Appen. In Appen sollen Kinder bald nach eigenen Stärken unterrichtet werden. Doch erst muss renoviert werden – und es gibt noch einen Haken.
Yola ist das spanische Wort für Jolle. Für die freie demokratische Schule Yola, die nach den Sommerferien Ende August in Appen eröffnet werden soll, ist die Namensgebung bereits Teil des pädagogische Konzepts: „Es ist ein kleines, offenes Segelboot und symbolisiert für uns Freiheit, Abenteuer und Entdeckerfreude.“
Die Schüler sollen auf ihrer „Entdeckungsreise“ unterstützt werden. „Lernen geschieht bei uns angstfrei, mit viel Spaß, interessengeleitet, in Gemeinschaft und mit der Welt verbunden“, heißt es im Kurzkonzept dieser Bildungseinrichtung. Die Schulzeit sei unter anderem eine Reise zu den eigenen Zielen, Interessen und Bedürfnissen.
Freie Schule in Appen: Wenig Raum für Kreativität – Yola-Schule fehlen 60.000 Euro
Doch bis die Pädagogik im ehemaligen evangelisch-lutherischen St. Johannes-Kindergarten in Appen in der Straße Opn Bouhlen greifen kann, muss innerhalb von acht Wochen noch vieles passieren.
Das von der Kirche vermietete, etwas in die Jahre gekommene Gebäude wurde in den vergangenen zwei Jahren nicht genutzt, Teile des gut 900 Quadratmeter großen Gebäudekomplexes müssen dringend saniert werden, bevor der Unterricht starten kann. Es fehlen dafür 60.000 Euro.
Freie Schule in Appen: Wenig Raum für Kreativität – Yola-Schule fehlen 60.000 Euro
Eine privat gegründete Schule bekommt erst nach zwei Jahren Anlaufzeit, der sogenannten Wartefrist, im dritten Jahr Zuschüsse vom Land. Für den Betrieb der Schule hat die GLS Bank dem Yola-Team einen Kredit gewährt, das Institut wünsche sich jedoch, die Sanierungskosten auszuklammern und anderweitig zu stemmen, so die Vereinsvorsitzende Nina Adebahr. Erst Mitte Juni hatte es die Genehmigung für die Freie Schule Yola vom Landesministerium für Bildung gegeben.
Das Yola-Team hofft nun auf Unterstützung, finanziell, handwerklich oder materiell. So würden beispielsweise ein Bauschutt-Container benötigt oder etwa Heizungsbauer, Sanitärtechniker, Tischler oder Maler. Auch ein Privatkredit sei gerngesehen. Spendenbescheinigungen können ausgestellt werden.
Weitere Anmeldungen, im ersten Jahr ist die Schule, für Kinder im Grundschulalter gedacht, sind ebenfalls nötig und hilfreich. Das monatliche Schulgeld beträgt generell 210 Euro, Lösungen für Eltern, die sich den Betrag in voller Höhe nicht leisten können, werden angeboten.
Bis zu 25 Kinder sollen im ersten Jahr an der Schule unterrichtet werden
Mit etwa 20 bis 25 Kindern soll das Projekt gestartet werden. 15 feste Anmeldungen gibt es bisher. Sechs Lehrer („Lernbegleiter“) unterrichten stundenweise. Über ein Dokumentationssystem werden einzelne erworbene Kompetenzen der Kinder festgehalten.
„Wir sind zuversichtlich, dass wir nach den Sommerferien die Schule eröffnen können“, sagt Adebahr, die in Hamburg-Rissen wohnt. Zunächst sollen die ersten Räume fertig gestaltet werden, zuletzt wurden die Decken herausgerissen, um eine neue Elektrik zu installieren. Später soll dann sukzessive der gesamte Komplex erneuert werden.
Zweieinhalb Jahre nach der ersten Idee lag die Genehmigung vor
„Von der ersten Idee, eine eigene Schule zu gründen, bis jetzt, hat es gut zweieinhalb Jahre gedauert“, sagt die gelernte Bürokauffrau Adebahr. Ihr Sohn Jasper (7) soll nach den Ferien ebenfalls an der Yola-Schule in Appen unterrichtet werden. Ihre Tochter Frida (bald 5) hat noch ein wenig Zeit. Beide waren nicht im Kindergarten, „sondern erschließen sich Dinge selbst“.
So hätte Jasper mit Schreiben und ersten Rechen-Übungen eigenständig begonnen. „Die Kinder an unserer Schule sollen ohne Druck und selbstbestimmt lernen. Es gibt auch viele tolle öffentliche Schulen, aber generell halte ich diese Struktur für schwierig und nicht mehr zeitgemäß“, so Adebahr. Niemand könne genau vorhersagen, wie die Berufe der Zukunft genau aussehen würden.
