Rellingen. CDU, SPD, FDP und Grüne haben unterschiedliche Positionen zum Thema Verkehr. Was ihnen zur Kommunalwahl noch wichtig ist.
In Rellingen wird der Gemeinderat seit Jahrzehnten von den Christdemokraten dominiert. Eine solide Haushaltspolitik prägte die Gemeinde über Jahrzehnte. Großes Thema in Rellingen ist derzeit der Verkehr, der sich innerorts häufig staut.
Außerdem ist nicht jeder Anwohner mit dem geplanten Ausbau der A23 – Rellingen hat vier Anschlussstellen – einverstanden. Es haben sich mehrere Initiativen zusammengetan, die gegen den Ausbau der A23 protestieren und ein übergreifendes Verkehrskonzept fordern.
Kommunalwahl 2023: Ausbau der A23 – das sagen die vier Rellinger Parteien
Mit dem Beschluss der Ampelregierung in Berlin wurde ein „überragendes öffentliches Interesse“ für den Ausbau der Autobahn festgeschrieben, was die Realisierung beschleunigen dürfte. So äußern sich die Parteien:
CDU Rellingen: Verkehr ganzheitlich betrachten
„Den projektierten Ausbau der A23 haben wir von Beginn an sehr kritisch, aber trotzdem konstruktiv begleitet“, so die Christdemokraten in Rellingen. Die Auswirkungen auf Rellingen wären enorm. „Die CDU Rellingen hat für alle vier Rellinger Anschlussstellen, auch ohne den Ausbau der A23, konkrete Vorschläge für eine optimierte Verkehrsführung zur Stauvermeidung erarbeitet.“
Die Fläche jenseits von gegebenenfalls neu zu errichtenden Lärmschutzwänden sollte zur Schaffung neuer Radwege genutzt werden. Zum Schutz der Bürger fordert die CDU im Zuge eines Ausbaus Lärmschutzmaßnahmen und eine teilweise Überdeckelung der A23. Dies böte die Chance, die durch die Autobahn zerschnittenen Gemeindegebiete wieder zu verbinden.
Die CDU Rellingen sagt, dass sie das Thema Verkehr ganzheitlich und unter Berücksichtigung der Interessen aller Verkehrsteilnehmer betrachtet. „Schulwege haben stets Priorität. Die Busverbindungen konnten wir in der Vergangenheit entscheidend verbessern“, so die CDU. Für Fahrradfahrer sei eine Optimierung der Anbindung an Pinneberg, Hamburg und den Radschnellweg Elmshorn – Hamburg beschlossen.
Christdemokraten wollen den Ortskern weiter stärken
Der Rellinger Baustil soll erhalten bleiben, so die CDU weiter. Die Maßnahmen zur Stärkung des Ortskerns wollen die Christdemokraten weiterführen und die Aufenthaltsqualität verbessern.
„Genauso stehen wir zur bevorzugten Wohnform vieler Rellinger – Einzel- und Doppelhäuser. Es soll auch in Zukunft für Rellingerinnen und Rellinger möglich sein, ihren Traum vom Eigenheim zu verwirklichen“, heißt es aus der Partei. Nach der Wahl soll ein neues Wohngebiet angegangen werden, das bevorzugt Rellinger Bürgern für die Einzelhausbebauung zur Verfügung steht.
In diesem Gebiet werden auch Wohnungen für die ältere Generation realisiert. „Auch ein Wohnbauprojekt für selbstbestimmtes Wohnen für Menschen mit Behinderungen halten wir für wünschenswert.“ Die Plätze in Seniorenheimen sind knapper geworden. Darum möchte die CDU einen Betreiber für die Seniorenbetreuung für Rellingen dazugewinnen.
CDU Rellingen: Schulen vernünftig ausstatten und Jugend fördern
Aktuell laufen die Planungen für den Neubau der Erich-Kästner-Schule (EKS) inklusive einer weiteren Sporthalle. Mit der Fertigstellung werden alle drei Rellinger Schulen modernisiert sein. „Die Ausstattung unserer Schulen liegt uns traditionell sehr am Herzen“, so die CDU.
Zusätzliche Endgeräte sollen angeschafft werden für modernes Lernen. MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) sollen gefördert werden.
Zwei von drei Rellinger Schulen können schon jetzt eine Betreuung von 7 bis 17 Uhr anbieten. Diese Betreuungszeiten sollen auch an der Kästner-Schule umgesetzt werden. „Die Essenspreise an unseren Schulen und Kitas werden wir zum Schutz vor der hohen Inflation in den nächsten Jahren stabil halten und nicht erhöhen“, so die Christdemokraten.
