Tornesch. Eine der Top-10-Anlagen im Hamburger Großraum soll mit neuer Strategie ins Plus. Der Vorstand ist optimistisch. Das sind die Pläne.
Der Sportpark in Tornesch, kurz Torneum, gehört zu den besten Anlagen im Hamburger Fußball-Verband: zwei große Kunstrasen- und ein Naturrasenplatz, Laufparcours und kleine Übungsplätze, drei Spielfelder unter Dach, acht Umkleidekabinen, eine große Sportsbar, Technik vom Feinsten. 7,8 Millionen Euro hat das Projekt gekostet, fast ein Drittel trägt der FC Union Tornesch allein – wirtschaftlich ein großer Brocken für den Verein und die Stadt.
Diese finanzielle Last ist nicht einfach zu stemmen. Trotzdem müssen sie ran, die ehrenamtlich Verantwortlichen vom Vorstand des Fußballclubs. Allen voran gehen Vorsitzender Detlef Arndt und Torneum-Projektmanager Frank Mettal. Mit Steven Schröder (IT, Mitgliederwerbung) und Finia Pohl sind jüngst zwei junge Leute in den geschäftsführenden Vorstand aufgerückt. Martin Füllenbach komplettiert das Führungsquintett.
Torneum: „Wir wollen niemanden verheizen. Jeder macht, was er kann“
Alle Vereinslenker sind auch sportlich aktiv. Sie bringen Herzblut ins Geschehen ein. „Wir suchen stets weitere Mitstreiter, wollen aber niemanden verheizen. Jeder macht das, was er leisten kann und will“, betont Frank Mettal.
Der langjährige Trainer und Regisseur des Seniorenteams schont sich dabei wenig, ist seit vielen Jahren im Verein aktiv, auch wenn er den Schritt in den Vorstand lange verschoben hat. Doch jetzt hat der leidenschaftliche Fußballer, dessen hoffnungsvolle Karriere in der Jugend beim HSV und FC St. Pauli startete und als 21-Jähriger nach einer schweren Verletzung zwischenzeitlich stoppte, die Fußballschuhe endgültig ausgezogen.
Der finanzielle Druck auf den Verein FC Union ist enorm
Stattdessen schmiedet er, der im Hauptberuf für den Vertrieb eines internationalen Unternehmens arbeitet, Zukunftspläne für seinen Lieblings-Klub Union. Die sind auch bitter notwendig. Denn der finanzielle Druck ist enorm, die Kalkulationen waren nicht immer glücklich.
„Wir haben erst 2019 zum ersten Mal Abrechnungen für unsere Unterhaltungskosten bekommen. Bis dahin haben wir fein und ordentlich Abschläge bezahlt“, berichtet Frank Mettal. Das böse Erwachen in Zahlen ausgedrückt: Rund 80.000 Euro fehlten alljährlich.
Politik, Stadt und Klub schmieden Zukunftskonzept
Ein Zukunftskonzept musste her. Politik, Stadtverwaltung und Verein setzten sich zusammen, diskutierten, planten – doch dann kam Corona. Und die nächsten Einnahmen fehlten, da vor allem die Soccer-Halle kaum noch genutzt werden durfte.
Aber jetzt scheint Land in Sicht. „Die Nachfrage wächst“, sagt der Chefstratege. „Wir haben endlich auch den Zuspruch in unserer Soccer-Halle, wie er im nahen Hamburg in ähnlichen Einrichtungen am Wochenende üblich ist.“
Mit Oktoberfest und anderen Veranstaltung kämpfen Gastronomen um jeden Gast
Das zweite große Problem war die Gaststätte. Mehrere Betreiber scheiterten mit ihren Konzepten. Auch die Corona-Krise trug zu einem vorzeitigen Ende bei. Im Mai vorigen Jahres übernahmen kommissarisch zwei junge Fußballer, Sohn Yannick Mettal (28) und dessen Freund Nico Ramcke (29), beide in der Finanzbranche ausgebildet. Aus der Übergangs- ist mittlerweile eine Dauerlösung geworden.
Mit Oktoberfest, Halloween-Party und anderen großen Events sowie dem Dauerbrenner Sport live im TV bauen sie sich langsam ein immer größeres Publikum auf. Die Gastronomie ist seit Mai vorigen Jahres vom Vereinsgeschäft getrennt und rechnet direkt mit der Grundstücksgesellschaft der Stadt ab.
Flutlicht soll mit LED die Dauerkosten weiter senken
Die Pachten wurden nach dem Neustart 2022 an den Umsatz angepasst, liegen jetzt aber wieder auf Normalniveau – trotz schwieriger Zeiten in der Branche. Der Standort am Ortsrand gilt nicht als ideal. „Wir müssen um jeden Gast kämpfen. Aber das machen wir gern“, sagt Yannick Mettal.
