Moorrege. Bei dem verheerenden Feuer am 10. Juli wurden drei Familien obdachlos, ihr gesamtes Hab und Gut ist zerstört. Wie geholfen werden kann.

Der Schock sitzt ihnen noch tief in den Knochen. Vor drei Wochen haben sie bei einem Brand in Moorrege-Klevendeich alles verloren. Ihr gesamtes Hab und Gut, alle ihre persönlichen Sachen sind in dem Feuer und dem Löscheinsatz von mehr als 200 Einsatzkräften untergegangen. Jetzt sorgt eine Spendenaktion zumindest für finanzielle Abhilfe.

Die drei Familien, die das zerstörte Reetdachhaus aus dem 18. Jahrhundert bewohnten, sind jetzt obdachlos. Sie wohnen bei Freunden, können das Drama noch gar nicht fassen, tun sich schwer, das Trauma zu verarbeiten. Zugleich hat sie der Alltag fest im Griff und sie müssen jetzt mit den Versicherungen versuchen, den Schaden zu regulieren.

Reetdachhaus zerstört: Alles verloren – Spendenaktion für Feueropfer von Moorrege

Da kommt zumindest gute Hilfe von Seiten der Gemeinde. Bürgermeister Wolfgang Balasus hat unmittelbar nach dem Feuer am Deichweg am 10. Juli eine Spendenaktion unter https://www.gofundme.com/f/wer-spendet-fur-moorreger-brandopfer im Internet initiiert.

Bis Montagnachmittag hatten dort 959 Menschen insgesamt 41.490 Euro gespendet. „Das ist eine überwältigende Hilfsbereitschaft, die zeigt, dass das Gemeinschaftsgefühl und die Solidarität bei den Menschen noch groß ist“, findet Balasus.

Von dem historischen Reetdachhaus in unmittelbarer Nähe zu Deich und Klappbrücke blieb nur eine ausgebrannte Ruine übrig.
Von dem historischen Reetdachhaus in unmittelbarer Nähe zu Deich und Klappbrücke blieb nur eine ausgebrannte Ruine übrig. © Burkhard Fuchs

Schüler seien darunter, die fünf Euro geben, und auch Personen, die 1000 Euro verschenken. Die Spendenaktion läuft weiter. Die Betroffenen sind ganz beeindruckt.

Feueropfer von Moorrege sind dankbar für die Hilfsbereitschaft

„Das gibt uns unheimlich viel Kraft und Zuversicht“, sagt Melanie Seeliger, die mit ihrem Mann Oliver und Tochter Emma seit genau drei Jahren in dem historischen Haus gelebt hat. „Wir sind gerührt und dankbar für diese Hilfsbereitschaft“, sagt sie.

Erst jüngst habe ihr eine Nachbarin erzählt, dass auch ihr Sohn stundenlang mit den sieben Ortswehren von Moorrege, Haselau, Neuendeich, Uetersen, Heist, Haseldorf und Wedel auf dem Deich stand, um das Feuer zu löschen, das ein Blitzschlag bei einem Gewitter morgens um 8.20 Uhr verursacht hatte.

Der Weg zurück in den Alltag – für die Feueropfer von Moorrege ist er lang

„Was willst du denn dazu sagen?“, fragt sich Melanie Seeliger. „Man fühlt sich so total lost, so verloren. Am liebsten möchte man den Kopf in den Sand stecken.“Arbeiten könne sie zurzeit nicht, sagt die junge Mutter. Immer wieder kreisen die Gedanken um das Feuer – und die Folgen.

Sie könne sich auf nichts mehr konzentrieren, habe sich schon dabei erwischt, dass sie die Polohemden ihrer Freunde gebügelt hat. „Dabei bügele ich gar nicht gern“, sagt sie. Immer wieder läuft der gleiche Film ab.

