Haseldorf. Udo Prinz von Schoenaich-Carolath-Schilden veröffentlicht kritisches Schreiben. Nimmt er damit Einfluss auf die Wahl am Sonntag?
Die jüngere Geschichte Haseldorfs ist keine ungetrübte Märchenstunde. In regelmäßigen Abständen entstehen Reibereien zwischen Politikern des Dorfes – und Udo Prinz von Schoenaich-Carolath-Schilden. Unter anderem hatte der adelige Großgrundbesitzer seinen Schlosspark, einst beliebtes Ziel von Spaziergängern und Ausflüglern, für die Öffentlichkeit geschlossen.
Nun macht er mit einer öffentlichen Anzeige zur bevorstehenden Kommunalwahl am kommenden Sonntag, 14. Mai, von sich Reden. Der kritische Anzeigen-Text, der dem Abendblatt vorliegt, könnte dabei als indirekte Wahlempfehlung oder -einflussnahme verstanden werden – jedenfalls ist der Haseldorfer Prinz mit der aktuellen Politik des Gemeinderats unter Führung der Wählergemeinschaft Bürger für Haseldorf (BfH) und SPD offenkundig unzufrieden. Und diese wiederum kritisiert Zeitpunkt und Inhalt des Textes.
Vor der Kommunalwahl: Prinz kritisiert Haseldorfer Politiker scharf
Knatsch zwischen der Gemeinde und dem Prinzen gibt es spätestens seit der Kommunalwahl 2018. Die neuformierte Wählergemeinschaft Bürger für Haseldorf (BfH) formte nach dem überraschenden Wahlsieg eine Koalition mit der SPD. Zuvor hatte die CDU seit 1966 bei jeder Kommunalwahl die absolute Mehrheit errungen und den Bürgermeister gestellt.
Doch seit 2018 stehen Prinz und Gemeinde gewissermaßen auf Kriegsfuß, insbesondere zwischen Klaus-Dieter Sellmann, dem ehemaligen Bürgermeister, und dem Prinzen knirschte es. Udo Prinz von Schoenaich-Carolath-Schilden, Großgrundbesitzer und Förderer der Gemeinde – unter anderem holte er das Schleswig-Holstein Musik Festival ins Dorf –, fühlte sich vom neuen Gemeinderat ungerecht behandelt.
Haseldorf: Prinz fühlt sich von Ex-Bürgermeister „schikaniert“
„Seitdem der Bürgermeister im Amt ist, fühle ich mich von ihm und seiner Führungsspitze schikaniert“, sagte von Schoenaich-Carolath-Schilden 2021 dem Hamburger Abendblatt. Sellmann zeichne sich durch einen selbstherrlichen, wenig kommunikativen Führungsstil aus, so der Prinz weiter. „Ich habe immer viel für die Gemeinde getan, aber jetzt ist Schluss.“
Zum Anwesen des Prinzen gehört auch der Haseldorfer Schlosspark, ein rund 20 Hektar großes Naherholungsgebiet mit altem Baumbestand und kleinen Brücken – ein beliebtes Ausflugsziel auch für Hamburgerinnen und Hamburger. Doch genau an diesem Areal entbrannte der Streit zwischen Prinz und Gemeinde.
Ausflugsziel Schlosspark ist seit 2021 für Öffentlichkeit geschlossen
Zunächst drohte der Prinz mit der Schließung, 2021 machte er ernst. Seither versperren Zäune und Tore Ausflüglern und Spaziergängern den Zutritt zur Parkanlage. Die Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen, sagte der Prinz 2021, aber er müsste ein Zeichen gegenüber dem Bürgermeister setzen.
Die Vorwürfe des Prinzen sind heute dieselben wie damals. In einem Schreiben, das dem Abendblatt vorliegt, kündigt er an: Die Entscheidung über die Öffnung des Schlossparks wolle er nach der Wahl treffen. „Ich hoffe, dass der neue Gemeinderat in Sachen vertrauensvoller Zusammenarbeit, die vor der letzten Wahl nie infrage gestellt wurde, zurückfindet“, schreibt der Prinz.
Prinz kritisiert BfH und SPD in öffentlichen Schreiben scharf
Zur Wahl einer bestimmten Partei ruft der Prinz nicht auf, spart allerdings in dem Schreiben nicht mit Kritik an BfH und SPD. So heißt es: „Haseldorf hat seit der letzten Wahl im Jahr 2018 manche Veränderung erfahren. Nicht immer zum Besten.“ Die Traditionsgeschichte des Dorfes sei schon von jeher ein attraktives Markenzeichen gewesen.
Als Beispiele werden das Schleswig-Holstein Musik Festival angeführt, das Ex-Bürgermeister Sellmann (BfH) „nicht mehr im Ort haben wollte“ oder der Jahrmarkt, bei dem Sellmann versucht habe, den traditionellen Standort an der Schlossparkgrenze mit 500-jähriger Geschichte zu verlagern. Das Aus all jener Veranstaltungen habe der Prinz selbst verhindern können, schreibt er.
