Pinneberg. Preisdiskriminierung beim Haarschnitt? Friseure aus dem Kreis Pinneberg erklären, wieso Damen beim Friseur meistens mehr zahlen müssen.

  • Frauen zahlen für einige Waren und Dienstleistungen mehr. Handelt es sich dabei um eine Preisdiskriminierung, nennt sich das „Pinktax“, also „Rosasteuer“.
  • Allerdings: Damenfrisuren sind tatsächlich meist aufwendiger, schon allein weil die Mitarbeiter häufiger geschult werden müssen.
  • Friseurin Vivien Nielsen berichtet jedoch auch, dass Männer zunehmend komplexere Haarschnitte verlangen.

Waschen, schneiden, legen – dafür kann man in der Pinneberger Rathauspassage 35 Euro zahlen oder 18 Euro. Den Preisunterschied macht dabei weder die Wahl des Salons noch die schiere Haarlänge, sondern allein das Geschlecht. Nicht nur für Rasierer, Shampoo und Parfum müssen Frauen oft mehr zahlen als Männer, sondern auch beim Friseur. „Pinktax“ (zu deutsch „Rosasteuer“) nennt sich diese Preisdiskriminierung.

Aber ist es überhaupt eine Preisdiskriminierung? Oder gibt es nachvollziehbare Gründe dafür, wieso Frauen mehr Geld im Friseursalon lassen? Das Abendblatt hat Friseure im Kreis Pinneberg gebeten, den Kostenunterschied zwischen den Geschlechtern zu erklären.

Kreis Pinneberg: Frauen zahlen für kompliziertere Frisuren

Selbstverständlich haben Frauen oft längere Haare und komplizierter umzusetzende Frisurwünsche als Männer. Eine aufwendigere Behandlung ist teurer, keine Frage. Allerdings zahlen auch Frauen mit Kurzhaarfrisuren, wie sie genau so gut ein Mann tragen kann, bei den meisten Friseuren drauf. Männer mit langen Loden oder Dutt sparen sich wiederum oft einen Aufpreis. Weil Frauen darüber hinaus durchschnittlich weniger verdienen als Männer, wiegt der erhöhte Preis für sie sogar noch schwerer.

Bei „Jet Z“ in der Bismarckstraße bekommen Frauen einen Trockenschnitt etwa ab 26,50 Euro. Längere Haare erhöhen den Preis auf bis zu 34 Euro. Ein Mann wiederum zahlt für einen Trockenhaarschnitt nur 22 Euro, einen Maschinenschnitt für Männer gibt es schon ab 12,50 Euro.

Als Begründung dafür führt eine Mitarbeiterin vor Ort an, dass bei Damenfrisuren meist einzelne Haarpartien abgeteilt werden müssen, was die Arbeit verkompliziere. Auch sei Frauenhaar dichter und eine klassische Frauenfrisur schwieriger zu schneiden.

Allerdings, und hier liegt die Krux, würde sie einer Frau, die einen Maschinenhaarschnitt wünscht, dennoch einen Trockenhaarschnitt berechnen. Das lässt die Vermutung zu, dass eine wahrscheinlich höhere Zahlungsbereitschaft von Frauen schuld an den Preisen ist.

Ein Friseur vermutet: „Den Frauen ist ihr Aussehen vielleicht mehr wert“

Nun ist diese Preispolitik keine Erfindung des Friseurs „Jet Z“ und diesem auch kaum anzulasten. Beinahe jeder Friseursalon im Kreis berechnet mehr Geld für Frauen- als für Männerhaarschnitte. So zum Beispiel auch das Elmshorner Haarstudio Manuel.

Inhaber Manuel Mischke erklärt analog zur „Jet Z“-Mitarbeiterin, dass Herren meist trocken frisiert werden und weniger Styling erwarten als Damen – aber eben nicht immer, meint der der Friseur. Den Preisunterschied sieht er daher in Teilen ebenso als tradiert an, als etwas, woran sich Männer und Frauen über lange Zeit gewöhnt haben. „Den Frauen ist ihr Aussehen vielleicht mehr wert, als einem typischen Mann?“, mutmaßt der Friseur.

Von einer baldigen Angleichung der Preise geht Mischke nicht aus: „Wenn die Männer plötzlich mehr zahlen müssten, dann würden sie sich wahrscheinlich aufregen“, begründet er. Auch in seinem eigenen Salon sieht er es nicht kommen, dass Männer und Frauen gleich viel zahlen. Allerdings: Frauen mit ganz kurzen Haaren oder solche, die einen Maschinenschnitt wünschen, bittet Mischke wie Männer zur Kasse, sagt er.

Beratung und Schulung der Mitarbeiter machen Damenfrisuren teuer

Vivien Nielsen, die nicht nur zwei Salons namens „HaarSchnitt“ in Hamburg und Wedel betreibt, sondern auch Vorständin der Friseurinnung Westholstein ist, hält die klaffende Lücke zwischen den Friseurpreisen für Männer und Frauen nicht für eine Preisdiskriminierung. „Es ist tatsächlich so, dass der Haarschnitt bei der Dame einfach aufwendiger ist“, sagt sie.

