Halstenbek. Meterhohe Flammenwand rafft Recyclingbetrieb dahin. 80 Tonnen alter Akkus lagerten dort. Einsatz der Feuerwehr war extrem gefährlich.
Eine knapp 1000 Quadratmeter große Lagerhalle eines Recyclingbetriebes ist in Halstenbek komplett niedergebrannt. 120 Feuerwehrleute konnten in der Nacht zu Freitag ein Übergreifen der Flammen auf weitere angrenzende Hallen des Betriebes verhindern.
Die Polizei schätzt den Schaden inzwischen auf mindestens 1,2 Millionen Euro. Die Ursache des Großfeuers ist den Angaben nach weiterhin unklar.
Halstenbek: Lagerhalle voller Akkus brennt – 1,2 Millionen Euro Schaden
Betroffen ist der Betrieb „Akku genial“, der sich selbst als Pionier auf dem europäischen Recyclingmarkt bezeichnet. Das 2008 in Hamburg gegründete Unternehmen verfügt auf dem Gelände an der Halstenbeker Wilhelmstraße über mehrere Hallen, in denen ausgediente Akkus und Batterien sowie Elektroschrott zerlegt und recycelt werden.
Kunden sind gewerbliche Unternehmen sowie Hersteller, die eine Rücknahme von Akkus und Batterien anbieten. Auch Elektroschrott wie etwa ausgediente Computer werden dort zerlegt, um Wertstoffe zu gewinnen.
Die Reste werden später anderenorts der Verbrennung zugeführt. Die Hallen liegen in unmittelbarer Nähe der Bahnlinie, sodass während des Feuerwehreinsatzes die Bahnstrecke gesperrt werden musste.
Fast 100 Notrufe gehen in kurzer Zeit bei Feuerwehr und Leitstelle in
„In der ersten Meldung war die Rede davon, dass auf einer Länge von 100 Metern Bäume am Bahngleis brennen würden“, so der stellvertretende Wehrführer Torsten Seck, der den Einsatz geleitet hat.
Noch bevor das erste Fahrzeug am Einsatzort eingetroffen sei, hätte sich die Zahl der Notrufe um kurz nach 23 Uhr sprunghaft erhöht. Seck spricht von 25 Anrufen direkt bei der Halstenbeker Feuerwache, weitere 70 Notrufe seien bei der Regionalleitstelle in Elmshorn eingegangen.
Drei weitere Feuerwehreinheiten werden gleich zu Beginn mitalarmiert
Daraufhin sei zunächst die Feuerwehr Rellingen, dann auch ein Löschzug der Feuerwehr Pinneberg mitalarmiert worden. Als klar wurde, dass ein Recyclingbetrieb für Akkus und Batterien betroffen ist, sei ebenfalls der in Tornesch stationierte Löschzug Gefahrgut angefordert worden.
„Als die ersten Kräfte eintrafen, stand die etwa 45 mal 20 Meter große Halle im Vollbrand“, so Seck weiter. Er spricht von einer meterhohen Flammenwand, die über die Bahnlinie geschlagen sei.
Hinzu sei eine sehr starke Rauchentwicklung gekommen. Seck: „Wir haben eine Warnung über die Warnapp NINA veranlasst, der Löschzug Gefahrgut hat regelmäßige Messungen vorgenommen.“
Halstenbek: Anwohner mussten Türen und Fenster geschlossen halten
Die Bürger in der Umgebung wurden aufgefordert, angesichts der starken Rauchentwicklung Türen und Fenster geschlossen zu halten und Belüftungsanlagen auszuschalten. Eine Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung habe zum Glück nicht bestanden.
Für die Einsatzkräfte war es allerdings nicht ganz ungefährlich. In der Halle lagerten laut der Feuerwehr in Gitterboxen etwa 80 Tonnen an Akkus verschiedener Bauart, die aufgrund der Hitze abgeblasen haben und unkontrolliert durch die Gegend flogen.
