Pinneberg. Im Pinneberger Rathaus hängen auch Gemälde von Rathauschefs mit NSDAP-Parteibuch. Was Historiker zur Kritik an dieser Praxis sagen.

Nachdem es zu einiger Aufregung wegen zwei Bürgermeisterporträts in der Rathausgalerie in Pinneberg gekommen war, hat die Verwaltung nun einen Fragenkatalog der SPD zu dem Thema beantwortet. Der Vorwurf lautete, die Bilder würden unkommentiert ausgestellt werden, obwohl mindestens zwei Bürgermeister möglicherweise bekennende Nazis waren.

Karl Coors etwa bekleidete während des Nazi-Herrschaft zwischen 1937 bis 1945 das Amt des Bürgermeisters. Sein Ölgemälde hängt unkommentiert im Rathaus neben denen anderer Bürgermeister. Dieter Borchardt, Sprecher der Initiative „Öffentliche Veranstaltung zum Tag der Befreiung - 8. Mai in Pinneberg“ hatte dies in einem offenen Brief kritisiert.

Porträt von Nazi-Bürgermeister sorgt in Pinneberg für Wirbel

Nun ist die Bürgermeistergalerie und der Umgang mit der Nazi-Vergangenheit am Donnerstagabend Thema im Hauptausschuss. Die SPD-Fraktion hatte eine Anfrage an die Stadtverwaltung gestellt und wollte unter anderem wissen, wer wann beschlossen habe, dass Porträts der Bürgermeister im Rathaus angebracht werden.

In der Verwaltung ging man der Frage nach, konnte aber keinen entsprechenden Grundsatzbeschluss finden. „Lediglich zur Fertigung und zum Aufhängen von Gemälden von Bürgermeister Karl Coors und Bürgermeister Henry Glissmann liegen Beschlüsse des Magistrats vor“, heißt es in der Antwort an die Politik.

Karl Coors war Mitglied der NSDAP und im Gegensatz zu anderen Bürgermeistern nicht demokratisch gewählt. Allerdings haben Recherchen der VHS-Geschichtswerkstatt ergeben, dass er wegen seiner unparteiischen dienstlichen und außerdienstlichen Haltung in einem sehr angespannten Verhältnis zum NSDAP-Kreisleiter Paulsen stand.

Bürgermeister Karl Coors als unbelastet freigesprochen

Wie die Verwaltung nun mitteilt, wurde Coors nach Kriegsende von der Britischen Militärregierung als Bürgermeister in Pinneberg und in Elmshorn eingesetzt. Als Amtsträger wurde er 1946 interniert und in der Folge von einem Spruchgericht als unbelastet freigesprochen.

Das Stadtarchiv ist im Jahr 2015 zu dem Schluss gekommen, dass Karl Coors vor allem wegen seiner Kenntnisse als geschulter und erfahrener Verwaltungsfachmann zum Bürgermeister Pinnebergs berufen worden sei.

Er sei der NSDAP 1933 nur beigetreten, um sein damaliges Amt als Bürgermeister von Friedrichstadt weiter ausüben zu können und nicht, weil er mit den Ideologien der NSDAP einverstanden gewesen sei, heißt es in der Stellungnahme. Selbst nach seinem Beitritt habe er eine unparteiische Sicht auf die Dinge gehabt, sowohl privat als auch dienstlich.

NSDAP-Mitglied Henry Glissmann wurde 1950 Bürgermeister in Pinneberg

Dieter Borchardts Kritik betraf aber nicht nur Coors, sondern auch Henry Glissmann, Pinneberger Bürgermeister von 1950 bis 1962. Auch er sei zwölf Jahre organisiert in verschiedenen NS-Organisationen aktiv gewesen und habe tüchtig durch seine Arbeit das NS-Regime mit aufgebaut. Glissmann trat 1937 als Mitglied der Stadtverwaltung der NSDAP bei.

Auch das Abbild von Henry Glissmann hängt im Pinneberger Rathaus.
Auch das Abbild von Henry Glissmann hängt im Pinneberger Rathaus. © Anne Dewitz

Wie aus den Antworten der Stadtverwaltung nun hervorgeht, wurde er 1945 als einer von zwölf belasteten Beamten, Angestellten und Arbeitern aus dem Stadtdienst entlassen und zum Torfstechen ins Himmelmoor geschickt. Nach einem Vertrauensvotum der Ratsversammlung wurde er am 1. September 1946 wieder eingestellt.

Weiteres Vorgehen soll im Ältestenrat besprochen werden

Auch das Wirken von Karl Coors und Henry Glissmann in den Jahren des Nationalsozialismus und ihr weiteres Schicksal nach Ende des Zweiten Weltkrieges ist im Buch „Pinneberg zu Zeiten des Nationalsozialismus“ der VHS-Geschichtswerkstatt dokumentiert.

Am 14. Mai 1969 hatte der Magistrat beschlossen, die Gemälde von Henry Glissmann und Karl Coors im Rathaus aufzuhängen. Für die weitere Vorgehensweise zu diesem Fall will Bürgermeisterin Urte Steinberg das Thema wie geplant im Ältestenrat besprechen. Danach wird die Verwaltung der Ratsversammlung nach Vorberatung im Hauptausschuss eine Beschlussvorlage unterbreiten.