Pinneberg. Post wird digital verschickt, privat schreibt kaum noch jemand. Zu tun gibt es trotzdem genug, wie ein Besuch im Verteilzentrum Prisdorf zeigt.

Die Deutsche Post liefert montags keine Briefe mehr – diesen Eindruck hat so manch Pinneberger. „Montags bekomme ich gar keine Post mehr“, sagt ein Leser aus Pinneberg, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Das Abendblatt ist dem mal auf den Grund gegangen und hat bei der Deutschen Post – der Konzern tritt seit 1. Juli 2023 unter dem Namen DHL Group auf – nachgefragt.

„Der Eindruck täuscht“, sagt Jens-Uwe Hogardt von der DHL Group Regionale Kommunikation in Hamburg. „Die Post wird von Montag bis Sonnabend ausgeliefert. Allerdings geht das Briefaufkommen seit Jahren zurück, und montags ist es besonders gering“, sagt er. Lediglich zwei Prozent des sonstigen Postaufkommens fallen auf einen Montag.

Briefe stellt die Post auch montags zu

„Weil viele Firmen sonnabends nicht arbeiten, verschicken sie sonnabends auch keine Post“, so Hogardt. Privat schreibe auch kaum noch jemand Briefe. Auch Rechnungen würden zunehmend digital verschickt, Anträge elektronisch erfasst.

„In Dänemark waren es nach der Digitalisierung der Kommunen mit einem Schlag 40 Prozent weniger Briefe“, sagt er. Ein Phänomen, das angesichts der langsam voranschreitenden Digitalisierung in Behörden in Deutschland zwar schon spürbar ist, aber nicht in dem Ausmaß wie im Nachbarland.

Jens-Uwe Hogardt (links), DHL Group Regionale Kommunikation, und Önder Cinar, Leiter im Zustellstützpunkt Prisdorf
Jens-Uwe Hogardt (links), DHL Group Regionale Kommunikation, und Önder Cinar, Leiter im Zustellstützpunkt Prisdorf © Anne Dewitz

Weil es montags so wenig Briefpost gibt, legt die Post teilweise Zustellbezirke zusammen. Ein einziger Postbote ist dann beispielsweise für zwei Liefergebiete zuständig. Die Post setzt auch immer stärker auf die sogenannte Verbundzustellung. „Das heißt, die Zusteller bringen nicht nur Briefe, sondern auch Pakete“, sagt Önder Cinar, Leiter des Zustellstützpunktes in Prisdorf.

Postfiliale in Prisdorf: Hier arbeiten 50 Mitarbeiter

Insgesamt 50 Mitarbeiter arbeiten im Verteilzentrum am Peiner Hag. Sie sind im Januar nach der Schließung der Filiale an der Friedrich-Ebert-Straße in Pinneberg – das Gebäude wurde für Wohnbebauung abgerissen – nach Prisdorf umgezogen. In einer Halle ist der Bereich Pinneberg Nord, in einer anderen Pinneberg Süd untergebracht. Zuvor nutzte hier Aldi die Halle, dann wurde sie zum Impfzentrum.

Dort herrscht morgens geschäftiges Treiben. Petra Glagowski sortiert Briefe nach Zustellbezirken in einzelne Kisten. Sie hat bei der Deutschen Post gelernt, ist seit 1985 dabei. „Ich gehöre zum Urgestein und bin noch verbeamtet worden“, sagt sie.

Prisdorf: Zusteller beladen ihre Fahrzeuge selbst

Ihre Kollegin Michele Müller ist erst seit zwei Jahren dabei. Die 25-Jährige ist heute bei der TVZ. Das ist im Postjargon die Abkürzung für Trennung von Zustellung. „Das geht nach Rellingen an die Mitarbeiter, die in Teilzeit arbeiten“, sagt Cinar, der seit 23 Jahren bei der Post arbeitet. „Die bekommen bereits gepackte Taschen.“ An anderer Stelle sortieren die Zusteller die Pakete für ihren Bereich und beladen ihr Fahrzeug.

Petra Glagowski arbeitet seit 1985 bei der Post. Im Zustellstützpunkt Prisdorf sortiert sie Briefe nach Zustellbezirken, die nicht maschinell sortiert werden können. 
Petra Glagowski arbeitet seit 1985 bei der Post. Im Zustellstützpunkt Prisdorf sortiert sie Briefe nach Zustellbezirken, die nicht maschinell sortiert werden können.  © Anne Dewitz

Alle Informationen sind im Scanner hinterlegt. Die Fahrer können sich eine Paketliste ausdrucken nach der Reihenfolge, wie sie die Strecken abfahren müssen. Das ist übersichtlich und spart Zeit, besonders wenn die Mitarbeiter neu sind.

