Pinneberg. 35 Konzerte auf vier Bühnen, Zehntausende Besucher, ausverkaufte Pins – Veranstalter ziehen positive Bilanz und prämieren Preisträger.
Im Juli 1812 trafen sich Ludwig van Beethoven und Johann Wolfgang von Goethes in Teplitz und verabredeten sich zu einem Spaziergang. „Seht doch, mein lieber Beethoven. Dort kommt uns die Kaiserin mit ihrem Gefolge entgegen. Lasst uns beiseitetreten.“ Doch der Komponist weigerte sich und war der Ansicht, ihnen müsste Platz gemacht werden. Goethe war solch „flegelhaftes Benehmen“ so unangenehm, dass er Beethoven nicht den Auftrag erteilte, einen seiner Texte zu vertonen.
„Glück für uns“, sagt Ralf Eßwei, Sänger der Gruppe Gretchens Pudel. „Also haben wir ihn vertont.“ Die fünf Pfälzer Musiker verjazzen seit zehn Jahren deutsche Volkslieder und haben offenbar einen modischen Faibel für pinke Pudelhausschuhe, mit denen sie am Sonntag auf der Bühne beim Pinneberger SummerJazz Festival spielten. Und dies stand unter dem Motto„Jazz meets Beethoven“ – und es ging doch sehr gesittet zu.
Zehntausende Menschen besuchten SummerJazz Pinneberg
Gretchens Pudel gehören auch zu den diesjährigen SummerJazz Pinneberg Preisträgern – gemeinsam mit Tudo Azul, Keller Kollektiv Big Band, B.O.S.S., Lucia Fodde Ensemble und Hanno.
Mehrere Zehntausende Menschen besuchten das 27. Pinneberger Jazzfestival am Wochenende. „Ein toller Erfolg“, so die Bilanz des Festival-Chefs Ralph Kricke am Sonntag. „Donnerstag und Freitagabend waren grandios und das Wetter toll.“ Sonnabend sei es zwar sehr nass geworden, aber die ganz tapferen Besucher hätten sich davon nicht abschrecken lassen. „Und abends war es dann wieder sehr schön.“ Auch am Sonntag zeigte sich der Wettergott gnädig und sorgte noch einmal für volle Plätze vor den Bühnen.
Im Publikum saß auch Jürgen Leidner. Der 84 Jahre alte Jazzfan aus Pinneberg hat in 27 Jahren nicht ein SummerJazz Festival verpasst. An seinem Hut prangen zahlreiche Summerjazz-Pins. „Ich habe alle in doppelter Ausführung“, sagt er. Leidner hat an allen vier Tagen der Musik gelauscht. „Es ist moderner geworden.“ Ihm persönlich fehle ein wenig Dixieland, Oldtime-Jazz und die Mundharmonika. „Aber das ist Geschmackssache. Ansonsten gefällt es mir sehr gut.“
Jedes Jahr rund 300 Bewerbungen für SummerJazz Pinneberg
Organisiert wird das Festival mit 35 Konzerten auf vier Bühnen von einem ehrenamtlichen Team rund um Ralph Kricke, darunter ein paar begeisterte Musiker. So stand auch Dirk Theege – jüngst auch dem Orga-Team beigetreten – mehrmals beim SummerJazz auf der Bühne. „Ich habe mich als Musiker gut betreut gefühlt“, sagt er. Auch in diesem Jahr ließ er es sich nicht nehmen, mit Freunden aufzutreten.
„Theege ist ein Fuchs“, sagt SummerJazz-Ehrenvorsitzender Günter Kleinschmidt mit einem Augenzwinkern. „Er kommt einfach immer mit einer neuen Band und kann dann wieder beim SummerJazz auftreten.“ Denn eigentlich achten die Veranstalter auf Vielfalt in der Auswahl der Musiker. Immerhin 300 Bewerbungen bekommen die Veranstalter jedes Jahr von Künstlern. Da kommen immer wieder frische Künstler nach.
SummerJazz Pinneberg: Stefan Gwildis sorgte für fulminanten Auftakt
Doch es gibt Lokalgrößen, die nicht fehlen dürfen, weil sie beim Publikum besonders beliebt sind. „Im letzten Jahr hat uns das Publikum übel genommen, dass Tom Shaka nicht dabei war“, sagt Kleinschmidt. Ein Fehler, der sich in diesem Jahr nicht wiederholte.
Das Festival ist seit Jahren eine Institution, das auch Publikum von weiter her lockt. Beim fulminanten Auftakt mit Stefan Gwildis am Donnerstag habe ich sogar eine Hongkongerin kennengelernt“, sagt Cristina Zeitz, zweite Vorsitzende des Fördervereins. Ob die Frau nun extra für Stefan Gwildis kam? Die Frage blieb offen.
Klar war aber, dass die Besucher von weit über die Stadtgrenzen hinweg angereist waren. „Wir sind der beste weiche Standortfaktor für Pinneberg“, sagt Günter Kleinschmidt gänzlich unbescheiden. „Wir sorgen mit dem SummerJazz Pinneberg für Lebensqualität.“
SummerJazz-Pins sind in diesem Jahr ausverkauft
Der SummerJazz Pinneberg lebt von ehrenamtlichem Engagement und den Sponsoren & Förderern, die mit ihrer Unterstützung das Festival ermöglichen. Um allen einen kostenlosen Eintritt zum Open Air Festival zu ermöglichen, sind die Organisatoren auch auf den Verkauf der Summerjazz-Pins angewiesen. In diesem Jahr war es ein Cello.
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„In all den Jahren haben wir dreimal am Sonnabendabend sagen können, die Pins sind ausverkauft. Und in diesem Jahr ist es erneut so“, freut sich Mitorganisator Günter Kleinschmidt. Alle 3500 Stück sind für zehn Euro pro Stück verkauft worden. Brigitte Hübscher, die beim Pin-Verkauf half, konnte mittags nur noch Anstecker aus den Vorjahren anbieten. Auch kein Problem, denn mittlerweile sind die begehrte Sammlerstücke.