Tornesch. Eltern- und Großelterninitiative „Schule Jetzt!“ sorgt für turbulente Ausschusssitzung. Nun soll ein neuer Standort geprüft werden.
Tornesch benötigt dringend mehr Platz für seine Grundschüler. Darin sind sich Politik und betroffene Familien weitgehend einig, da beide Schulen total voll sind. Im vorigen Jahr schien alles entschieden. SPD, Grüne und FDP gegen die CDU-Fraktion mehrheitlich den Neubau einer Grundschule für 400 Kinder auf einem Grundstück am Esinger Weg beschlossen. 34 Millionen Euro Baukosten sind veranschlagt.
Doch seit der Wahl sind die Mehrheitsverhältnisse gekippt. Sozial- und Freidemokraten sowie Grüne stellen in der Ratsversammlung nur noch zwölf von 28 Akteuren. CDU mit elf Mandaten und die neue Fraktion der Bürger für Tornesch (BfT) kommen gemeinsam auf 16.
„Bürger für Tornesch“ wollen Plan B, falls es am Esinger Weg nicht klappt
Die neue Mehrheit steht für neue Entscheidungen. Bereits in der vorigen Sitzung des Fachausschusses stimmten sowohl die CDU als auch die neue Fraktion Bürger für Tornesch (BfT) dafür, fünf weitere Standorte zu prüfen. Jetzt kam noch einer dazu, und zwar am Schützenplatz.
Ein Rückschritt? Ein Fortschritt? Darüber sind sich die Beteiligten uneins. „Die Planung für den beschlossenen Standort am Esinger Weg sollen weiterlaufen und nicht behindert werden. Wir brauchen die neue Schule dringend“, sagt Bernhard Janz, Fraktionssprecher der BfT. Er und seine Mitstreiter befürchten, dass die vom ehemaligen Bürgermeister Roland Krügel angedrohten Klagen das bereits beschlossene Projekt verhindern könnten. „Deshalb benötigen wir einen Plan B.“
Eltern und Großeltern vermissen klares Bekenntnis der BfT zum Neubau am Esinger Weg
Dieses klare Bekenntnis zum Bau am Esinger Weg vermissten die Akteure der Elterninitiative „Schule Jetzt!“ und der Gruppe „Großeltern unterstützen Grundschulneubau“ (GuG) in der Sitzung. Zudem sieht die Mehrheit in den bislang aufgerufenen neuen Standorten keine wirkliche Alternative. Die Verwaltung unter Führung von Bürgermeisterin Sabine Kählert erinnert daran, dass bereits vorher und im laufenden Verfahren alternative Standorte geprüft werden und wurden. Neue Erkenntnisse dazu gebe es nicht.
Ein Beispiel: „Wenn auf dem Schützenplatz neu gebaut werden sollte, müsste dort das Schützenheim umgesiedelt werden. Das kostet Zeit und Geld“, argumentiert Ernst Kellhammer, der zur Gruppe der Großeltern gehört. Die Stadt habe dort gerade erst den Pachtvertrag um 25 Jahre verlängert, um Fördergelder zu sichern.
Kellhammer erinnert die Debatte an die Zeit, als er vor 30 Jahren in der Gruppe „Eltern machen Schule“ für den Bau der Gesamtschule in Tornesch gestritten hatte. Auch damals sei versucht worden, das Projekt immer wieder durch neue Anträge zu behindern.
CDU-Fraktion und die neue Gruppe Bürger für Tornesch fordern alternative Prüfungen
Die CDU hält den Standort ohnehin für falsch. Alternative Standorte seien nicht ausreichend geprüft worden. Diese Untersuchung will die Fraktion der BfT nun schnellstmöglich durchsetzen, und zwar für mindestens einen anderen Standort, falls das Projekt am Esinger Weg aufgrund von angedrohten Klagen scheitere.
Um andere Standorte zu prüfen, müssten erneut externe Büros beauftragt werden. „Das ist Steuerverschwendung“ klagt Kellhammer. Andere Eltern argumentierten, dass an jedem Standort mit Klagen zu rechnen sei.
Rund 1000 Unterstützer für die Eltern- und Großelterninitiative „Schule Jetzt!“
Für ihre klare Position zum Neubau am Esinger Weg hatten Eltern und Großeltern bereits vor der Sitzung einen Brandbrief an die Politik geschrieben. Über Facebook und die Kampagnen-Plattform change.org werden alle Tornescher um Unterstützung gebeten.
