Kreis Pinnberg. Verwaltung hat die erste Erhöhung seit 2006 vorgeschlagen. Das betrifft 170.000 Haushalte und Betriebe. Wer bald wie viel zahlen muss.
Nach 17 Jahren weitgehender Stabilität werden die Abfallgebühren im Kreis Pinneberg erstmals wieder steigen. Die Kreisverwaltung schlägt der Politik vor, diese vom nächsten Jahr an um durchschnittlich rund 13,4 Prozent zu erhöhen.
Ein Durchschnittshaushalt würde dann 17,89 Euro statt bisher 15,78 Euro im Monat beziehungsweise 214,68 Euro statt 189,36 Euro im Jahr zu zahlen haben. Das sind gut 25 Euro mehr im Jahr für die Müllabfuhr. Dafür soll diese Gebühr auch 2025 und 2026 stabil bleiben und möglichst nicht weiter erhöht werden.
Der Umweltausschuss des Kreistages entscheidet darüber am 28. September
Betroffen davon sind alle 170.000 privaten Haushalte und Gewerbekunden im Kreis Pinneberg. Auch die Entsorgung der Grünabfälle wird teurer. Die Anlieferung von Haus- und Sperrmüll an die Recyclinghöfe in Tornesch, Quickborn und Wedel soll aber weiterhin kostenfrei für die Bürger sein. Da sonst die Gefahr bestünde, dass diese Abfälle illegal irgendwo in der Landschaft entsorgt werden würden, rät die Verwaltung. Der Umweltausschuss des Kreistages berät und beschließt darüber am kommenden Donnerstag, 28. September.
Der Grund für diese erste Anhebung der Abfallentgelte seit 2006 liege in den gestiegenen Kosten für Personal, Energie und CO-2-Abgabe für die Müllverbrennung, die ab dem Jahr 2024 erhoben wird und da schon 1,15 Millionen Euro ausmacht und jährlich steigen wird, erläutert Fachbereichsleiter Andreas Köhler. „Es ist nunmehr unerlässlich, nach 17 Jahren Entgeltstabilität vor dem Hintergrund des neuen Entsorgungsvertrages eine Anpassung aller Entgelte vorzunehmen.“
Die GAB entsorgt den Restmüll für weitere 20 Jahre im Kreis Pinneberg
So hatte der Pinneberger Kreistag bereits im Dezember vorigen Jahres einem neuen Entsorgungsvertrag mit der Gesellschaft für Abfallbehandlung (GAB) zugestimmt, die seit rund 40 Jahren den Restabfall der Bevölkerung des Kreises entsorgt und verbrennt, den die kreiseigene Müllabfuhr der Hameg mit ihren Fahrzeugen zum Müllheizkraftwerk nach Tornesch-Ahrenlohe transportiert.
Dieser neue Entsorgungsvertrag tritt am 1. Januar 2024 in Kraft und gilt für die nächsten 20 Jahre. Die GAB bekommt ab 2024 jetzt rund 2,3 Millionen Euro mehr als vorher vom Kreis.
Weitere Gebührenerhöhungen soll es erst wieder ab dem Jahr 2027 geben
Zugleich sind in die Gebührenkalkulation bis 2026 Preisanpassungsklauseln mit eingerechnet, die sich am Inflationsausgleich orientieren. Darum sollte die jetzt geplante Erhöhung der Gebühren auch für die nächsten drei Jahre ausreichen, sofern nichts Gravierendes geschehe, heißt es aus der Kreisverwaltung.
Die Verwaltung begründet die Abfallgebührenerhöhung für die Bürgerinnen und Bürger mit dem Mehraufwand für die Abfallentsorgung im Kreis Pinneberg. So würden die Ausgaben für die gesamte Abfallentsorgung einschließlich Rest-, Bio-, Papier- und Sperrmüll-Abfuhr zum nächsten Jahr im Kreis Pinneberg um rund 3,9 Millionen Euro auf insgesamt 36,7 Millionen Euro steigen, was einem Mehraufwand von knapp zwölf Prozent entspricht. Darin enthalten sind auch die zwei Millionen Euro, die die Kreisverwaltung für die Abrechnung, die Abfallberatung und die Abfallfibel jährlich aufwendet.
GAB-Gewinn und Millionen-Rücklage wirken sich kostenmindernd aus
Kostenmindernd rechnet die Verwaltung in den Gebührenhaushalt die Rücklage von 1,3 Millionen Euro mit ein, die sich inzwischen in diesem Entgelthaushalt aufsummiert habe.
Hinzu kämen zu Gunsten der Bürgerschaft die Rückflüsse aus den kalkulatorischen Gewinnen, die sich aus dem Entsorgungsvertrag ergeben würden. Dafür sind rund eine halbe Million Euro eingeplant, die dem Gebührenhaushalt gutgeschrieben werden.