Stundenlang haben mehr als 200 Einsatzkräfte von sieben Ortsfeuerwehren, THW und DRK am 10. Juli versucht, das fast 300 Jahre alte Reetdachhaus im Moorreger Deichweg vor den Flammen zu retten.
Stundenlang haben mehr als 200 Einsatzkräfte von sieben Ortsfeuerwehren, THW und DRK am 10. Juli versucht, das fast 300 Jahre alte Reetdachhaus im Moorreger Deichweg vor den Flammen zu retten. © Christine Lehmitz

Nachbarn hatten sie an jenem verhängnisvollen Montagmorgen auf der Arbeit alarmiert und berichtet, das Qualm aus dem Haus aufsteigen soll. Melanie Seeliger sah schon, noch Kilometer entfernt, aus dem Auto, wie die Rauschwaden Klevendeich verdunkelten. „Du hoffst und denkst die ganze Zeit, dass es vielleicht nicht so schlimm ist“, sagt die tapfere Frau.

Reetdachhaus in Moorrege brennt nieder: Bewohnerin berichtet von „tierischem Knall“

Doch dann sah sie das ganze Ausmaß des Schreckens und schrie, kaum noch Luft kriegend: „Nein, nein, nein!“ Am Vorabend hätte ihre Tochter Emma Angst noch vor dem Gewitter gehabt. Eine Vorahnung.

Christine Lehmitz, die nebenan mit Matthias Kraemer in dem fast 300 Jahre alten Reetdachhaus lebte, hat das Unglück hautnah miterlebt. „Das war ein tierischer Knall. Sowas habe ich noch nicht erlebt“, erinnert sie sich an den plötzlichen Blitzeinschlag.

Nach dem Blitzeinschlag fing das Reetdach des Hauses sofort zu brennen an

Das Reetdach fing sofort an zu brennen. „Es gab riesige Qualmwolken, die über ganz Moorrege hinwegzogen“, sagt Christine Lehmitz. Auch sie hat alles verloren. Jetzt rät sie allen bei Gewitter: „Packt eine Tasche mit den wichtigsten Sachen und Dokumenten und prüft eure Versicherungen.“

Denn ohne Belege sei es schwer, Ansprüche geltend zu machen. Die gesamte Buchführung ihrer Selbstständigkeit ist den Flammen zum Opfer gefallen. „Du fängst bei null an.“

Bürgermeister Wolfgang Balasus hat eine Hilfsaktion im Internet angestoßen

„Man kommt einfach nicht zur Ruhe“, sagt Oliver Seeliger. Ihm ist es noch gelungen, die Eheringe aus dem brennenden Haus zu retten. Mehr nicht. „Es ist ein einziges emotionales bergauf und bergab“, sagt der Mann.

Die Probleme würden sich auf wie ein riesiger „Themenberg“ auftürmen. Zu bewältigen sei dieser Berg kaum. „Am liebsten würde man weglaufen.“ Sie wisse nicht, wie ihr Mann überhaupt die Kraft finde zu arbeiten, sagt seine Frau Melanie.

Am Wochenende wollten sie ein paar Sachen ihrer Tochter aus dem Haus holen. Vergeblich. „Es ist alles verrußt und stinkt. Du kannst es nur noch wegwerfen. Das ist schon bitter.“

Gemeinde Moorrege will die baurechtliche Zustimmung zum Wiederaufbau geben

Vor ein paar Tagen wollte sie einen Brief schreiben, erzählt Mitbetroffene Christine Lehmitz. „Du denkst sonst nicht darüber nach. Aber du brauchst Papier und einen Stift zum Schreiben dafür. Und du hast nichts mehr davon.“

Das Ziel aller Betroffenen sei es, möglichst bald wieder in ihr geliebtes Zuhause einziehen zu können. Das Haus soll schnell wieder aufgebaut werden. Die Gemeinde Moorrege werde das tatkräftig unterstützen, verspricht Bürgermeister Balasus.

Reetdachhaus zerstört: Alles verloren – Spendenaktion für Feueropfer von Moorrege

Die Gemeinde sei bereit, die baurechtliche Zustimmung dafür zu geben. Die letzte Entscheidung habe aber die Bauaufsichtsbehörde des Kreises. „Aber wir als Gemeinde haben ja ein Wörtchen mitzureden.“ Auch die Kleiderkammer stehe den betroffenen Familien jederzeit offen.