Kreis Pinneberg. Zäune und Kastration brächten nichts. In Pinneberg soll nun hart durchgegriffen werden. Denn heimische Arten seien gefährdet.
Sie seien ein Problem geworden: Nutria, Marderhund oder Waschbär – diese sogenannten invasiven Tierarten will die Kreisjägerschaft Pinneberg jetzt intensiver bejagen. Die animalischen Einwanderer sollen auf die Abschussliste. „Wir müssen konsequenter gegen die tierischen Invasoren vorgehen“, fordert etwa Hans Wörmcke, Vorsitzender der Kreisjägerschaft. Denn die Verbreitung von invasiven Arten zähle zu den fünf wichtigsten Ursachen des dramatischen Rückgangs der Artenvielfalt.
Hintergrund für diese Forderung sei der Bericht des UNO-Weltbiodiversitätsrates zu invasiven Arten. Der Bericht des internationalen Expertengremiums IPBES sei „ein Alarm-Signal, das endlich alle Blockierer im Landesamt für Umwelt und romantisierende Tierschützer aufwecken sollte“, so Wörmcke.
Invasive Arten in Pinneberg: Jäger wollen Nutria, Waschbär und Marderhund ausrotten
„Dieser Rückgang findet auch direkt in unserer Region statt“, sagt der oberste Jäger im Kreis. „Mink und Marderhund, Waschbär, Nutria und Nilgans breiten sich aus, weil sie keine Fressfeinde haben, so Wörmcke. Darum würden sie einheimische Arten verdrängen.
Marderhunde etwa würden Nester von bodenbrütenden Vögeln plündern. Im Kreis Pinneberg hätten es wegen dieser Bedrohung unter anderem Kiebitze schwer, ihren Nachwuchs durchzubringen, berichtet Hans Wörmcke. „Invasive Arten sind eine der großen Bedrohungen für die Biodiversität. Sie können die Natur irreparabel beschädigen“, habe Professor Helen Roy vom Weltbiodiversitätsrat IPBES gesagt.
Laut Bericht gehen viele ausgestorbene Arten auf Invasoren zurück
So seien bei 16 Prozent aller weltweit ausgestorbenen Arten laut des Biodiversitätsratsberichts allein invasive Arten ausschlaggebend gewesen. Das Gremium forderte die Regierungen dringlich zum Handeln auf.
„In unseren Behörden und einigen Institutionen muss deshalb schnellstens umgedacht werden“, fordert nun der Vorsitzende der Kreisjägerschaft. „Insbesondere im Landesamt für Umwelt und der landeseigenen Stiftung Naturschutz gibt es zu viele Kräfte, die eine intensivere Bejagung der invasiven Arten behindern oder sogar gänzlich einstellen wollen“, so Wörmcke.
Bisherige Maßnahmen greifen laut Jägerschaft nicht
Seit Jahren versuche die Jägerschaft in Verhandlungen zu vereinbaren, dass auf landeseigenen Flächen in der Elbmarsch Marderhunde intensiver mit Fallen bejagt werden können. „Die Ergebnisse der Gespräche sind frustrierend. Man verschließt die Augen vor der Dramatik und lässt die Invasoren weiterhin einheimische Jungvögel und Gelege fressen“, zeigt sich Wörmcke enttäuscht.
Die bisher dort getroffenen Maßnahmen wie die Einzäunung von erkannten Brutstellen sei „gleichermaßen aufwendig wie teuer und ineffektiv“. Zumal auch Waschbären im Kreis Pinneberg auf dem Vormarsch seien. Die Tiere könnten gut klettern können, räubern sie Nester und Brutkästen aus. Neben Eiern und Jungvögeln stehen Frösche und weitere Amphibien auf ihrem Speiseplan.
Jäger greifen Tierschützer an: „Das ist Unfug“
Kein Verständnis habe Wörmcke für die Äußerungen von Katharina Erdmann, Leiterin der Wildtierstation in Klein Offenseth-Sparrieshoop, in Bezug auf Nutrias. Laut Wörmcke graben die Tiere ihre Behausungen gern in Deiche und würden deren Stabilität gefährden. In Bergedorf erobern die Tiere sogar Spielplätze, von einer öffentlichen Jagd wurde bisher aber abgesehen.
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Erdmann habe bei dieser Tierart behauptet, eine Bejagung bringe nichts, vielmehr solle man die Tiere einfangen, kastrieren und andernorts wieder aussetzen. Denn die Menschen hätten „verbockt“, dass Nutrias überhaupt in Deutschland lebten und somit sollten sie das Problem „vernünftig“ lösen.
Wörmcke wettert: „Das ist nicht nur in Bezug auf die Durchführbarkeit grober Unfug, sondern das Aussetzen beziehungsweise Wiederaussetzen invasiver Arten ist nach dem Naturschutzrecht und Jagdrecht sogar verboten und damit illegal.“ Die Kreisjägerschaft halte an ihrer Forderung fest – invasive Arten sollten konsequent bekämpft werden.