Kreis Pinneberg. An der Abgabe der Grundsteuererklärung führt kein Weg vorbei. So hoch können die Zwangsgelder sein.
Wenn ab 2025 das neue Grundsteuergesetz in Kraft tritt, können vor allem auf Eigenheimbesitzer höhere Belastungen zukommen. Bislang haben rund 740.000 Schleswig-Holsteiner ihre zwei nicht mit einer Zahlungspflicht verbundenen Bescheide – den Grundsteuermess- und den Grundsteuerwertbescheid – erhalten.
„Wir empfehlen, gegen die Bescheide des Finanzamts Einspruch einzulegen“, rät Alexander Blazek, Vorsitzender des Landesverbands Haus Grund Schleswig-Holstein. „Dafür hat man nach Zugang des Bescheids einen Monat Zeit.“ In fast 90.000 Fällen (Stand 30. Juni) wurde dieser Empfehlung bislang gefolgt. Aus dem Kreis Pinneberg stammen 11.184 Einsprüche gegen Grundsteuerwertbescheide und 5789 Einsprüche gegen Grundsteuermessbescheide.
Kreis Pinneberg: Grundsteuer-Bescheide – Tausende Hausbesitzer haben Einspruch eingelegt
Mit einem Steueraufkommen von rund 14 Milliarden Euro pro Jahr ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen von Städten und Gemeinden. Im April 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht das alte Verfahren zur Berechnung der Grundsteuer gekippt. Die Regelung verstoße, so entschieden die Richter, gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Als Grundlage der Steuerberechnung dienten Einheitswerte für bebaute Grundstücke, die von den Bundesländern festgelegt und seit 50 Jahren, in den neuen Bundesländern sogar seit 1935, nicht angepasst worden waren.
Wie genau sich die neuen Regelungen auswirken, hängt davon ab, in welchem Bundesland die Immobilie liegt. Das in Schleswig-Holstein und der Mehrzahl der Länder angewandte sogenannte Bundesmodell ist kompliziert und heftig umstritten. Experten haben Zweifel an dessen Verfassungsmäßigkeit, längst sind Gerichte damit beschäftigt. Einige Bundesländer, darunter Hamburg und Niedersachsen, nutzen andere, einfachere Modelle mit nachvollziehbareren Bewertungsgrundlagen. An Landesgrenzen wie zwischen Schleswig-Holsteiner und Hamburg können bei ähnlichen, nur wenige Meter voneinander entfernten Häusern, deswegen sehr unterschiedliche Bewertungen herauskommen.
Kreis Pinneberg: Knapp 90 Prozent der Grundeigentümer haben Erklärung abgegeben
In Schleswig-Holstein setzen die Städte und Gemeinden in 2024 auf Grundlage der Grundsteuermessbescheide die Grundsteuer mit Wirkung ab 2025 nach neuem Recht fest. Dann erhalten Immobilieneigentümer ihren Grundsteuerbescheid, in dem steht, wie hoch die Grundsteuer sein wird und zu welchem Zeitpunkt sie bezahlt werden muss.
Im Kreis Pinneberg sind 89,9 Prozent der Grundeigentümer (Stand 9. Juli) ihrer Pflicht zur Abgabe der ungeliebten Grundsteuererklärung nachgekommen. In rund 112.560 von 125.180 Fällen wurden Erklärungen abgegeben. Landesweit liegt die „Erklärungseingangsquote“ bei 88 Prozent.
Kreis Pinneberg: In knapp 80.000 Fällen wurden Bescheide erstellt
In den beiden Finanzämtern Elmshorn und Pinneberg wird besonders eifrig gearbeitet. „Für im Kreis Pinneberg liegende Grundstücke wurden in rund 79.540 Fällen Bescheide erstellt, dies entspricht einer Erledigungsquote von rund 63,5 Prozent“, teilt Svea Balzer, Sprecherin des Finanzministeriums, mit. Zum Vergleich: Auf Landesebene beträgt die Erledigungsquote nur 58,9 Prozent.
Fest steht: An der Abgabe der Grundsteuererklärung führt kein Weg vorbei, ein Aussitzen ist nicht möglich. Die Finanzverwaltung kann Verspätungszuschläge von 25 Euro pro Monat erheben, ein Zwangsgeld von bis zu 25.000 Euro festsetzen oder die Besteuerungsgrundlagen einfach schätzen.
Einspruch gegen Bescheid: Im Internet gibt es eine Musterbegründung
„Derzeit versendet das Land zunächst Erinnerungsschreiben für die Abgabe der Grundsteuererklärung an säumige Eigentümerinnen und Eigentümer“, so Svea Balzer. „Über die Frage möglicher Sanktionen wird in einem nächsten Schritt entschieden.“
Wer überlegt, Einspruch gegen den Grundsteuermess- und/oder den Grundsteuerwertbescheid einzulegen, findet auf der Website https://www.hausundgrund.de/verband/schleswig-holstein/rechtsberatung/einspruch-gegen-den-grundsteuerbescheid eine Musterbegründung.
Städte und Gemeinden legen die Hebesätze der Grundsteuer selbst fest. Grundsteuer A steht für „agrarisch“ und gilt für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke, Grundsteuer B für für „baulich“ und umfasst bebaute und unbebaute gewerbliche und private Grundstücke.
Mit der Grundsteuer C können Kommunen ab 2025 aus städtebaulichen Gründen unbebaute, aber baureife Grundstücke höher besteuern.
Haus & Grund kritisiert die Bodenrichtwerte
Verfassungsrechtler und Steuerexperte Prof. Dr. Gregor Kirchhof kommt in einem im Auftrag des Steuerzahlerbundes und Haus Grund Deutschland gefertigten Gutachten zu dem Ergebnis, dass das Grundsteuergesetz verfassungswidrig sei. Beide Verbände haben Musterverfahren gegen das sogenannte Bundesmodell angestrengt. Was genau wird kritisiert? Dazu Rechtsanwalt Alexander Blazek, Vorsitzender des Verbands Haus & Grund Schleswig-Holstein:
„Hauptkritikpunkt sind die sogenannten Bodenrichtwerte. Diese sind bei dem Bundesmodell für die Höhe der Grundsteuer ausschlaggebend. Die Bodenrichtwerte ergeben sich aus den Grundstücksverkäufen in einer Region und werden durch die sogenannten Gutachterausschüsse der Kreise beziehungsweise kreisfreien Städte festgelegt. Nach unseren Erfahrungen ist es dabei allerdings zu nicht nachvollziehbaren und nicht zu rechtfertigenden Unterschieden gekommen. Ein besonders krasses Beispiel zeigt sich in der Landeshauptstadt Kiel. In Kiel-Schilksee mit viel Bebauung aus den siebziger Jahren (wegen der Olympischen Segelwettspiele 1972) beträgt der Bodenrichtwert bis zu 1.200 Euro pro Quadratmeter. Im mondänen Villenvorort Strande, der unmittelbar an Kiel-Schilksee grenzt, beträgt der Bodenrichtwert lediglich pauschal 500 Euro pro Quadratmeter. Dabei haben die Immobilien hier durchschnittlich einen viel höheren Wert als in Kiel-Schilksee. Diese willkürliche Ungleichbehandlung erinnert an die Begründung, warum seinerzeit die bisherige Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt worden ist.“