„Bei uns sollen die Kinder früh ihre individuellen Stärken entdecken“
„Bei uns sollen die Kinder früh ihre individuellen Stärken entdecken und sich einfach frei entfalten können. Die Kinder können jederzeit selbst bestimmen, mit wem oder wie sie lernen möchten“, sagt die 40-Jährige.
Ihr Mann Tom unterstützt das vierköpfige Gründerteam unter anderem mit seiner Finanz-Expertise. Charlotte Raven, Unternehmensberaterin und Start-up-Gründerin, sowie die Sonderpädagogin Carmen Mrozek zählen ebenfalls zum organisatorischen und pädagogischen Yola-Kern. Einige Eltern unterstützen das ambitionierte Projekt zudem mit ihren helfenden Händen.
„Die Idee ist entstanden, weil es hier quasi kaum Auswahl gibt abseits der staatlichen Schulen“, sagt Adebahr, die sich hauptberuflich um die Yola-Schule kümmert. In Quickborn gibt es eine freie Grundschule, in Elmshorn eine Waldorfschule, in Pinneberg-Waldenau gibt es die staatlich genehmigte Schülerschule als Alternative.
Die Wartelisten für Freie Schulen sind bundesweit lang
Viele freie und demokratische – das bedeutet, dass etwa die Teilnahme am Unterricht freiwillig ist und möglichst viele schulische Belange auf Augenhöhe von Lehrern und Schülern basisdemokratisch abgestimmt werden – hätten laut Adebahr bundesweit gesehen meist lange Wartelisten.
Die Grundlagen, etwa der der Fächer Mathematik und Deutsch, werden den Schülern in ihrer Grundschul-Zeit in Appen vermittelt. Perspektivisch sollen den älteren Schülern auch die Möglichkeiten gegeben werden, schulische Abschlüsse von weiterführenden Schulen zu erreichen. Dann würden sie an der Yola-Schule darauf vorbereitet werden, um dann an staatlichen Bildungseinrichtungen ihren Abschluss zu erhalten.
- Schule Wedel: Neue Waldorfschule startet – was es kostet, wann es losgeht
- Anmeldezahlen 2023 Das sind die beliebtesten Schulen im Kreis Pinneberg
- Unteroffiziere: Oberst der Luftwaffe - „Wir bilden aus bis zum bitteren Ende“
Wie kam es zum Standort Appen? „Wir haben im gesamten Kreis Pinneberg nach geeigneten Plätzen und Räumlichkeiten gesucht. Dann hatten wir im vergangenen November gute Gespräche mit dem Appener Bürgermeister Hans-Peter Lütje und haben uns dann auch mit der Kirche einigen können. Hier können wir dauerhaft bleiben und sind sehr glücklich darüber“, sagt die Rissenerin.
Das Grundstück in Appen ist insgesamt 3500 Quadratmeter groß und bietet Raum für viele kreative Ideen in der Zukunft.
Auch die Elbschule in Wedel nimmt Ende August den Betrieb auf
Die Elbschule in Wedel, unterrichtet wird nach der Waldorf-Pädagogik, beginnt am 31. August mit der Einschulung einer ersten und fünften Klasse, Standort ist ein Grundstück auf dem Gelände der ehemaligen Möller-Werke am Rosengarten.
Erst am 31. Juli werden zuvor die Container angeliefert, die dann mit bereits geliefertem Mobiliar aus anderen Waldorfschulen bestückt und innen ansprechend gestaltet werden.
Wedeler Elbschule: Container-Unterricht in zwei Klassenräumen
34 Schüler sind zum Start angemeldet, die in zwei Klassenräumen von insgesamt sieben Lehrern unterrichtet werden. Einen Eurythmie-Lehrer gibt es nicht, das Fach heißt offiziell Kreativer Tanz. In den Containern sind zudem auch Lehrer- und Mehrzweck-Zimmer sowie sanitäre Anlagen geplant. Die schriftliche behördliche Erlaubnis liegt seit dem 29. Juni vor.
„Wir liegen ganz gut im Zeitplan und hatten zuletzt bereits ein schönes Kennenlern-Fest mit Schülern, Lehrern und Eltern auf der Schulfläche“, sagt Mella Drescher aus dem Vorstand. Auch auf dem vergangenen Hafenfest konnten sich die Besucher an einem Stand über die Elbschule informieren. Es gibt noch Anmeldemöglichkeiten für das Schuljahr 2023/2024.
Weitere Informationen: www.yola.schule