„Wir wollten bis Mittwochabend 1000 Unterstützer sammeln“, sagte Initiativen-Sprecherin Vivien Philipp kurz vor der Sitzung. Das hätte fast geklappt. Gut 900 waren es am Mittwoch. Jetzt sind die 1000 überschritten.
„Wir sagen klar ‚Stopp‘ zu dem Festhalten am vorhandenen Standort der Johannes-Schwennesen-Schule durch die CDU und dem Kreislauf aus Anträgen in verschiedenen Ausschüssen, die im Ergebnis zu einer Blockade des zügigen Neubaus führen“, heißt es im aktuellen Aufruf.
Beide Tornescher Grundschulen platzen aus allen Nähten
Bereits heute sei die Situation an den beiden Grundschulen kaum noch tragbar, sagt Tanja Böttcher. Sie ist Elternvertreterin. An der Fritz-Reuter-Schule seien derzeit sämtliche Fachräume zu Klassenräumen umfunktioniert worden. Die Notlage wächst. Im kommenden Schuljahr würden drei vierte Klassen verabschiedet und wahrscheinlich fünf erste Klassen dazu kommen. „Wo sollen die Kinder dann beschult werden?“, fragt sich die Mutter.
Eins von vielen Problemen: Sogenannte Kann-Kinder bekommen keinen Platz. Gundula Kellhammer schildert die Geschichte eines fünf Jahre alten Kindes, das so gern in die Schule will, und das auch schaffen würde. „Aber das Kind ist trotz Empfehlung der Tagesmütter abgelehnt worden“, bedauert Gundula Kellhammer, die sich für den Grundschulneubau engagiert.
Demoerfahrene Großeltern unterstützen die aktuelle Elterninitiative
Gut 50 Köpfe groß ist die Elterninitiative in wenigen Wochen gewachsen. Jetzt ist weitere Verstärkung da. Die Gruppe „Großeltern unterstützen Grundschulbau“ kämpft Seite an Seite mit den jungen Müttern und Vätern für eine neue Grundschule in Tornesch.
„Wir haben damals den Bau einer Gesamtschule in Tornesch durchgesetzt“, erinnert sich Silke Maaß. „Eltern machen Schule“ setzte sich schließlich durch. 1994 wurde die Klaus-Groth-Schule eingeweiht und ist seitdem wie die gesamte Kommune gewachsen.
Tornescher Klaus-Groth-Schule ist eine Erfolgsgeschichte
Vor 18 Jahren erhielt Tornesch das Stadtrecht. Die fünfzügig gestartete Gesamtschule, die heute Gemeinschaftsschule heißt, kam so gut in der Region an, dass sie mittlerweile mit bis zu acht Parallelklassen arbeitet.
Das alles geschieht in Sichtweite zum Standort für die mögliche neue Grundschule. Initiativen-Sprecherin Vivien Philipp freut sich: „So könnten Sportflächen, Bibliothek und andere Einrichtungen gemeinsam genutzt werden.“
Standort Esinger Weg ideal für Kooperationen mit Gemeinschaftsschule
Damit würde ein großes, modernes Bildungszentrum entstehen und Tornesch weiterhin interessant für Familien, aber auch die Lehrkräfte machen, sagt Gabriela Stabenow-Czypulobski. Die Frau, die zur Gruppe der Großmütter gehört, drückt dabei aufs Tempo: Alle weiteren Prüfungen von möglichen Standorten verlängern die schwierigen Bedingungen an den heute bereits überlasteten Schulen.
- Tornesch braucht dringend eine neue Grundschule – aber wo soll sie stehen?
- Sorgenkind Torneum: Größter Fußballpark der Region kämpft sich aus den Miesen
- Krieg in Israel: „Abschlachtung von Zivilisten“ - Juden in Pinneberg geschockt
Wie die akuten Probleme gelöst werden können, dazu gibt es am 7. Dezember ein Gespräch mit dem Schulrat, der Bürgermeisterin, den Schulleiterinnen und den Elternvertreterinnen. Trotz aller Gegensätze bleibt in Tornesch die Bildung ganz oben auf der Tagesordnung – auch dank engagierter Großeltern.