Sie kritisieren die Abschaffung der Kita-Sprachförderung durch die Ampel-Koalition in Berlin. „Das Erlernen der Sprache ist die wichtigste Fähigkeit zur Integration, um sich in unserer Gesellschaft zurechtzufinden.“ Die Gemeinde Rellingen wird diese Lücke auf eigene Kosten schließen und Sprachförderung finanziell fördern.
„Weiterhin werden wir dafür sorgen, dass das Platzangebot in unseren Kitas, sowohl im Krippen- als auch im Elementarbereich auch zukünftig ausreichend sein wird“, so die CDU. Die Jugendarbeit und Förderung des Vereinssports in Rellingen bezeichnen die Christdemokraten als vorbildlich. Der Bau einer weiteren Drei-Feld-Sporthalle komme dem Vereinssport zugute.
SPD Rellingen setzt auf Alternativen zum A23-Ausbau
Die SPD Rellingen sieht den Ausbau der A23 auf sechs Spuren als höchst problematisch. Die Verkehrspolitik in Rellingen müsse sich darum bemühen, den Menschen Alternativen zur Nutzung des eigenen Autos anzubieten.
Die zügige Erweiterung der Schienenverbindung zwischen Hamburg und Elmshorn sei sehr wichtig, um die Bahn für Pendler attraktiver zu machen. Dazu zähle auch ein gutes Angebot an PR-Parkplätzen für Autos und Fahrräder an den Bahnhöfen. „Eine deutliche Verbesserung der Radinfrastruktur ist etwas, was wir als Gemeinde tun können, um den Menschen in Rellingen das Fahrrad als umweltfreundliches Verkehrsmittel näher zu bringen“, so die Sozialdemokraten.
Die Sicherheit der Kinder auf dem Weg zur Schule ist ein weiteres Anliegen der SPD. „Dafür möchten wir die Mehrheitsverhältnisse so verändern, dass wir Tempo 30 auf Straßen, die für Schüler gefährlich sind, planvoll einführen können.“ Einige Entscheidungen des Verkehrsausschusses seien bislang leider zu wenig sachorientiert gewesen, so die SPD.
Die Entwicklung eines Fuß- und Radverkehrskonzeptes, das schon im Rellinger Ortentwicklungskonzept von 2021 gefordert ist, strebt die SPD innerhalb eines Mobilitätskonzeptes an. „Ein solches Konzept ist wichtig, um die zahlreichen Verkehrsprobleme in Rellingen durchdacht zu beheben.“
Auch im Ortentwicklungskonzept festgehalten ist die Verbesserung des ÖPNV-Angebots, welches die SPD Rellingen gerade für die Verbindung zwischen den Ortsteilen für wichtig hält.
SPD Rellingen fördert kommunale, klimafreundliche Wärmenetze
Energie und Klima – das sind die Themen für die SPD, die auch in der Kommune eine Rolle spielen. So könnten kommunale Wärmenetze zum Beispiel für Preisstabilität auch in Rellingen sorgen. Rellingen hat gerade die kommunale Wärmeplanung beschlossen – für die SPD der erste Schritt für die Entwicklung von Wärmenetzen, die den Bürgern das Heizen klimafreundlich ermöglichen sollen.
Schulen und Kitas müssen zukunftsorientiert gebaut werden, um teure Erweiterungen überflüssig zu machen, finden die Sozialdemokraten. Sie befürworten den neuen Anbau der Caspar-Voght-Schule, die neue Erich-Kästner-Schule, die neue Turnhalle in Krupunder oder den Lukas-Kindergarten.
SPD will Sanierungsstau im Rellinger Ortskern lösen
Das große Zukunftsthema ist aus SPD-Sicht der Sanierungsstau im Rellinger Ortskern. Die alte Post braucht neues Leben. Die Hauptstraße gehört allen und nicht nur den Autofahrern.
„Diese Problemzone Nummer eins muss endlich vom Verkehr für den Bürger zurückerobert werden. Der sogenannte Ortsentwicklungsplan wird endlich ernsthaft in Angriff genommen“, so die SPD. Die Gestaltung des Ortskerns sieht die SPD als eine Gemeinschaftsaufgabe zwischen Politik und Investoren. Die SPD will dazu alle an einen Tisch bringen.
Die Grünen in Rellingen fordern innerorts Tempo 30
Die Grünen fordern ein klimafreundliches, sozialverträgliches Mobilitätskonzept für die ganze Gemeinde und alle Verkehrsteilnehmer. Der Autoverkehr benötige viel kostbare Fläche. „Durchgangs- und Pendelverkehre belasten die Ortsteile erheblich“, so die Grünen.
