Kreis Pinneberg. Pia Akkaya ist jetzt alleinige Geschäftsführerin des Kreisjugendringes. Was ihr ihre Vorgänger mit auf den Weg geben.

Wachwechsel an der Spitze des Kreisjugendrings, dem Flaggschiff der professionellen Jugendarbeit im Kreis Pinneberg. Der Verein, der die Interessen von gut 60.000 Kindern und Jugendlichen in 61 Mitgliedsvereinen im Kreis Pinneberg vertritt, bekommt eine neue Führungsstruktur.

Die 32 Jahre alte Pia Akkaya, die zuvor die Stadtjugendpflege in Geesthacht geleitet hat, ist die neue und einzige Geschäftsführerin des Verbandes mit seiner Jugendbildungsstätte in Barmstedt. Sie löst damit die bisherige Doppelspitze von Birgit Hammermann und Ingo Waschkau ab, die beide zusammen 76 Jahre lang den KJR geleitet haben, der ebenso lange besteht.

Die Generation der 30er bestimmt jetzt, was beim KJR geschieht

„Wir haben uns stark verjüngt und sind jetzt ein Club der 30er“, sagt KJR-Vorsitzender Mats Hansen. Der 34-Jährige wird im Vorstand von Stellvertreterin Alexandra Laskowski (36) und Kassenwart Michael Sommer (34) unterstützt.

Mit der promovierten Soziologin Akkaya, die mit ihrem Mann für die neue Aufgabe extra nach Elmshorn gezogen ist, möchte der Verband seine Jugendarbeit kompetent weiterführen und mit seinen Seminaren, und seinem Fortbildungs-und Ferienprogramm die Kinder und Jugendlichen vor allem zur politischer Beteiligung und für den Klimaschutz sensibilisieren, sagt Hansen.

„Wir wollen die jungen Menschen zu mutigen Demokraten und aufgeweckten Klimaschützern selbstbewusst heranziehen.“

10.000 Übernachtungsgäste und 250 Jugendleiter werden hier ausgebildet

Die neue KJR-Chefin ahnt, dass sie in „große Fußstapfen“ tritt, wenn sie nun Waschkau und Hammermann beerbt, die 34 und sogar 42 Jahre den Verband geleitet haben. Das erfülle sie mit einer gewissen Demut, sagte sie bei ihrer Vorstellung nach zwei Monaten Einarbeitung. Sie sei offen für neue Ideen und arbeite „gerne mit Menschen zusammen“, sagt sie und kündigt an: „Ich möchte alles, was gut läuft, weiter am Laufen halten.“

Das wird sicherlich das Ferienpass-Programm sein, das schon seit 50 Jahren im Sommer mit etwa 50 Angeboten jedes Jahr rund 1500 Teilnehmer im Kreis Pinneberg erreicht.

Gut 10.000 junge Menschen kommen hier jedes Jahr zu Seminaren und Workshops zusammen und nutzen die 74 Übernachtungsplätze im früheren Kreiskrankenhaus an der Barmstedter Düsterlohe, das 1983 für 1,5 Millionen Mark zur Jugendbildungsstätte umgebaut und vor elf Jahren für 2,5 Millionen Euro komplett entkernt und energetisch saniert worden ist. 250 Jugendleiter werden hier jedes Jahr ausgebildet.

Waschkau: Die Schule nimmt zu viel Raum im Zeitplan der Jugendlichen ein

Die Jugendarbeit habe sich in den vergangenen Jahrzehnten erheblich gewandelt, resümiert Waschkau, der bereits in Rente ist, während Hammermann ihm erst Ende September nachfolgt. Der Nachmittagsunterricht in den Schulen bestimme heute weitgehend den Tagesablauf der Kinder und Jugendlichen, die viel verplanter und eingespannter seien.

„Die Schule nimmt großen Raum ein“, warnt der scheidende Verbandschef. „Jetzt auch vermehrt in den Ferien.“ Das sei zwar „gesellschaftlich nachvollziehbar, aus Kindersicht aber eher katastrophal. Wir möchten doch als Erwachsene auch nicht in unseren Büros oder auf dem Firmengelände Urlaub machen. Da muss sich noch viel ändern.“

Jugendliche sollten nicht betreut, sondern gefördert und begleitet werden

Dabei hätten sich „die emotionale Wahrnehmung und die Bedürfnisse junger Menschen kaum verändert“, stellt Waschkau fest. „Das Bedürfnis nach sozialen Kontakten ist vorhanden. Zunächst kommen die Leute schüchtern rüber und nach gezielten Warm-up-Übungen genießen die meisten die Gruppenatmosphäre und wollen gar nicht wieder auseinandergehen.“ Somit sei „das Hauptproblem“ des Verbandes, „junge Menschen zum Kommen zu bewegen.“

Die jungen Leute müssten zum Mitmachen und Mitwirken animiert werden. „Kinder, Jugendliche und Vereine sollten nicht betreut, sondern gefördert, herausgefordert und höchstens begleitet werden“, lautet Waschkaus Credo. „Eines der höchsten Güter der Gruppenarbeit ist die Partizipation und das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Die Erkenntnis ‚das war unsere Idee, das haben wir geschafft‘ schweißt Gruppen zusammen.“

Kinder und Jugendliche brauchen Raum zur Entfaltung und keine Belehrungen

Seine wichtigste Erfahrung aus drei Jahrzehnten professioneller Jugendarbeit sei es, dass Kinder und Jugendliche in ihren Bedürfnissen ernst genommen werden müssten, sagt Waschkau. „Da muss man genau zuhören können. Eine wichtige Reaktion auf Ideen ist unbedingt, zu sagen: ‚Ja, toll und dann könntest du…‘ und nicht: ‚Ja, aber bedenke dass…‘“ Bei so einem Vorgehen würden „die Jugendideen irgendwann anfangen zu laufen“.

Waschkaus Rat aus all diesen Jahren ist: „Lasst die Jugend einfach ihre Dinge machen und fördert sie darin. Bietet ihnen nicht dauernd an, wie Dinge von Jugendlichen geregelt werden sollten.“ Denn das „ein negatives Phänomen bei den Kinder- und Jugendbeiräten: Die Erwachsenen wissen oft schon vorher, welche Themen wann angepackt werden sollten“, sagt Waschkau und warnt: „Aber so schafft man keine Erfolgserlebnisse für Jugendliche.“ Vielmehr müsste den jungen Leuten Geduld und Vertrauen entgegen gebracht werden.

Das jährliche Budget für den Kreisjugendring beträgt 430.000 Euro

Der Kreis Pinneberg unterstützt den Kreisjugendring seit rund 20 Jahren mit einem festen jährlichen Budget, das inzwischen 430.000 Euro im Jahr ausmacht und mit dem die zwölf Mitarbeitenden bezahlt werden. Auch das ist eine Errungenschaft, die das Erfolgs-Duo Waschkau und Hammermann dem Kreistag abgerungen hat.

Mit den Spenden, Teilnehmergebühren und Übernachtungskosten sei der KJR „ein Wirtschaftsunternehmen, das eine Million Euro im Jahr umsetzt“, sagt Waschkau.