Feuerwehr bildete mehrere Löschabschnitte, um angrenzende Hallen zu schützen
Dort befanden sich auch Propangas- und Acetylenflaschen, vier elektrobetriebene Gabelstapler und ein Pkw. Alle Dinge in sowie im unmittelbarem Umfeld der Halle wurden ebenso wie das Gebäude komplett zerstört.
„Wir haben mehrere Löschabschnitte gebildet“, so der Vize-Wehrführer weiter. Ein Fokus habe darauf gelegen, eine unmittelbar angrenzende Halle des Betriebes zu schützen. Es sei gelungen, ein Übergreifen der Flammen auf diesen Bereich zu verhindern.
Innenangriff konnte aus Sicherheitsgründen nicht erfolgen – es bestand Einsturzgefahr
Ein Innenangriff in der brennenden Halle habe nicht erfolgen können. „Die war akut einsturzgefährdet“, so Seck. Zu einem späteren Zeitpunkt sei ein Bagger eingesetzt worden, um Teile der Halle kontrolliert einzureißen. Zu diesem Zeitpunkt hätten Kräfte noch vorhandene Glutnester löschen können.
Für den Löschangriff mittels fünf Strahlrohren und vier Wasserwerfern, davon zwei über Drehleitern, wurde enorm viel Wasser benötigt. Die Gemeindewerke ließen dafür den Druck im Wassernetz erhöhen.
Kräfte der Feuerwehr Pinneberg verlegten zudem eine zusätzliche Leitung zur mehrere Hundert Meter entfernten Hartkirchener Chaussee.
Halstenbek: Feuer war nach knapp 90 Minuten unter Kontrolle
Gegen 0.30 Uhr zeigte der massive Löschangriff Wirkung, das Feuer war unter Kontrolle. Ab 1.20 konnten die Nachbarwehren den Einsatz beenden, die Bahnstrecke wurde um 1.45 Uhr wieder freigegeben.
Die Feuerwehr Halstenbek blieb bis 4.30 Uhr vor Ort. Zuvor war noch ein Schaumteppich auf die Reste der Halle ausgebracht worden, um ein Wiederaufflammen zu verhindern.
Am Freitagmorgen musste die Wehr zu Nachlöscharbeiten erneut ausrücken
Kurz vor 9 Uhr musste die Wehr dann erneut zur Wilhelmstraße ausrücken, um weitere Nachlöscharbeiten vorzunehmen. Auch Mitarbeiter der zuständigen Ordnungsbehörden waren vor Ort, um mögliche Umweltbelastungen sowie Gefährdung von Gewässern zu untersuchen.
Nach Abschluss der Löscharbeiten haben Beamte des Kriminaldauerdienstes die Brandstelle zur Ursachenforschung beschlagnahmt. Angesichts des hohen Schadensbildes könnte die Suche nach der Ursache jedoch schwierig werden.
Halstenbek: Kripo sucht nach Großfeuer Zeugen des Geschehens
Um sich ein Bild des Brandverlaufs machen zu können, sucht die Kripo nach Zeugen. Eine Kontaktaufnahme ist unter Telefon 04101/20 20 möglich.
Das Unternehmen mit sechs Mitarbeitern ist seit 2013 vor Ort. Firmenchef Peter Ziob kann sich auf Abendblatt-Anfrage nicht erklären, wie es zu dem Brand gekommen ist.
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Alle Akkus seien ordnungsgemäß verpackt und mit Granulat gesichert gewesen, Stromgeräte seien in der Halle nicht angeschlossen gewesen.
Großfeuer in Halstenbek: Laut Firmenchef keine Feuerwerkskörper in der Halle
Die Akkus der Gabelstapler würden nur während des regulären Betriebs geladen. Die Mitarbeiter hätten das Gelände am Donnerstag um 18 Uhr verlassen.
Dass sich – wie von der Feuerwehr behauptet – auch Feuerwerkskörper in der Halle befanden, bestreitet der Firmenchef. „Das stimmt definitiv nicht.“ Ziob selbst wurde später von der Polizei angerufen – und musste vor Ort tatenlos zusehen, wie das Hauptgebäude der Firma niederbrannte.