Durch die Stärkung des Fuß- und Radverkehrs und des ÖPNV würden eine Erweiterung der A23 und eine Umgehungsstraße zum Gewerbegebiet Tangstedter Chaussee nicht mehr notwendig sein. „Mehr Straßen ziehen nur mehr Autos an“, so die Grünen.
Stattdessen sollte mehr Raum für Rad- und Fußverkehr, mehr öffentlicher Nahverkehr sowie sichere, inklusive Wege im Schulumfeld und Seniorenwohnen im Fokus stehen. Wer ohne Auto gleichermaßen sicher, bequem zum Einkaufen, zur Arbeit oder zu Freunden komme, der spare Geld und leiste etwas für die Umwelt. „Alle, die auf ihr Auto angewiesen sind, stehen trotzdem nicht im Stau.“ Innerorts sollte Tempo 30 herrschen, so die Grünen.
Grüne: Rellinger Bürger stärker an Politik beteiligen
„Wir unterstützen die zunehmende Mitwirkung der Bürger“, so die Grünen. „Wir fördern die Bürgerbeteiligung und bestärken sie darin, ihre Rechte in der Einwohnerfragestunde und Anhörungen zu Tagesordnungspunkten zu nutzen.“
Die stetig wachsende Fraktion zeige, dass die Grünen Beteiligung aktiv leben. Diese setzt sich aus allen Altersgruppen, vielen Frauen und aus Mitgliedern der Bürgerinitiative „Gemeinsam für Rellingen“ zusammen. Zu den Themen Klimaschutz, Energieeffizienz und -einsparung haben sie eine regelmäßige Berichterstattung erreicht.
Während der Corona-Pandemie wurden in der Landesverfassung digitale Sitzungen im Ausnahmefall ermöglicht. „Wir haben daraufhin die Anpassung der Hauptsatzung angeregt“, so die Rellinger Grünen. Sitzungen der Ausschüsse und Gemeindevertretung konnten nun digital stattfinden. Ihr Ziel: Alle Bürger sollen die politischen Diskussionen in den Gremien digital verfolgen können.
Die Grünen: Klima und Umwelt schützen
„Mit grünen Initiativen haben wir bis jetzt den Klimaschutz in Rellingen mit vorangebracht“, so die Grünen. Dazu zählen die Gründung eines Klimabeirats, professionelle Beratung zur Klimaschutzplanung, Zusammenarbeit der Gemeinde mit der Solarinitiative Halstenbek, Photovoltaik auf der Caspar-Voght-Schule, finanzielle Förderung von professioneller Pflege bei alten Bäumen, insektenfreundliche Pflanzungen im Arbeitskreis Biodiversität.
Die Grünen wollen Maßnahmen auf den Weg bringen, um Wassermangel, Starkregen und Hitze unter Beteiligung aller Bürger begegnen zu können. Zum Beispiel soll Brauch- oder Regenwasser genutzt werden. Es soll auf Bepflanzung zurückgegriffen werden, die weniger Bewässerung erfordert und mehr Beschattung schafft. Und es soll stärker entsiegelt werden, damit Wasser versickern kann.
Vorhandene Ökosysteme möchten die Grünen schützen und erweitern. „Die wenigen Flächen gilt es nachhaltig zu verdichten, um geförderten Wohnraum durch das Vorkaufsrecht der Gemeinde für alle Berufsgruppen zu schaffen, damit Fachkräfte vor Ort leben und arbeiten können“, so die Grünen.
FDP Rellingen sieht Notwenigkeit für A23-Ausbau
25 marode Brücken über die A23 hätten die zuständige Behörde, die Deges, zu einer Überplanung dieser wichtigen Autobahn gezwungen, so die FDP. Der Bundesverkehrswegeplan stelle aufgrund der Überlastungen der Strecke einen Bedarf für den Ausbau der A23 auf drei Spuren je Fahrtrichtung fest.
„Die Entscheidung, ob zwei oder drei Fahrspuren je Richtung nötig sind, kann nicht von selbst ernannten Verkehrsexperten getroffen werden“, so die FDP. „Sie gehört vielmehr in die Hände von Fachleuten. Fachleute, die in der Lage sind, verlässliche Verkehrsprognosen zu erstellen.“
Verlagerungen von Frachtverkehren auf die Deutsche Bundesbahn und Lastenfahrräder werden aus Sicht der Liberalen kaum eintreten. Auch eine Verlagerung des Personenverkehrs vom Auto auf Bundesbahn und Fahrrad bleibe Wunschdenken. Selbst der geplante Ausbau der Elektromobilität bringe keine Platzersparnis auf dieser Autobahn.