„Wir haben die Technik, zum Beispiel die Heizungs- und Lüftungsanlage, optimiert, weitere Schwachstellen ausgebessert und versuchen, Dauerausgaben zu senken, wo es geht und wollen jetzt das Flutlicht auf LED umstellen“, sagt Torneum-Projektmanager Frank Mettal. Halbjährlich werde dem Finanzausschuss das komplette Finanzierungspaket erläutert.
„Wir sind der einzige Oberligaverein, der Spielern kein Gehalt zahlt“
„Wir sind völlig transparent und erfüllen in 2022 und 2023 sämtliche Zahlungsverpflichtungen gegenüber Stadt und Grundstücksgesellschaft“, betont der Vorstandssprecher. Er ist wie der gesamte Vorstand weiterhin von dem Vorhaben Fußballpark total überzeugt.
Ein Trumpf-Ass: „Wir sind der einzige Oberligaverein, der seinen Spielern kein Geld zahlt“, berichtet Frank Mettal stolz. Stattdessen werde versucht, mit guten Rahmenbedingungen die Spieler an den Verein zu binden.
Rundumbetreuung soll Aktive an FC Union binden
Die Betreuung durch Physiotherapeuten, kostenlose Nutzung eines Fitness-Studios, eine App für die Athletik gehören zu dem Rundum-Sorglos-Paket für die Aktiven dazu. Das Konzept scheint aufzugehen: Anfangs hatte der FC Union die älteste Mannschaft der Oberliga am Start. Jetzt stellen die Tornescher das jüngste Team.
Gemeinsame Erlebnisse wie jüngst die Reise mit 80 Personen aus vier Mannschaften nach Mallorca prägen die Teams. Es werden Werte wie Fairness hochgehalten. Frank Mettal: „Das ist vielleicht oldschool, klappt aber.“
Etwa 80 Trainer engagieren sich für die 40 Fußball-Teams
Außer den Herren-Mannschaften sind viele Fußballerinnen im Club aktiv und erfolgreich. Bis zu 40 Jugend-Teams trainieren mittlerweile auf der schönen Anlage. Rund 80 Trainerinnen und Trainer engagieren sich ehrenamtlich für eine Aufwandsentschädigung von 35 Euro pro Monat.
Die Bilanz des Vereins ist top: Die Mitgliederzahl konnte seit dem Start im Torneum auf 1100 fast verdoppelt werden – Tendenz: immer noch steigend.
Bürgermeisterin lobt Torneum als Aushängeschild für die Stadt
Für den Hamburger Fußball-Verband gehört die Anlage in Tornesch weiterhin zu den Top-10. Zum Pokalfinale im Frauenfußball des Verbands zog es etwa 3900 Zuschauer ins Torneum und damit fast so viele wie zum Herrenfinale in Hamburg.
Dass die Stadt Tornesch von der Qualität und dem guten Ruf der Sportanlage profitiert, davon ist auch Torneschs Bürgermeisterin Sabine Kählert überzeugt. Die Verwaltungschefin lenkt auch die Grundstücksgesellschaft, die als Verpächterin der Anlage auftritt. Das finanzielle Minus aus der Vergangenheit muss jeweils die Stadt ausgleichen.
Skandinavische Vereine mieten sich im Torneum ein
Währenddessen kämpft die Führung des FC Union weiter dafür, die finanziellen Belastungen abzubauen. Das Leben im Sportpark entwickelt sich über die Region hinaus. Der verbandsweite Tag des Mädchenfußballs wurde in Tornesch ausgerichtet. Internationale Jugend- und Erwachsenen-Teams, vor allem aus dem skandinavischen Raum, buchen sich im Sportpark ein.
„Das schafft für unsere Jugendlichen tolle Begegnungen, überzeugt Fußballfans und auch Sponsoren“, freut sich Frank Mettal. Vor allem Letztere sind für die Vereine heute lebenswichtig. „Dafür sind wir dankbar.“
Mehr regionale Sponsoren als Trumpf-Ass für die Zukunft
„Die verlässliche Unterstützung von Unternehmen aus der Region ist einer unserer Trümpfe“, sagt der Vorstandssprecher. Die hohe Zahl der Mitglieder ist wiederum wertvoll für die Unternehmen, die nach Arbeitskräften und Auszubildenden suchen. Mit einer Jobbörse im Internet sollen beide Gruppen bald direkt miteinander Kontakt aufnehmen können.
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Bleibt noch die Professionalisierung der Vereinslenkung. „Darüber diskutieren wir viel“, berichtet Frank Mettal. Vorerst sind alle hauptamtlich Beschäftigten auf Mini-Jobbasis angestellt. Sowohl die beiden Mitarbeiterinnen in der Geschäftsstelle als auch die drei Platzwarte bringen darüber hinaus noch etwas mit, das für jeden Verein überlebenswichtig ist: Herzblut.