Pinneberg/Neustadt. Attacke in Neustadt traf Hella Mohr. Klimaaktivisten haben Traum ihres verstorbenen Mannes ruiniert. Sohn sorgt sich um Mutter.
Nachdem Klimaaktivisten der Gruppe Letzte Generation eine Luxusyacht im Hafen von Neustadt mit Farbe besprüht haben, hat sich jetzt die Besitzerin des Boots geäußert. Die 85 Jahre alte Unternehmerin Hella Mohr aus Bilsen im Kreis Pinneberg habe „kein Verständnis“ für den Übergriff.
Die Yacht „Lady M.“ sei der Lebenstraum ihres verstorbenen Mannes Wilhelm gewesen, der Schaden der Attacke vom Dienstag gehe „in den sechsstelligen Bereich“. „Ich habe noch nie jemandem etwas Böses getan, kann einfach nicht begreifen, warum Menschen so etwas tun und blind das Eigentum von anderen Menschen zerstören“, sagte die Pinnebergerin jetzt der „Bild“-Zeitung. „Das lässt mich nicht zur Ruhe kommen.“
Letzte Generation: Nach Anschlag auf Yacht – Pinneberger Unternehmerin (85) geschockt
Der Farbanschlag und die ganze Aufregung habe seine Mutter ganz schön mitgenommen, sagt auch ihr Sohn Kay Mohr am Freitag im Abendblatt-Gespräch. „Das hat sie richtig aus den Puschen gehauen. Sie ist am Boden zerstört. Wir machen uns Sorgen um ihre Gesundheit.“
Die 85-Jährige ist die Witwe von Wilhelm Mohr, der in Bilsen einen Handel mit Waren aus Versicherungsschäden aufgebaut hat. Das Familienunternehmen blickt eigenen Angaben zufolge auf eine 60-jährige Firmengeschichte zurück. Laut Unternehmensseite gehören neben dem Hauptsitz in Bilsen zwei weitere Einzelhandelsgeschäfte und insgesamt 250 Mitarbeiter zum Betrieb. „Meine Eltern haben sechs Tage die Woche täglich zwölf Stunden gearbeitet“, sagt Kay Mohr. Jetzt leiten er und sein Bruder Rainer das Geschäft.
Hella Mohr sagt aber nach der Attacke auf ihre Yacht: „Wir sind keine Reichen. Ich arbeite noch jeden Tag in der Firma, gehe frühmorgens zur Arbeit und nähe nachmittags Gardinen für Kunden.“ Im Moment brauche sie nur noch Ruhe und könne nicht arbeiten, sagt ihr Sohn. Die Familie habe mit einem landwirtschaftlichen Betrieb angefangen, später habe sich die Firma auf den Handel und die Verwertung mit Waren aus Versicherungsschäden spezialisiert.
Familie Mohr hatte in Bilsen klein mit Landwirtschaft angefangen
Die 30 Meter lange Luxusyacht „Lady M.“ habe sich die Familie 1995 angeschafft, es sei der Traum ihres Mannes gewesen, so Hella Mohr. Deshalb sei die Zerstörung der Yacht durch die Aktivisten der Letzten Generation besonders schlimm für sie.
Seit Mitte der 1920er-Jahre besitzt die Familie Mohr eines der ältesten Häuser des Dorfes Bilsen. Wilhelm und Hella Mohr haben nach ihrer Hochzeit den Betrieb übernommen, konzentrierten sich erst auf Landwirtschaft, bauten Gurken und Kartoffeln an. Zudem hatten sie Schweine, die Wilhelm Mohr damals mit Bananen fütterte, was ihm den Spitznamen „Bananen Willi“ eingebracht hat. Erst in den 70er-Jahren sei der Handel mit Versicherungsware entstanden.
Die Schifffahrt sei für das Unternehmerpaar dabei immer ein Traum gewesen: „Wir haben klein angefangen. 1977 hatten wir unser erstes Holzboot, das hatte eine kaputte Planke und ist immer abgesoffen, als wir beim Butt-Fischen an der Schlei waren“, so Hella Mohr. „Später kauften wir dann ein Boot aus Plastik, haben uns immer wieder vergrößert.“
Die „Lady M.“ war nun extra so für sie angefertigt worden, dass sie das Boot alleine fahren konnten, erklärt ihr Sohn Kay Mohr. In jüngster Zeit ließ sich seine Mutter aber eher von einem erfahrenen Schiffskapitän fahren.