Dabei gehe es zwar einerseits um den Zeitfaktor während des Friseurbesuchs. Andererseits würden Damenhaarschnitte aber schon bei der Beratung der Kundinnen und der Schulung der Mitarbeiter mehr Zeit und damit Geld kosten. „Die Frauen haben ja ganz andere Trends – und die Herren eigentlich fast immer Basisformen“, sagt sie. Regelmäßige Seminare, in denen sich die Mitarbeiter bezüglich aktueller Frisurmoden fortbilden, seien deshalb nötig.

Im Kreis Pinneberg kostet der Friseurbesuch rund 1,20 Euro pro Minute

Nielsen stellt ihre Preisliste in etwa mit folgender Faustregel zusammen: Anhand wirtschaftlicher Kriterien und Ausgaben beispielsweise für Miete und Angestellte sollte eine Minute beim Friseur 1,20 Euro kosten. Sind chemische Farben oder Pflegemittel involviert, erhöht sich der Preis wegen des Wareneinsatzes auf 1,50 Euro pro Minute. Innerhalb ihrer Preisliste hat Nielsen daher oft eine ungefähre Behandlungsdauer angegeben.

Ein Damenhaarschnitt, der rund 35 Minuten dauert, kostet beispielsweise 38,50 Euro. Für einen meist zehnminütigen Männerschnitt mit der Maschine berechnet sie 15 Euro.

Vivien Nielsen betreibt zwei Salons namens „HaarSchnitt“ in Wedel und Hamburg. Gleichzeitig ist sie Vorständin der Friseurinnung Westholstein.
Vivien Nielsen betreibt zwei Salons namens „HaarSchnitt“ in Wedel und Hamburg. Gleichzeitig ist sie Vorständin der Friseurinnung Westholstein. © Inga Sommer

Auch hier ist erkennbar, dass Männer womöglich allein deshalb weniger für die neue Frise zahlen, weil sie nach wenigen Minuten auf dem Friseurstuhl schon wieder sitzt. Dafür müssen Männer mit raspelkurzen Maschinenschnitten vermutlich deutlich häufiger in den Salon als so manche Dame.

Immer mehr Männer wollen aufwendige Behandlung

Dass sich die Preise für Damenhaarschnitte künftig verringern, hält Nielsen nicht für wahrscheinlich. Zumal Frauen in der Regel mehr als einen bloßen Schnitt erwarteten. Sie besuchen den Friseur nicht nur fürs Schnippeln, sondern ebenso für eine Beratung, Pflegeprodukte und das Styling.

Männer seien da häufig pragmatischer – noch. Denn Bartpflege, Kompressen oder Peelings würden vermehrt auch von den Herren verlangt, erzählt Nielsen. „Es wird immer mehr, dass die Männer stärker auf sich achten. Und wenn ein Mann hier das Wunschlos-glücklich-Programm bekommt, dann läuft das auch auf eine Stunde hinaus“, sagt Nielsen. Folglich bezahlt er dann kaum weniger als eine Frau.

Sie achte dennoch darauf, dass für jedes Budget ein passender Posten auf der Preisliste steht. Gerade Frauen mit kurzen, pflegeleichten Haaren profitieren zum Beispiel vom unkomplizierten „Wash, cut and go“, andere von einem Fünf-Minuten-Styling.

Bei XL Cut in Pinneberg zahlen Damen und Herren den gleichen Preis

Wie immer bestätigen jedoch Ausnahmen die Regel. Tatsächlich gibt es einen Salon in Pinneberg, der offenbar auch ohne Preisunterschiede zwischen Damen- und Herrenfrisuren auskommt.

Die Salonkette „XL Cut“, unter anderem mit Sitz in der Lindenstraße, bietet sowohl Frauen als auch Männern das Programm „Waschen und Schneiden“ und (bei Bedarf) selber Föhnen für jeweils 20 Euro an. Ob blond, ob braun, hier sparen alle Frauen.

Massiver Fachkräftemangel auch in Pinneberger Friseursalons

Dass freche Frisuren und herrliche Haarschnitte kosten, ist per se verständlich. Insbesondere, da in den Schaufenstern der regionalen Salons neben den Preislisten beinahe immer auch Mitarbeitergesuche aushängen. Das Friseurhandwerk strauchelt unter einem massiven Nachwuchsmangel. „Jet Z“ in Pinneberg musste daher erst kürzlich seinen zweiten Salon „40 +“ schließen und vereint nun wieder alle Schnittbedürftigen in einer Filiale.

Düsteres sieht auch Innungsvorständin Nielsen auf die Branche zukommen. „Das Handwerk ist einfach nicht so sexy“, klagt sie. Es kämen nicht genug Auszubildende nach. „Mit den Geflüchteten von 2015 hatten wir noch einmal einen ganz, ganz tollen Bogen nach oben“, aber auch diese hätten ihre Ausbildung nun längst beendet, so Nielsen.

Nun hoffe die Innungsvorständin auf Quereinsteiger, werbe in Schulen für den Beruf und stelle vermehrt Schülerpraktikanten ein. Sie findet es äußerst bedauerlich, dass ihre hochgradig kreative und mit viel positivem Menschenkontakt verbundene Profession oft stigmatisiert und daher von vielen Schulabgängern nicht als Berufswunsch gehegt wird.