Quickborn. Nach Streit bietet der Investor dem klagenden Anlieger viel Geld für sein Grundstück und das älteste Haus der Stadt. So lief der Deal.

Diese Kuh ist jetzt wohl endgültig vom Eis. Die neue Quickborner Polizeiwache kann nun doch überraschend in der Marktstraße gebaut werden – ebenso wie 69 neue Wohnungen. Denn der Anwohner Thomas Tschechne, der gegen den Bebauungsplan und die bereits erteilten Baugenehmigungen geklagt hat, zieht diese jetzt zurück.

Das Elmshorner Bauunternehmen Semmelhaack, das neben der Polizeiwache 55 Wohnungen errichten wird, hat sich mit ihm geeinigt. Die Baufirma wird ihm seine Reetdachkate von 1788 und das 800 Quadratmeter große Grundstück abkaufen. Baubeginn soll noch in diesem Jahr sein.

Streit in Quickborn: Kläger erhält Geldangebot – neue Polizeiwache kommt doch

Das älteste Gebäude Quickborns wird dann aber wohl abgerissen werden. Die 240 Jahre alte Stieleiche soll aber möglichst stehen bleiben. Die Stadtwerke würden sie schützen und bewässern, verspricht Werkleiter Panos Memetzidis.

So soll die neue Polizeiwache in Quickborn an der Marktstraße aussehen.  
So soll die neue Polizeiwache in Quickborn an der Marktstraße aussehen.   © Semmelhaack | Semmelhaack

Noch zu Beginn des Jahres schienen die Fronten unversöhnlich verhärtet zu sein. Es drohte ein Stillstand von bis zu fünf Jahren, bis der Rechtsstreit geklärt worden wäre, sagt Bürgermeister Thomas Beckmann. Das habe er unbedingt verhindern wollen und sich als Moderator zwischen der Firma Semmelhaack und dem Anwohner Tschechne eingeschaltet.

Dieser hatte Beckmann auch erlaubt, mit einem großen Plakat, das in der Baumkrone der zwölf Meter hohen Eiche hing, vor eineinhalb Jahren im Bürgermeisterwahlkampf erfolgreich für sich zu werben.

Über den Kaufpreis schweigen sich beide Seiten aus

Insofern verstehe er sich gewissermaßen auch als „Bürgermeistermacher“ von Quickborn, flachst Tschechne. Ihn und Beckmann habe das Ziel geeint: „Der alte Bürgermeister muss weg.“ Der habe ihm vor zwei Jahren für sein Grundstück ein Kaufangebot gemacht, das er als „erniedrigend“ empfand und es habe zurückweisen müssen.

Nun aber habe „Beckmann die Kuh vom Eis gekriegt“, indem ihm und seiner Frau von Semmelhaack ein Angebot gemacht wurde, das er endlich annehmen konnte, erklärt Tschechne. „Beckmann ist einer, der nach Lösungen sucht.“ Über die Höhe des Kaufpreises halten sich beide Seiten bedeckt. Aber allein das Grundstück mitten in der Stadt dürfte etwa eine halbe Million Euro wert sein.

Klagendes Ehepaar hat ein Jahr Zeit, neue Bleibe zu finden

Das Ehepaar Tschechne habe nun ein Jahr Zeit, sich woanders ein neues Domizil zu suchen. So sei es im bereits notariell beurkundeten Kaufvertrag vereinbart worden. „Uns blutet das Herz“, sagt Tschechne und betont: „Wir sind keine Geldschneider.“ Jetzt würden sie am liebsten irgendwo im Norden einen Resthof finden wollen, wo sie sich niederlassen können, erzählt Tschechne.

„Der Baum wird aber wohl draufgehen“, befürchtet Tschechne, dass die Bauarbeiten und später die Zufahrt zur Tiefgarage, die direkt an der Eiche vorbeiführen wird, deren Wurzeln lebensbedrohlich schädigen werden. Weder die Eiche noch das alte Fachwerkhaus mit Reetdach stehen unter Schutz.

Was mit den gekauften Grundstück passiert, ist noch völlig unklar

Auch Projektleiter Arne Parchent vom Investor Semmelhaack bestätigt die positive Rolle, die Bürgermeister Beckmann in den festgefahrenen Verhandlungen gespielt habe. „Seine neutrale Vermittlerrolle war sehr hilfreich. Dafür müssen wir uns bei ihm bedanken.“ So habe er „sehr nette konstruktive Gespräche“ mit den Tschechnes führen und sich letztlich einigen können.

Was mit dem Tschechne-Grundstück geschehen soll, das nun Semmelhaack gehört, stehe noch nicht fest. Das werde zu einem späteren Zeitpunkt überplant, kündigt Parchent an.

Neue Polizeiwache soll 20 Beamten dienen

Die Polizeiwache, die vor 15 Jahren von der Bahnhofstraße an den Stadtrand verlagert wurde, werde direkt an der Marktstraße errichtet und an das Land langfristig vermietet werden. Den etwa 20 Beamten stünden 600 Quadratmeter Nutzfläche und ein geschützter uneinsichtiger Innenhof mit Parkplätzen zur Verfügung, erläutert der Projektleiter.

Dahinter werden die 55 Wohnungen in dreigeschossigen Gebäuden plus Staffelgeschoss errichtet, die Semmelhaack selber verwalten und vermieten werde. Die öffentlich geförderten würden etwa 6,50 Euro Kaltmiete, die freifinanzierten um die 13,50 Euro je Quadratmeter im Monat kosten, erklärt Parchent.

Investor hat im ganzen Land etwa 25.000 Wohnungen

Der Elmshorner Investor verfüge über 25.000 Wohnungen in ganz Norddeutschland. „Allein in diesem Jahr haben wir bereits 1500 Wohnungen gebaut“, erklärt Parchent. In Tornesch, Wentorf und Brunsbüttel habe sein Unternehmen bereits andere Polizeiwachen für das Land errichtet.

Die Quickborner Stadtwerke werden auf ihrem Gelände ebenfalls von der Firma Semmelhaack 14 kleine, etwa 40 bis 50 Quadratmeter große Wohnungen errichten lassen, erklärt Werkleiter Memetzidis. Diese sollen dann den eigenen Servicetechnikern zur Miete angeboten werden, kündigt er an. „Die alte Eiche werden wir natürlich bewässern. Das haben wir ja bereits versprochen und eine Baumpatenschaft übernommen.“

Nach Klagerückzug werden wohl mehr als 20 Millionen Euro investiert

Insgesamt werden wohl mehr als 20 Millionen Euro investiert. Die Polizeiwache mit den 55 Wohnungen von Semmelhaack sollen etwa 18 Millionen Euro kosten, erklärt Projektleiter Parchent. Die Stadtwerke investierten 3,5 Millionen Euro, sagt Memetzidis.

Ein Teil der Wohnungen solle bis Ende 2024 errichtet sein. Die Polizeiwache bis Mitte 2025. Alle Gebäude werden an das Fernwärmenetz der Stadt angeschlossen, das von einem Blockheizkraftwerk gespeist wird, das mit Biomethan betrieben wird, kündigt Clemens Brinkmann an, der Technische Leiter der Quickborner Stadtwerke.

Bürgermeister Beckmann ist froh, dass dieses Schlüsselprojekt für die weitere Entwicklung der Quickborner Innenstadt nun doch recht schnell realisiert werden könnte. „Alle Beteiligten sind zufrieden“, sagt Beckmann. „Wir sehen uns noch in diesem Jahr zum ersten Spatenstich.“