„Die politischen Parteien werden im laufenden Verfahren die weiteren Entscheidungen leider kaum beeinflussen können“, so die FDP Rellingen. „Bereit sind wir, mit einem fraktionsübergreifenden Antrag, die Deges und den Bundesverkehrsminister zu bitten, die bisherigen Prognosen auf der Grundlage neuerer Verkehrszählungen einer Überprüfung zu unterziehen, mit dem Ziel, die Zweispurigkeit zu erhalten. Die Optimierung von Zu- und Abfahrten ist ein weiterer Ansatzpunkt zum Erhalt der Zweispurigkeit.“
Die FDP Rellingen will außerdem die Attraktivität Rellingens steigern. Der öffentliche Personennahverkehr spiele hierbei eine wesentliche Rolle. „Unser Ort ist derzeit nicht ausreichend an Hamburg angebunden“, so die FDP. Für Pendler oder Nachtschwärmer eine sehr unattraktive Situation. „Wir setzen uns für einen weiteren und konsequenten Ausbau des ÖPNV ein.“ Das gelte insbesondere für die Erreichbarkeit der S-Bahnhöfe Thesdorf und Halstenbek.
FDP will in Rellingen Straßenausbaubeiträge abschaffen
In den Straßenausbaubeiträgen sieht die FDP für die Bürger ein unkalkulierbares finanzielles Risiko. Die Betroffenen hätten keinen Einfluss darauf, welche Straßen saniert oder ausgebaut werden. Die Bauausführung und die daraus entstehenden Kosten könnten die Anwohner ebenfalls nicht beeinflussen. Die finanzielle Situation der betroffenen Eigentümer bleibe unberücksichtigt und könne insbesondere bei älteren Mitbürgern zu Enteignungen führen.
„Der Ausbau und die Instandhaltung der Straßen ist unserer Meinung nach eine kommunale Aufgabe und darf nicht den einzelnen Bürger belasten“, sagt die FDP. Die derzeitige Aussetzung der Beiträge in der Gemeinde Rellingen sei nicht genug. „Wir fordern weiterhin die Straßenausbaubeiträge generell abzuschaffen.“
FDP: Rellingen soll noch familienfreundlicher werden
Die Attraktivität der Gemeinde Rellingen für Familien liegt der FDP nach eigener Aussage besonders am Herzen. „Mit größtmöglicher Transparenz im Dialog mit den Bürgern legen wir höchsten Wert auf durchdachte Konzepte, moderne, klimafreundliche und auf die aktuelle Lebenssituation angepasste Lösungen.“ Bei der Ausweisung neuer Baugebiete im Rahmen des „Jungen Wohnens“ sollen junge Rellinger Familien gefördert werden.
„Mit dem niedrigsten Grundsteuerhebesatz in Schleswig-Holstein ist Rellingen bereits heute für Eigenheimbesitzer sehr attraktiv“, so die FDP. Die FDP will sich dafür einsetzen, dass die Grundsteuerreform nicht zu Mehrbelastungen für Rellinger Privathaushalte führt.
Gleichzeitig wollen sie das Freizeitangebot für Familien, Jugendliche und Kinder erweitern. Die regelmäßige Pflege und der Ausbau der Spielplätze bleibe Daueraufgabe. Die Errichtung eines überdachten Jugendtreffpunktes wäre eine weitere Idee.
Auch die Sicherung und Erweiterung des Sportangebotes bleibt ein wichtiges Ziel der FDP. „Wir stehen für die kostenneutrale Nutzung der Sporthallen durch Rellinger Vereine und den Bau des zweiten Kunstrasenplatzes.“ Das fördere auch sozialen Zusammenhalt, Integration und Inklusion.
Die FDP unterstützt den Neubau der Erich-Kästner-Schule und der Dreifeld-Sporthalle sowie notwendige Erweiterungen an den anderen Schulen.
CDU holte bei Kommunalwahl 2018 zwölf Sitze im Gemeinderat
2018 waren 11.991 Rellinger wahlberechtigt. Davon nahmen 5628 ihr Stimmrecht war. 82 Stimmen waren ungültig. Von den gültigen Stimmen entfielen auf die CDU 3021, auf die SPD 1129, auf die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 968 und auf die FDP 428.
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Daraus ergab sich folgende Sitzverteilung im Gemeinderat: CDU erhielt zwölf Sitze, SPD fünf, Grüne vier und FDP zwei.
Und das sind die Spitzenkandidaten: CDU: Rechtsanwalt und Notar Steffen Böhm-Rupprecht, SPD: Kaufmännische Angestellte Janina Gogol, Bündnis 90/Die Grünen: Sozialpädagogin Anja Keller, FDP: Ingenieur Klaus Einfeldt.