Pinneberg. Expertin Andrea Kelting bietet Pilzwanderungen zum Thema Herbstpilze an. Was Pilzsammler im Kreis Pinneberg beachten müssen.

  • November entwickelt sich zu einem guten Pilzmonat
  • Bis bei uns mediterrane Pilzarten einwandern, dürfte es noch rund zehn Jahre dauern
  • Gesammelte Pilze immer gut durchgaren

Dieses Jahr ist ein gutes Pilzjahr: Die Saison begann nicht nur recht früh, sie hält auch lange an: Jetzt, im November, kommen Pilzsammler in den Wäldern im Kreis Pinneberg auf ihre Kosten. Überall sprießen Maronen und wachsen Steinpilze.

Die Pilzsachverständige und -freundin Andrea Kelting aus Klein-Nordende war ob des hohen Aufkommens ihrer Lieblinge schon im Sommer völlig aus dem Häuschen: „Es ist der Oberkracher, was da gerade abgeht. Die Funga ist explodiert!“, sagte sie. Kelting, die auch Führungen anbietet und bei der Identifikation von Pilzen behilflich ist, konnte sich in diesem Jahr schon von Juli an vor Anfragen kaum retten.

Kreis Pinneberg: Pilzjahr startete extrem früh – und dauert immer noch an

Für alle Gelegenheitssammler, die sich oft auf Steinpilze und Maronen konzentrieren, fällt die Pilzzeit in der Regel aber in den Herbst. Vor allem der September und Oktober gelten gemeinhin als gute Monate, um „in die Pilze“ zu fahren. Anders in diesem Jahr, sagt die von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) ausgebildete Expertin Kelting.

Pilzsachverständige Andrea Kelting, die sich selbst kaum erinnert, wann sie einmal so früh im Jahr solch reichhaltige Funde gemacht hat, schätzt, dass die Saison noch eine ganze Zeit andauern wird. Schon in den vergangenen Jahren konnten Pilzliebhaber bis in den Dezember hinein sammeln, erzählt sie, und der November entwickelt sich zu einem hervorragenden Pilzmonat. Da die Böden derzeit gut gesättigt seien, gibt es auch dieses Jahr eine extralange Saison.

Rund 14.000 Pilzarten gibt es in Deutschland

Inwiefern sich die Pilzwelt in der Region mit der Klimakrise in den nächsten Jahren weiter verändern wird, mag Kelting nicht zu prognostizieren. Bis beispielsweise mediterrane Arten einwandern, dürfte es allerdings noch rund zehn Jahre dauern, denkt sie, da zunächst die Myzele, also „Pilz-Wurzeln“ über einige Jahre ausgebildet werden müssen.

Und Achtung: Rund 14.000 Pilzarten gibt es in Deutschland, aber nur 200 davon sind klassische Speisepilze und etwa zehn Arten sind tödlich giftig. Mit reichlich Vorsicht zu sammeln, schade also nicht – gerade was die just besprochenen Champignons angehe, sagt Kelting: „Die Wahrscheinlichkeit, an Gift-Champignons zu geraten, ist sehr, sehr groß.“

Giftige Pilze wachsen direkt neben Speisepilzen

Mehr als 60 Champignon-Arten gebe es in Deutschland, drei davon seien Gift-Champignons. Unter ihnen ist auch der Karbol-Champignon, der sich nicht immer allzu leicht von seinem bekömmlichen Verwandten unterscheiden lässt. „Champignons sind keine ,Anfänger-Pilze‘!“, betont Kelting daher.

Sie warnt vor einem weiteren fatalen Doppelgänger: Dem Pantherpilz, der dem schmackhaften Perlpilz ohnehin schon ähnlich sieht. In dieser Saison sei es aber besonders schwierig, die beiden Arten auseinanderzuhalten: „Ich habe in diesem Jahr schon häufig Perlpilze in der Vergesellschaftung mit Pantherpilzen gesehen. Die wachsen dann einfach munter durcheinander“, so die Expertin. Erst vor wenigen Tagen habe es einen entsprechenden Vergiftungsfall im Kreis gegeben.

Pilzsachverständige helfen bei der Identifikation der Funde

Größte Obacht sollten Sammler grundsätzlich auf den extrem giftigen Grünen Knollenblätterpilz geben, der laut AOK die Schuld an den meisten tödlich verlaufenden Pilzvergiftungen in Mitteleuropa trägt. Auch ihn können unerfahrene Sammler für einen Champignon halten. Wer nach dem Pilzverzehr an Vergiftungserscheinungen leidet, kontaktiert so schnell wie möglich das Giftinformationszentrum-Nord rund um die Uhr kostenfrei unter der Rufnummer 0551/192 40.

