.
Außerdem brauchen die Elektroroller eine Betriebserlaubnis und eine Haftpflichtversicherung, die mit einer Plakette nachgewiesen wird.
Eine Fahrerlaubnis ist zum Führen eines E-Scooters nicht erforderlich. Aber: Wer einen E-Scooter fahren möchte, muss mindestens 14 Jahre alt sein.