Pinneberg/Elmshorn. 300 Demonstranten kämpften beim Pinnepride für die LGBTQ-Bewegung. Was Topmodel Felix Nieder in seiner Heimatstadt plant.

Ist der Pinnepride nur der Anfang? Nach dem zweiten Umzug durch Pinneberg. der sich für die Rechte der LGBTQ-Bewegung einsetzt, möchte sich das Elmshorner Männermodel Felix Nieder – eines der meistgebuchten Männermodels Deutschlands – in seiner Heimatstadt gegen Diskriminierung und Ausgrenzung einsetzen.

Nieder geht offen mit seiner Homosexualität um und möchte das Thema Diversität ins Bewusstsein aller Menschen bringen. Auch er plant einen Demonstrationszug durch die Krückaustadt.

Am Christopher Street Day (CSD) wird an verschiedenen Orten an verschiedenen Tagen bundesweit gemeinsam bunt für Toleranz gefeiert. Und gleichzeitig für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und intersexuellen Menschen gekämpft.

LGBTQ-Rechte: 300 Demonstranten sind bei CSD in Pinneberg dabei

In Pinneberg nahmen bei der bislang einzigen offiziellen Veranstaltung im Kreis am Sonnabend, 15. Juli, laut Angaben der Polizei und des Veranstalters gut 300 Unterstützer am zweiten Pinnepride in der Kreisstadtteil teil.

Pinnepride: Gut 300 Teilnehmer waren dabei, bis zu 1000 waren bei der Polizei angemeldet.
Pinnepride: Gut 300 Teilnehmer waren dabei, bis zu 1000 waren bei der Polizei angemeldet. © CSD Pinneberg

„Wir sind damit total zufrieden. Es war die zweite Auflage. Der erste Pinnepride fand 2020 unter strengen Corona-Auflagen mit 150 Teilnehmern statt. Es gab also eine Verdoppelung. Und das macht uns stolz“, sagt Pinnepride-Sprecher Jens Kuzel.

Pinnepride – Probleme mit „sehr gutem Wetter und Ferienanfang“

Es habe in einer durchweg friedlichen Veranstaltung keinerlei ihm bekannten Zwischenfälle gegeben. „Imponiert hat mir, dass alle im Pinneberger Rat vertretenen Parteien – vom linken bis ins konservative Lager – an einem gemeinsamen Stand die Botschaft transportiert haben“, so Kuzel.

Das Organisationsteam habe insgeheim im Vorfeld zwar auf 500 Teilnehmer gehofft – angemeldet war die Demonstration sogar für bis zu 1000 LGBTQ-Sympathisanten (englische Abkürzung für lesbisch, schwul, bisexuell und transgender) –, doch das „sehr gute Wetter und der Ferienanfang“ hätten vermutlich potenzielle Pinnepride-Demonstranten gekostet, meint der Sprecher.

CSD auch 2024 in Pinneberg – und vielleicht in Elmshorn?

Involviert war auch der VfL Pinneberg, da laut Sprecher Kuzel gerade im Sport etwa Ausgrenzung oder Homophobie oft vorhanden sei. Daher sollte gemeinsam für Vielfalt im Sport und den Respekt füreinander geworben werden.

Für den Pinnepride standen die Pinneberger Politiker geschlossen für die gemeinsame Botschaft ein..
Für den Pinnepride standen die Pinneberger Politiker geschlossen für die gemeinsame Botschaft ein.. © CSD Pinneberg

Zudem gab es Info-Stände, beispielsweise die Aids-Hilfe war ebenfalls vor Ort. Unterstützung gab es vom Stadtmarketing und die Initiative „Demokratie leben“, die unter anderem die 200 kostenfrei verteilten T-Shirts übernahmen. 2024 wird es erneut einen Pinnepride geben. „Es wird wieder bunt, vielleicht sogar größer und lauter“, hofft Kuzel.

Schirmherrin, Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg, führte gemeinsam mit Uwe Hönke (Geschäftsführer VfL Pinneberg) den Umzug an.
Schirmherrin, Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg, führte gemeinsam mit Uwe Hönke (Geschäftsführer VfL Pinneberg) den Umzug an. © CSD Pinneberg

In Elmshorn gibt es ebenfalls Bestrebungen, einen CSD-Umzug auf die Beine zu stellen. Vor Jahren hatte es dort einst einen von Schülern organisierten Zug durch die Straßen gegeben. Mit gut 60 Teilnehmern war die Resonanz relativ mau.