Mittwochs ist der paketstärkste Tag der Woche

Wöchentlich kommen rund 86.500 Briefsendungen pro Woche aus dem großen Postzentrum in Elmshorn nach Prisdorf, um von hier aus in ganz Pinneberg verteilt zu werden. Davon sind zwei Drittel Standardbriefe und ein Drittel Großbriefe. Während es immer weniger Briefe werden, nehmen die Paketsendungen zu: 4500 sind es pro Woche. Mittwochs ist der paketstärkste Tag der Woche.

Während der Pandemie stiegen die Paketzustellungen sogar um 20 Prozent an. Das ist nun nicht mehr so. „Aber wir verzeichnen noch einen Anstieg von fünf bis zehn Prozent“, sagt Hogardt.

Post will emissionsfrei werden: Fuhrpark wird umgestellt

Gut fürs Geschäft, schlecht für die Umwelt. „Wir wollen emissionsfrei werden“, sagt Cinar. Ende des Jahres sollen die ersten E-Fahrzeuge im Einsatz sein. Momentan hat Mercedes jedoch Lieferschwierigkeiten. 30 Fahrzeuge sind im Bestand. Daneben wird auch mit dem Fahrrad ausgefahren. „Wir haben 13 Fahrradbezirke und 13 Kfz-Bezirke“, so der Chef.

Investitionen, die kosten. „Außerdem zahlen wir im Gegensatz zur Konkurrenz nach Tarif“, sagt Hogardt. Gleichzeitig verliert die Post Kunden. So hat der Supermarkt Rewe gerade seine Werbeprospekte eingestellt. Das spart Papier, aber die Post hat dadurch einen großen Kunden verloren. Auch der Möbelkonzern Ikea und der Baumarkt Obi verzichten gänzlich auf die gedruckte Werbung.

„Wir müssen schauen, wie wir das künftig ausgleichen“, sagt Cinar. Selbst wenn das Porto erhöht werde – sogar in Ländern wie Bulgarien und Ungarn kostet eine Briefmarke mehr als in Deutschland –, werde sich die Post allein von der klassischen Briefzustellung nicht zukunftsfähig aufstellen können.

Zusteller in Pinneberg sind selten krank

Der Arbeitsmarkt hat sich verändert. Wie überall fehlen auch bei der Post Fachkräfte. „In Prisdorf herrscht eine hohe Fluktuation“, sagt Cinar, der im April in den Kreis Pinneberg wechselte und zuvor in Hamburg gearbeitet hat. Die Arbeit ist körperlich anstrengend. Auf immerhin 20.000 Schritte kommt ein Zusteller im Schnitt am Tag. Außerdem gibt es viele Studenten, die nur für einige Monate gut Geld verdienen wollen, um beispielsweise für eine Weltreise zu sparen.

„Wir haben eine gute Vertreterquote von 50 Prozent“, sagt Cinar. Bedeutet: Wird ein Kollege krank, springt ein anderer ein. Der Krankenstand sei niedrig. „Wir bieten viele Präventivmaßnahmen an.“ Heute ist beispielsweise der Betriebsarzt vor Ort mit einer offenen Sprechstunde. Die Mitarbeiter können auch an Ernährungs- oder psychologischen Beratungen teilnehmen.

Am Zustellstützpunkt Prisdorf beladen Mitarbeiter ihre Fahrzeuge mit Paketen.
Am Zustellstützpunkt Prisdorf beladen Mitarbeiter ihre Fahrzeuge mit Paketen. © Anne Dewitz

Veraltetes Postgesetz kommt auf den Prüfstand

„Uns ist es wichtig, dass die Kollegen auf ihre Gesundheit achten“, sagt Cinar. Sollte eine Tour doch mal abgebrochen werden müssen, weil es dem Zusteller schlecht geht, wird diese am nächsten Tag an selber Stelle fortgeführt.

Noch ist die Post verpflichtet, sechs Tage die Woche zuzustellen. In Berlin berät man allerdings über eine Reform des veralteten Postgesetzes. Es gibt auch Überlegungen, den Montag als Briefzustelltag zu streichen. Die Entscheidung liegt aber beim Bundestag.