Elmshorn. ADFC stellt Elmshorn schlechtes Zeugnis für Radfahrer aus. Auch die Politik will die Situation verbessern – aber ohne Schnellschuss.
Die Mobilitätswende, sie ist eine der großen Herausforderungen, vor der auch die Stadt Elmshorn steht. Das Ziel: Mehr Menschen aufs Rad und in die öffentlichen Verkehrsmittel bringen, weniger Autos auf der Straße. Doch für den Umstieg vom Autos aufs Fahrrad reicht kein erhobener Zeigefinger. Die Infrastruktur muss geschaffen werden, um den Umstieg überhaupt attraktiv zu machen.
Und die Infrastruktur am Elmshorner Bahnhof ist zumindest für Radfahrende mangelhaft, wie der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) kürzlich feststellte. Das Potenzial an Fahrradfahrern in Elmshorn ist im Gegensatz dazu da, wie die Bilanz der Aktion Stadtradeln zeigte: Mehr als 1300 Teilnehmer legten dabei mehr als 287.000 Kilometer auf dem Rad zurück.
Note Mangelhaft! Elmshorns Bahnhof soll fahrradfreundlicher werden
SPD und Grüne brachten das Thema Fahrradfreundlichkeit nun mittels Anträgen auf die Tagesordnung des Ausschusses für Stadtumbau. In der Sache sind sich beide Parteien einig. Die Situation für Fahrradfahrer am Elmshorner Bahnhof müsse verbessert werden.
Grüne wie Sozialdemokraten bezogen sich in ihren Anträgen zur jüngsten Sitzung des Stadtumbauausschusses auf den Test des ADFC, der die Fahrradfreundlichkeit der Bahnhöfe in Schleswig-Holstein überprüfte.
ADFC kritisiert: Elmshorn bietet zu wenig Fahrradstellplätze am Bahnhof
Dessen Ergebnis fiel ernüchternd aus: Trotz rund 18.000 Ein- und Ausstiegen pro Tag am Elmshorner Bahnhof gebe es dort nur 786 Stellplätze, die Situation sei miserabel. Und auch wenn immerhin 645 Plätze „gesichert“ seien und es 43 Radboxen gebe – der Bahnhof bekam beim Thema Fahrradfreundlichkeit die Note fünf: mangelhaft.
Zwar gebe es in Bahnhofsnähe noch 703 sogenannte Vorderradparker, bei denen das Fahrrad nur am Vorderrad angelehnt, eingeklemmt und angeschlossen werden kann. Diese Art von Stellplätzen wurden bei der Bewertung des ADFC jedoch ausgenommen, „da sie den Anforderungen an ein sicheres und beschädigungsfreies Parken nicht genügen“.
Elmshorner SPD fordert mehr Stellplätze auf dem Bahnhofsvorplatz
Die Elmshorner Sozialdemokraten bemängelten auch die Situation auf dem Bahnhofsvorplatz. Dort gebe es nicht mal die Möglichkeit, das Rad an einem Rahmen anzuschließen. Ihre Forderung daher: Bis der Umbau des Vorplatzes und die Verlegung des Bahnhofes abgeschlossen sind, sollten temporäre Maßnahmen ergriffen werden, um attraktivere Abstellmöglichkeiten zu schaffen.
Die Verwaltung solle prüfen, mit welchen kurz- und mittelfristigen Maßnahmen die Qualität der Fahrradabstellanlagen auf dem Bahnhofsvorplatz verbessert und ihre Anzahl erhöht werden kann. Das Ergebnis inklusive einer Kostenschätzung soll vor den Haushaltsberatungen für 2024 vorgelegt werden.
Grüne wollen sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrradfahrer
Auch den Elmshorner Grünen war die Verbesserung der Situation für Radfahrer am Bahnhof ein Anliegen. Ursprünglich forderten sie, die Stadt müsse „unverzüglich, möglichst in den Sommerferien für sichere Fahrradstellplätze am Bahnhof“ sorgen. Die bestehenden Anlagen sollten ausgetauscht und durch sichere, die ein Abschließen der Fahrräder am Bahnhof ermöglichten, ersetzt werden.