Politik handele nach dem Motto: „Wer Gutes tut, wird dennoch bestraft“
Ein Zankapfel ist der Fuß- und Radweg auf seinem Gelände. „Für die BfH-Funktionäre und die SPD spielte es auch keine Rolle, dass der Radweg für die Kinder von Haseldorf nach Hetlingen zu 85 Prozent über meine Grundstücke errichtet wurde, um eine gefahrlose Verbindung zwischen den beiden Orten zu gewährleisten“, schreibt der Prinz.
Im Falle einer Bebauung sollte die Verkehrssicherungspflicht dem Prinzen obliegen. „Nach dem Motto: Wer Gutes tut, wird dennoch bestraft“, kritisiert von Schoenaich-Carolath-Schilden dieses Vorhaben. In Bezug auf „manche Angelegenheiten“ zeige sich die aktuelle Koalition „übergriffig“. Sie versuche, sich in das Deichschutzprogramm einzumischen, was allein dem Deich- und Hauptsielverband Haseldorfer Marsch obliege. Verbandsvorsteher ist der Prinz selbst.
Haseldorf: Prinz sieht seine Taten für die Gemeinde nicht gewürdigt
Weiter schreibt von Schoenaich-Carolath-Schilden: „Was den Schlosspark anbetrifft, der bis 2020 der Erholungs- und Anziehungspunkt für die Öffentlichkeit war, wurden vertrauensvolle Vereinbarungen zwischen der Gemeinde und dem Eigentümer aufgekündigt.“ Es sei beispielsweise nicht gewürdigt worden, dass sein Haus ein Gelände an der Hauptstraße günstig abgegeben habe, um einen Fußweg zu errichten, der den Kindern einen sicheren Schulweg garantierte.
Nun solle er auch die Baumpflege an der Grundstücksgrenze übernehmen. Im Speziellen ging es um Bäume, die laut Gutachten ein Sicherheitsrisiko darstellten Das von Gemeinderatsmitglied Frank Schoppa (BfH) „bestellte“ Gutachten sei offenbar ein Gefälligkeitsgutachten, kritisiert der Prinz. Die dort genannte Anzahl von Bäumen stellten in Wirklichkeit keine Gefährdung dar, die Baumreihe liege nicht einmal auf seinem Grundstück.
Ex-Bürgermeister legte Amt auf Drängen seiner Partei nieder
Zu den angekündigten Gesprächen mit der Wählergemeinschaft BfH, der SPD und ihm sei es nicht gekommen, so der Prinz. Erinnert wird bei diesem Verhalten noch einmal an den zurückgetretenen Bürgermeister Sellmann. Er hatte sein Amt niedergelegt, auch auf Drängen seiner eigenen Fraktion. Wohl aufgrund der Streitigkeiten mit dem Prinzen. Für ihn übernahm Daniel Kullig (BfH).
Auch Kullig äußert sich auf Abendblatt-Nachfrage zum Schreiben des Prinzen. „Uns missfällt so etwas grundsätzlich. Vor allen Dingen, weil wir einen Dialog mit dem Prinzen begonnen hatten. Und dann kommt so eine Mitteilung an die Presse, die inhaltlich nur teilweise der Wahrheit entspricht“, sagt Haseldorfs amtierender Bürgermeister.
Bürgermeister: Seit Ende 2021 an einem Neustart gearbeitet
Er habe seit Amtsübernahme Ende 2021 einen Neustart in der Zusammenarbeit mit dem Prinzen einleiten wollen. Seit einem guten Jahr stünde er mit dem Haseldorfer Prinzen in einem Austausch, auch über das Thema Öffnung des Schlossparks und eine damit verbundene Verkehrssicherungspflicht. Bestimmt zehn Treffen habe es gegeben.
„Wir sind an einer Lösung interessiert, sind auf seine Wünsche eingegangen und haben Vertragsentwürfe dementsprechend angepasst. Seit vergangenem September lehnt er aber ein finales Gespräch ab“, so Kullig. Er habe solch ein Vorgehen des Prinzen erwartet, aber er sei dennoch irritiert davon, dass in dieser Form versucht werde, „auf die Wahl Einfluss“ zu nehmen.
- Gastronomie: Haseldorf bekommt seinen Gasthof zurück – mit neuem Namen
- Kommunalwahl 2023: Geest und Marsch - LNG und neue Aufgaben für die Politik
- Tagesschau: Wie das kleine Haseldorf es plötzlich in die Sendung schaffte
Kommunalwahl: BfH, SPD und CDU treten in Haseldorf an
Kullig kandidiert bei der Kommunalwahl am kommenden Sonntag, 14. Mai, als Bürgermeisterkandidat für die BfH, Boris Steuer ist Bürgermeisterkandidat für die SPD. Aus den Reihen der CDU, die mit Uwe Schölermann den stellvertretenden Bürgermeister stellt, hat sich – offiziell – noch niemand für das Bürgermeisteramt zur Verfügung gestellt. Auf Listenplatz eins steht der Ortsverbandsvorsitzende Thomas Körner.
Zur CDU hatte der Prinz traditionell ein gutes Verhältnis. Die verlor 2018 die absolute Mehrheit im Gemeinderat, wurde mit 36,56 Prozent der Stimmen nur zweitstärkste Kraft. Wahlsieger wurde die BfH mit 44,22 Prozent, die SPD erhielt 19,22 Prozent der Stimmen.