Wer sich nicht zu 100 Prozent sicher ist, was er sammelt, lässt die Beute besser stehen oder holt sich Rat von einem Pilzsachverständigen ein. Damit die Experten die Exemplare gut identifizieren können, sollte sich die Wurzel noch am Pilz befinden, dazu den Fruchtkörper am besten aus dem Boden herausdrehen.

Pilzexpertin rät von Handy-Apps zur Pilzbestimmung ab

Wovon Andrea Kelting hingegen deutlich abrät: der Bestimmung von Pilzen mit entsprechenden Handy-Apps. Hier sieht sie ein großes Risiko, doch an einen Giftpilz zu geraten. Denn Pilze kommen nicht vom Fließband, sondern aus der Natur. Kein Champignon sieht aus wie der nächste – und dasselbe gilt für ihre giftigen Doppelgänger. Eine App könne anhand einer automatischen Foto-Auswertung daher unmöglich zuverlässige Einschätzungen geben.

Andrea Kelting ist Pilzsachverständige aus Klein Nordende im Kreis Pinneberg.
Andrea Kelting ist Pilzsachverständige aus Klein Nordende im Kreis Pinneberg. © Unbekannt | Andrea Kelting

Gut für Anfänger geeignet: Röhrlinge und Pfifferlinge

Es gibt aber auch Pilze, bei denen das Sammeln relativ ungefährlich ist, erzählt Expertin Kelting. Unter anderen der Pfifferling zähle dazu. Seinen giftigen Doppelgänger, den Ölbaumtrichterling, gebe es bislang nur in Süddeutschland, nicht hier oben im Norden.

Und wer statt Pfifferlingen aus Versehen sogenannte Falsche Pfifferlinge sammelt, vergiftet sich damit nicht. Diese Art schmeckt lediglich öde. Unmengen der Edelpilze sollten sich Sammler aber nicht einstecken. Denn Pfifferlinge sind in Norddeutschland noch immer selten und daher schützenswert.

Naturschutzbund gibt Tipps zum achtsamen Pilzesammeln

Für Pilz-Anfänger eignen sich außerdem sämtliche Röhrlinge, also Pilze mit einem sogenannten Schwamm auf der Hutunterseite und ohne Lamellen, wie etwa Maronen oder Steinpilze. Immerhin gibt es in unseren Breiten keine tödlichen giftigen Röhrlinge, nur einige extrem bittere und daher ungenießbare, mit denen man sich die Pilzpfanne im Zweifel ruiniert. Gesundheitsgefährdend ist das allerdings nicht.

Die wichtigsten Hinweise für achtsames Pilzesammeln hat auch der Naturschutzbund (Nabu) noch einmal zusammengefasst. Abgesehen davon, dass Sammler nur essen sollten, was sie zu 100 Prozent kennen, gilt es nämlich auch, schimmlige und alte Pilze stehenzulassen. Kommt ein Exemplar zum Verzehr infrage, sollte es kurz über dem Boden abgeschnitten werden.

Wichtig: Gesammelte Pilze gut durchgaren

Zu Hause angekommen ist es wichtig, die Pilze alsbald zu garen, und zwar für 15 bis 20 Minuten, um Magen-Darm-Beschwerden vorzubeugen. Und zuletzt: Es gilt nur für den Eigenbedarf und nie mehr Pilze zu sammeln, als am selben Tag verarbeitet werden können. Bei besonders geschützten Arten wie den beliebten Steinpilzen ist es sogar gesetzlich verboten, mehr Pilze mitzunehmen.

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Kreis Pinneberg: Expertin setzt auf langes Pilzjahr – bis Dezember

Andrea Kelting behält die die Funga im Kreis Pinneberg im Blick und teilt ihr Wissen auf Pilzführungen: An den Wochenenden 18./19. November und 25./26. November geht es um das Thema Herbstpilze. Weitere Termine zum Themenbereich Vital- und Winterpilze sind geplant. Außerdem hilft sie Sammlern, ihre Funde zu identifizieren. Mehr Infos und alle Daten unter: www.pilzberatung-und-pilzlehrwanderungen.de. Auf der Webseite der DGfM, www.dgfm-ev.de, finden sich zudem Kontaktdaten der Pilzsachverständigen für jede Region.