Die GAB erwirtschaftete 2021 einen Jahresüberschuss von 5,4 Millionen Euro
Im Jahr 2021 erwirtschaftete die GAB mit ihren 240 Beschäftigten bei einem Umsatz von 55 Millionen Euro einen Gewinn nach Steuern von 5,4 Millionen Euro, wovon rund 1,9 Millionen Euro an die beiden Gesellschafter ausgeschüttet wurden. Die GAB gehört zu 51 Prozent dem Kreis Pinneberg und zu 49 Prozent dem Remondis-Konzern in Nordrhein-Westfalen.
Der 20 Jahre gültige alte Entsorgungsvertrag hatte 2023 ein Volumen von 31 Millionen Euro, die der Kreis Pinneberg für die Abfallverwertung an die GAB und die Hameg jährlich zahlte. Die Hameg ist die eigentliche Müllabfuhr, die zum 1. Januar 2024 wieder der GAB eingegliedert wird.
Europaweite Ausschreibung für 49-Prozent Anteile an der GAB läuft zurzeit
Ob Remondis weiterhin Mitgesellschafter bei der GAB bleiben wird, ist unklar. Zurzeit läuft dazu ein europaweites Bewerbungs- und Bieterverfahren. Der Kreis Pinneberg sucht für die 49 Prozent-Minderheitsanteile an der GAB einen Partner, der auch wieder Remondis heißen könnte. Um nicht in die Bredouille zu geraten, dass die jährlich anfallenden 80.000 Tonnen Restmüll aus dem Kreis Pinneberg irgendwo anders entsorgt werden, wird nur die Gesellschaftsbeteiligung ausgeschrieben. Wenn stattdessen der Entsorgungsvertrag, der nun vorsorglich mit der GAB um weitere 20 Jahre verlängert wurde, ausgeschrieben worden wäre, hätte irgendein anderer Abfallentsorger irgendwo in Europa diesen Zuschlag erhalten können.
„Der Entsorgungsvertrag ist sicher“, betont Projektleiter Köhler. Die nun laufende Ausschreibung richte sich am sogenannten Frankfurter Modell aus, das die Stadt Frankfurt am Main sehr erfolgreich und EU-gesetzeskonform 2020 in einem ähnlich gestrickten Fall erreichen konnte, erläutert Köhler. Vorteil für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Umwelt: Ihr Abfall wird auf jeden Fall auch in den nächsten 20 Jahren hier im Kreis Pinneberg entsorgt und verbrannt. Es wird deshalb keinen Mülltourismus geben.
Das zahlt ein Durchschnittshaushalt künftig für die Müllabfuhr im Kreis
Wer und wie viele Kaufinteressenten sich beim Kreis für die GAB-Anteile gemeldet haben, will Köhler nicht verraten, um das Vergabeverfahren nicht zu gefährden. Dabei gehe es vor allem um den Kaufpreis und das strategische Konzept, erklärt Köhler. Mit Remondis sei für den 49-Prozent-Anteil ein fester Preis vereinbart worden, der nun auch überboten werden kann. Vor gut 20 Jahren hatte der Kreis dafür rund 21 Millionen Euro erhalten.
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Das bereits genannte Kostenbeispiel für die Müllgebühren (17,89 Euro monatlich statt bisher 15,78 Euro) bezieht sich auf jene Haushalte, die jeweils eine 80-Liter-Tonne Rest- und Bioabfall alle zwei Wochen leeren lassen sowie über eine 120-Liter-Papiertonne verfügen. Häufigere Müllabfuhr-Intervalle und größere Abfallbehälter sind mit weiteren Mehrkosten verbunden.
Anstieg der Gebühren nicht so drastisch wie in den 90er-Jahren
Für Uwe Hanspach ist die geplante Abfallgebührenerhöhung eher marginal im Vergleich zu der Entwicklung in den 90er-Jahren. Der inzwischen pensionierte Fachdienstleiter Abfall der Kreisverwaltung, der mehr als 20 Jahre lang für den Gebührenhaushalt des Kreises Pinneberg verantwortlich war, erinnert daran, dass sich zwischen 1990 und 2000 für die Bürger die Abfallgebühren beinahe verdreifacht haben: von umgerechnet 5,68 Euro auf 14,37 Euro monatlich für einen Durchschnittshaushalt in diesem Zeitraum.
Das habe damals vor allem daran gelegen, dass sich mit der Einführung der Biotonnen und der Mülltrennung der Aufwand für die Abfallentsorgung erheblich gesteigert hatte. Die Verwaltung habe seinerzeit immer nach jeder Erhöhung eine Vielzahl an Protestanrufen erhalten. Das könnte jetzt wieder passieren.