Ihr verstorbener Mann wurde „Bananen-Willi“ genannt
Am Dienstagmittag kamen nun allerdings die Aktivisten von Land auf ihre Yacht, Helfer filmten aus einem Schlauchboot vom Wasser. Die Störer klebten sich an die Reling, beschmierten die „Lady M.“ mit oranger Farbe aus umgebauten Feuerlöschern und rollten Transparente aus.
Neben der Yacht der Pinnebergerin wurde noch eine weitere Luxusyacht im Ancora Marina Yachthafen in Neustadt mit oranger Farbe besprüht. Auch das Wasser färbten die Aktivisten mit Uranin Grün ein. Zudem spannten sie auf den beiden Booten Banner mit den Worten „Euer Luxus = unser Ernteausfall“ sowie „Für wen machen Sie Politik, Herr Scholz?“.
Nach Anschlag in Neustadt ermittelt die Polizei
Die Polizei ermittelt nun gegen die verantwortlichen Klimaaktivisten. Insgesamt seien die Personalien von acht Beteiligten aufgenommen worden. Sie werden sich in einem Verfahren wegen des Verdachts der Sachbeschädigung, der Wasserverunreinigung und des Hausfriedensbruchs verantworten müssen.
Nach den Vorfällen auf Sylt und in Neustadt kündigte das Land Schleswig-Holstein erst am Donnerstag an, künftig härter gegen die Klimaaktivisten vorgehen zu wollen. „Das sind wir allen Menschen schuldig, die sich an die Regeln in unserem Land halten“, sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). So sollen die Aktionen der Letzten Generation polizeilich konzentriert und beschleunigt bearbeitet werden.
Hella Mohr: „Wollten nach Dänemark, das geht nun nicht mehr“
Auf Sylt hatten Mitglieder der Letzten Generation zuletzt ein Privatflugzeug, eine Hotelbar und die Fassade eines Geschäfts mit Farbe besprüht sowie einen Golfplatz umgegraben, bevor sie im Hafen des Ostseebads Neustadt die zwei vermeintlichen Luxusyachten in oranger Farbe bemalt haben.
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Für Hella Mohr aus Bilsen bedeutet der Anschlag, dass sie nun vorerst nicht mehr mit ihrer Yacht fahren kann. „Der Schaden am Schiff geht wahrscheinlich in den sechsstelligen Bereich. Wir wollten in ein paar Wochen nach Dänemark fahren, aber das geht nun nicht mehr“, sagte sie.
„Wir wissen noch nicht, wie hoch der Schaden genau ist“, ergänzt ihr Sohn Kay. Die ganze Holzverkleidung sei beschädigt. Viel schlimmer aber sei, dass die Familie nicht wüsste, ob die angeschlagene Mutter überhaupt wieder aufs Schiff könne. „Sie ist zwar fit, aber so fit nun auch wieder nicht.“ Ein kleiner Lebenstraum sei für sie in jedem Fall zerstört worden. „Da hingen ja so viele Gedanken und Geschichten mit dem Boot zusammen“, die seine Eltern verbanden.
Sohn Kay Mohr richtet Appell an Letzte Generation
Dass der Yachthafen von Neustadt überhaupt ins Visier der Aktivisten geriet, sei deren Aussagen nach kein Zufall. Der Ancora Marina Yachthafen ist mit 1440 Liegeplätzen der größte private Yachthafen an der Ostsee. Laut Klimaaktivisten verbrauche eine Superyacht mehr CO2 als 600 durchschnittliche Bürger in Deutschland.
„Wir drücken die CO2-Bilanz mit unserem Geschäft“, erwidert Kay Mohr in Richtung der Letzten Generation. „Das würde sonst alles auf dem Müll landen.“ Zudem könnten sich bei ihnen in Bilsen auch Leute mit weniger Geld die Sachen leisten. „Wir sind auch für den Klimaschutz, gar keine Frage“, sagt Mohr. „Aber doch nicht so.“