Die Abstellmöglichkeiten sollten sich an den neueren Stellplatzanlagen an den Schulhöfen, etwa an der Erich Kästner Gemeinschaftsschule (KGSE) orientieren und das Abschließen am Rahmen ermöglichen, so die Forderung der Grünen.
Elmshorner CDU machte Fahrradständer zum Wahlkampfthema
Die CDU hatte im Wahlkampf vor der Kommunalwahl unter anderem die Themen Sicherheit und Sauberkeit auf ihre Agenda gesetzt. „Dunkle Ecken“ im Bahnhofsumfeld sollten verschwinden. Für die Christdemokraten sei Sicherheit auch ein Klimaschutzthema.
„Nur wer sicher sein kann, dass das Fahrrad abends noch da ist, nutzt die Fahrradständer am Bahnhof“, so die Elmshorner CDU. Als konkrete Vorhaben nannten die Christdemokraten die personelle Verstärkung von Betriebshof und kommunalem Ordnungsdienst. Anträge für derlei Maßnahmen liegen von der CDU aber bislang nicht vor.
Elmshorn hat ein Fahrradparkhaus in Bahnhofsnähe – doch das reicht nicht
Die Stadt ist derweil nicht völlig untätig, hat bereits Maßnahmen ergriffen, um den Radverkehr zu stärken. Das ist auch deshalb wichtig, weil der Autoverkehr in der Innenstadt reduziert werden soll. Insbesondere, da mit dem Umbau des Buttermarktes eine Menge Autoparkplätze in der Innenstadt temporär verloren gehen.
Damit mehr Menschen mit dem Rad statt mit dem Auto zum Bahnhof fahren, braucht es aber eben ausreichend sichere Stellplätze. 2021 wurde deshalb ein Fahrradparkhaus mit 250 Plätzen am Bauerweg in Bahnhofsnähe eröffnet, gefördert vom Nahverkehrsverbund Nah.SH und der Metropolregion Hamburg. Wie der Test des ADFC zeigt, ist dies aber bei weitem nicht ausreichend.
Fahrradverleih der Stadt wird nur schlecht angenommen
Eine Idee der Stadt: Wer ein Fahrrad leiht und es nach der Benutzung wieder abgibt, muss sich immerhin keine Sorgen machen, dass das eigene Rad geklaut wird. Allerdings zeigt sich, dass die Elmshornerinnen und Elmshorn offenbar kaum Interesse an Leihrädern haben.
Direkt in Bahnhofsnähe hatte die Stadt eine Verleihstation eingerichtet, im April dieses Jahres wurde Bilanz gezogen. Und die fiel ernüchternd auf. Weniger als 200-mal wurden die Räder innerhalb eines Jahres ausgeliehen, die Stadt musste ihren Zuschuss für das Projekt erhöhen.
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Elmshorn: Stadt soll mehr für Fahrradfreundlichkeit tun – nur wann?
Weitere Abstellmöglichkeiten am Bahnhof könnten die Situation zumindest kurzfristig verbessern. Letztendlich wurde der Antrag der SPD im Stadtumbau-Ausschuss mit Änderungen angenommen, die Grünen zogen ihren Antrag zurück. Klar ist dabei schon jetzt: Schnell wird es nicht gehen. Die Politikerinnen und Politiker beauftragten die Verwaltung vorerst mit einer Prüfung.
Geklärt werden soll nun, durch welche „vorwiegend kurz- aber auch mittelfristigen Maßnahmen die Qualität der Fahrradabstellanlagen auf dem Bahnhofsvorplatz verbessert und die Anzahl erhöht werden kann.“ Dabei solle die Wahrung der Aufenthaltsqualität auf dem Platz berücksichtigt werden. Der Passus mit der Kostenschätzung blieb erhalten.