Diversität: Beliebtes Männermodel Felix Nieder will Aufklärungsarbeit leisten

Doch nun könnte ordentlich Schwung in die Sache kommen. Der Elmshorner Felix Nieder möchte unterstützen. Nieder bezeichnet sich selbst als „genderfluides Model“, trägt auch gern Frauenkleidung und geht offen mit seiner Homosexualität um.

Felix Nieder setzt sich für die Akzeptanz einer diversen Gesellschaft ein.
Felix Nieder setzt sich für die Akzeptanz einer diversen Gesellschaft ein. © Privat

Gründe, sich in seiner Heimatstadt leidenschaftlich zu engagieren, entstanden durch Dreharbeiten mit dem NDR an seiner ehemaligen Schule, der Elsa-Brändström-Schule, im Vorjahr. Es ging um das Thema Mobbing. 2013 hatte der Elmshorner dort sein Abitur absolviert.

Diversität: Beliebtes Männermodel Felix Nieder will Aufklärungsarbeit leisten

„Die Schüler dort und auch viele von anderen Elmshorner Schulen haben mich anschließend angesprochen; das sich daran nichts geändert hat. Das Thema Mobbing an Schulen ist immer noch aktuell. Und das hat etwas in mir ausgelöst“, so der 30-Jährige.

Für ihn sei dies ein Hilfeschrei gewesen, er möchte ein „Sprachrohr für die Schwachen“ sein. Gerade an Schulen hätten Kinder, die nicht der gewünschten Norm entsprächen, es oft nicht leicht. Während seiner Schulzeit habe es gleich zwei Suizide wegen Mobbings gegeben.

Das Model, dessen Buch „Als mein schwules Ich starb“ am 2. August erscheint, hatte und hat Zeit seines Lebens ebenso mit Anfeindungen zu leben, obwohl er lediglich nach seinen Wünschen lebt – und eigentlich niemanden dadurch stört.

Felix Nieder fordert Projektwochen an Elmshorner Schulen

Nieder fordert nun an Elmshorner Schulen Projektwochen zum Thema Diversität. Während die Schülerschaft von den Ideen meist durchweg begeistert sei, nehme die Lehrerschaft teilweise eine eher kritische Haltung ein.

„Es gibt Bedenken und sogar eine ängstliche Haltung wegen der Regenbogenflagge, und es wird eine politische Note hineininterpretiert. Dabei geht es gar nicht um Politik. Auch nicht beim CSD. Da geht es einfach um Dinge wie Gleichberechtigung und Liebe“, so Nieder.

Elmshorner Schulen: Manche Lehrer rollen mit den Augen

Manche Lehrer sollen sogar bei dem Thema die Augen verdrehen. Solche Projekttage würden „zu viel Arbeit“ machen. „Das ist für mich nicht zu verstehen, wenn Arbeitsbelastung als Argument angeführt wird, wenn Menschenleben auf dem Spiel stehen“, sagt der Elmshorner.

An Schulen gebe es teilweise einzelne Informationstage dazu, die sporadisch eingestreut würden.. „Das ist für mich Pinkwashing. Das macht man dann kurz mal und dann tschüss. Um einfach eine gewisse Aufmerksamkeit zu generieren, die nicht nachhaltig ist“, so Nieder deutlich. Mit diesem Begriff ist lediglich das Vortäuschen aus Imagegründen gemeint, sich für die LGBTQ-Bewegung einzusetzen.

Felix Nieder sucht den Kontakt zur Elmshorner Gleichstellungsbeauftragten

Welche weiterführenden Schulen der Krückaustadt seinen Ansinnen von Projektwochen und CSD positiv oder negativ gegenüberstehen, möchte Nieder nicht verraten.

Das Model, das in der Vorwoche auch auf der Berliner Fashionweek Mode präsentierte, steht ebenfalls mit der Elmshorner Gleichstellungsbeauftragten Heidi Basting in Kontakt. Die FDP-Politikerin Annina Semmelhaack, stellvertretende Vorsitzende im Ausschuss für Gleichstellung, hat sich ebenfalls bereits mit dem bekannten Männermodel informativ ausgetauscht.

Elmshorn: Pläne eines CSD-Umzugs sind noch in der Anfangsphase

Konkrete Umsetzungspläne für einen CSD in Elmshorn gibt es aktuell noch nicht. Allgemein gesehen möchte Nieder im Einsatz für eine echte Gleichberechtigung aller Geschlechter jedoch „Ernst machen und Druck ausüben“.

Er sieht auch die Politik in der Pflicht und könne sich zudem vorstellen, das Thema Diversität verpflichtend in den Schulunterricht zu integrieren. Damit dann eventuell die kommende Generation in einer Gesellschaft leben kann, in der die Menschen respektvoll miteinander umgehen.